AMA - BSC KICKERS
8 : 4
Das hatte ich mir zur Rückrunde anders ausgemalt. Als ich sah, dass wir zu Hause gegen die Kickers spielen würden, dachte ich, wie hübsch, das wird ein schönes Schützenfest - parallel zu den Maientagen in der Hasenheide. Denn wir hatten noch eine winzige Rechnung offen mit den Kickers. Beim letzten Aufeinandertreffen, das unentschieden endete, trafen wir so dermaßen oft das Aluminium, dass die vielen Schüsse schon wie eine Sportplatzorgel über den Körte schepperten.
Dieses Mal sollte auch etwas klingeln. Aber statt der Orgel schallte eine notorisch anspringende Alarmsirene über den Platz. Gibt es eigentlich Anwohnerklagen gegen hypersensible Alarmanlagen in der Nachbarschaft? Laut Bundestag sollen innerstädtische Sportplätze demnächst juristisch wie Kindergärten und Spielplätze behandelt werden und gegen Lärmklagen der Anwohner gefeit sein - sehr gut, endlich mal ein durchschlagender Erfolg gegen diese bewegungsfeindliche Balkonterrassen-Gartenmafia!
Die Alarmsirene passte gut zu unserem Spiel! Ohnehin gebeutelt von Verletzungen, Erkältungen und schmerzlichen Absagen mussten wir auf einen Spieler aus der zweiten Mannschaft, Emin, zurückgreifen, um überhaupt antreten zu können. Schrecksekunde dann kurz vor Anpfiff, als Levin signalisiert, wegen Fußschmerzen nicht beginnen zu können. Also schnell noch einmal die Aufstellung durcheinander geworfen, und dann geht es auch schon los. Aber kaum rollt der Ball, bekommt auch Kolja einen Schlag versetzt und sinkt zu Boden. Kann nicht weiter spielen! Also alles ins Spiel geworfen, was noch da ist!
Die Kickers gehen erst mal in Führung, wir bauen sie mit unserer fahrigen und nervösen Spielweise regelrecht auf. Fynn antwort prompt, nimmt den Ball und hämmert ihn aus 25 Metern ins Tor. Ausgleich. Aber schon liegen die Kickers wieder in Führung. Es dauert eine Weile, bis wir zu unserem Spiel finden und schließlich selbst in Führung gehen können. Der Abwechslung halber gleichen nun die Kickers aus. Aber dann kommen wir langsam in Gang. Zur Pause führen wir mit zwei Toren Vorsprung. Levin scheint wie durch ein Wunder genesen und kann eingesetzt werden, während es für Kolja definitiv nicht mehr weiter geht. Sein Fuß ruht in einem Klumpen blauer Kühlmasse. Wer Kolja weinen sieht, muss selber weinen. Es schmerzt!
Zum Glück haben wir Fynn, er schießt die Kickers im Alleingang ab. Er ist die Spielorgel in unserem Spiel. Sechs von acht Treffern, ein jeder wuchtiger und platzierter als der andere. Unhaltbar. Ohne Worte. Aber so kann es nicht ewig weiter gehen, das sollte jedem klar sein, der heute dabei oder eben nicht dabei war!
Luca muss währenddessen den Laden hinten dicht halten. Er leidet, denn eigentlich zieht es ihn in die vordere Reihe, er will Tore schießen, Druck aufbauen. Aber heute ist alles anders, und so lernt er einmal die wunderbare Position des Sechsers kennen. Eine sehr vornehme Position, im übrigen!
Für einen kompletten Spieler ist sie eigentlich ein Geschenk, von der aus perfekter Druck ausgeübt werden kann. Ein guter Sechser drückt einem Spiel seinen persönlichen Stempel auf. Er hat das Spielgeschehen vor sich, er kann den Takt angeben: Tore verhindern, Abwehr organisieren, Tore vorbereiten und gelegentlich selber eines schießen - das all inklusive Paket im Fußball! Gibt es etwas Anspruchsvolleres, als von hinten heraus steile Pässe in die Tiefe zu spielen, die jeden gegnerischen Strafraum augenblicklich in Brand versetzen?
Alle ackern, Ruben, Oskar, Jaden, Arturo, Emin, der seine Sache als Notnagel sehr gut macht. Samy will es seinen alten Kollegen besonders gut zeigen, das Spiel ist ihm richtig, richtig wichtig! Und das merkt man ihm an. Er steht nicht ganz so sicher wie gewohnt, das ist die Aufregung. So ist es immer, der sogenannte Vorführeffekt. Du willst dein Bestes zeigen und stehst dir dabei selbst ein wenig im Weg.
Aber alles gut!
Wir bezahlen etwas Lehrgeld. Spieler wie Trainer. Am Ende stellen wir fest: Noch mal gut gegangen, auch wenn es phasenweise nicht sonderlich gut aussah. Aber so ist das eben mit den Verlockungen im Mai. Auf der Kirmes geht`s, ehrlich gesagt, nicht spektakulärer zu!
Oder vielleicht doch?
