AMA fII - BSC KICKERS fII
3 : 3
Wie werde ich nur die vier Aluminiumtreffer und drei vergebenen Großchancen aus der zweiten Halbzeit los? Einmal tanzte der Ball förmlich über die Latte, berührte sie dreimal hintereinander, rollte mit Effet über sie hinweg, dann wieder zurück ins Spiel. Jedes Mal gruben sich meine Zähne tiefer in die Fäuste. Das Aluminium hatte es auf uns abgesehen, wir waren dem Siegtreffer so nahe!
Wir dürfen durchaus zufrieden sein mit dem Spiel, denn nach dem unglücklichen, kuriosen 1:3 kurz nach der Pause steckten wir nicht auf und kamen zurück. Wir blieben geduldig und zäh und erzielten erst einen schönen Anschlusstreffer (Fynn) und dann einen noch schöneren Ausgleich (Ion nach feinem Zuspiel von Fynn). Aber wir können uns auch ein wenig ärgern, denn einen Gegner so zu beherrschen und gleichzeitig so viele gute Möglichkeiten einfach links liegen zu lassen, grenzt an eine Mischung aus Überheblichkeit und Idiotie. Wir hatten weit mehr Anteile vom Spiel, ein Sieg wäre folgerichtig gewesen. Aber zu oft dribbelten wir übereifrig in den Gegner hinein, statt den klugen letzten Pass an ihm vorbei auf den besser platzierten Mitspieler zu spielen.
Tendenziell würde ich sagen, super gespielt, nicht aufgesteckt, alles versucht, ein wunderschönes, intensives Spiel abgeliefert und leider kein Glück gehabt! Aber eine Etage tiefer in mir steht noch ein Anderer mit verschränkten Armen und leicht grimmigen Gesichtsausdruck: „Herrje, Leute! Ihr wart so haushoch überlegen, wieso nutzt ihr das nicht auch gemeinsam aus? Was um Himmels Willen ist so schwer daran, dem besser Platzierten den Ball zuzuschieben, damit er ihn im Tor versenkt? Könnt ihr euch nicht für einen Mitspieler freuen?“
Zu Anfang hat es noch gut geklappt, deshalb gingen wir auch in Führung (Ruben mit links!). Wir ließen den Ball laufen. Auch beim späten Ausgleich klappte es - sogar richtig gut: Fynn, der zwei Gegenspieler im Mittelfeld ausspielt und dann klug und geschickt durchsteckt nach vorne, wo Ion den Ball aufnimmt, vier Schritte auf den Torhüter zu läuft und dann eiskalt ins Eck vollendet. Ein Treffer samt Entstehung wie aus dem Lehrbuch. Wunderbar! Aber von solchen Szenen hätte ich mir noch einige mehr gewünscht. Statt dessen weitere Belege für den Tunnelblick- und Brechstangenfußball.
Kinder entwickeln erst mit etwa zehn Jahren das periphere Sehen. Aber das meine ich auch nicht! Mir geht es um das Entwickeln von gemeinschaftlichem Spiel! Beispiel Freistöße: Von unseren Schützen ja gern am liebsten direkt verwandelt, ohne Rücksicht auf Winkel und Entfernung. Warum nicht mal zu einer anderen Lösung kommen, andere einbeziehen und so schießen, dass auch Abpraller verwertet werden könnten?
Und wer jetzt immer noch eine Ecke direkt verwandelt möchte, kann das gerne tun - aber bitte nicht mehr mit Vorankündigung und auch bitte nicht mehr vor meinen Augen! Auch Torhüter wachsen, werden größer und besser. Dann kann man ihnen den Ball auch direkt in die Hand geben und muss nicht noch extra raus zur Ecke laufen. Holt der Keeper den Ball nicht von der Linie, erledigt dies das Außennetz. Klar, direkt verwandelte Ecken sind Kunst, ein genialer Wurmfortsatz des Straßenfußball, aber selbst der legte die größten Individualisten irgendwann an die Kette. „Geh doch zum Tennis, wenn du hier Asse schlagen willst!“
Etwas mehr Übersicht und Vertrauen in die Mitspieler und das gemeinschaftliche Spiel, bitteschön! Wir sprechen hier von Kräften und Möglichkeiten innerhalb unserer Sportart, von denen die zivile Gesellschaft nur träumen kann. Ein kurzer, kluger Pass, ein Zusammenspiel und die Bude ist so gut wie gemacht! Das schafft keine Politik, keine Angeber-Partei und kein Wirtschaftsunternehmen, auch wenn sie uns das permanent gerne glauben lassen wollen.
Wir müssen das lernen – in langen quälenden Trainings-Einheiten zur Schulung der Spielintelligenz: Drei gegen Eins, Drei gegen Zwei, Drei gegen Drei auf vier Tore! Hoch und runter! In allen Variationen und Leibchenfarben! Zwischendurch Gummibärchen und Fallrückzieher – ist doch klar!
Also Kopf hoch, Jungs, ihr habt noch viel Zeit!
[5. SPIELTAG RR / SAMSTAG, 7. MAI 2016]