SC Charlottenburg U12 - AMA U12
1 : 4
Dass uns der 1. FC Wilmersdorf einmal dabei hilft, Herbstmeister zu werden, hätte ich mir auch nicht vorstellen können. Ich kann nichts zu der Partie gegen Tebe sagen, ich war nicht dort. Aber dass die Wilmersdorfer nicht angenehm zu bespielen sind, konnten wir im Hinspiel selber erfahren. Mit ihrem neuen Trainer sind sie auf einem guten Weg, und wenn ich die Eintragungen im Netz richtig deute, hatte auch das Jagdhorn seine spezielle Freude am Erfolg, da sein Sohn die beiden entscheidenden Tore schoss. Es würde mich allerdings nicht wundern, wenn es zwei an ihm, dem Sohn, verschuldete und durch ihn selbst verwandelte Strafstöße waren.
Wie auch immer! Die Rückrunde wird noch härter, noch schwieriger, noch anspruchsvoller, denn nun sind wir die Gejagten. Um ehrlich zu sein, ich hätte es mir lieber andersherum gewünscht, aber freilich ist so eine Herbstmeisterschaft auch immer etwas Schönes und Feiernswertes! In kleiner Form konnten wir sie ja bereits im Vorjahr erleben, da sogar aus eigener Kraft errungen in einem zufällig zustande gekommenen und denkwürdigen Endspiel gegen den 1. FC Union. Der ist übrigens in der Parallelstaffel nun ebenso Herbstmeister geworden, ziemlich überragend sogar, quasi im Bundesliga-Aufwind, insofern teilen wir uns mal wieder die kleine Berliner 2008er-Krone.
Aber Herbstmeisterschaften hin oder her, viel wesentlicher ist der augenblickliche Stand der Mannschaft und das, was an ihm für die Zukunft abzulesen ist. Ich bin nicht ganz so überzeugt, weil ich finde, dass wir zuletzt etwas nachgelassen und nicht mehr so konzentriert aufgespielt haben, wie wir es eigentlich können und wollen. Aber um mich richtig zu verstehen, dass Team hat insgesamt Enormes und Grandioses geleistet und ist wahnsinnig spielfreudig durch die Hinserie gegangen. Am meisten Tore erzielt, am wenigsten bekommen - das spricht klar und eindeutig für die Mannschaft und ihre Art, Fußball zu spielen. Gleichwohl würde ich mir sehr wünschen, wenn wir die Lasten auf dem Platz noch gleichwertiger auf alle Spieler verteilen könnten.
Aber gut, wir sind, wer wir sind, und jedem ist durchaus bewusst, dass bei uns manches auf besondere Weise gelagert ist und wir uns deshalb nicht so leicht mit anderen Clubs vergleichen können. Ein kleines bisschen gallisches Dorf mit ungewöhnlichen Zauberkräften und großartigen Charaktären sind wir dann eben doch, das ist unsere Geschichte, und wenn ich ehrlich sein soll, gefällt sie mir eben darum so gut. Aber die Weltgeschichte geht natürlich weiter, und nur im Bereich der Fiktion bleibt alles beim alten.
Zwar versuche ich augenblicklich noch den richtigen Anschluss für das perspektivische Ende dieser Saison zu finden, gleichzeitig beginne ich, mich auf eine etwaige neue Episode vorzubereiten. Ich übe mich gleichermaßen in Gelassenheit und neuer Motivation und rufe mir ins Gedächtnis, mit welchen Kalamitäten des Lebens ich bereits mehr als freundschaftlich verbunden bin. Darüber entdecke ich eine wirklich abwechslungsreiche Sammlung, zu der die eine oder andere Trophäe durchaus passen würde. Das ist überhaupt nicht larmoyant, ironisch oder gar zynisch gemeint, sondern tatsächlich meine innerste Überzeugung: Dass Veränderungen oft notwendig sind im Leben, um langsam bei sich selbst anzukommen. Daher: Alles wird gut!
Noch haben wir ein halbes Jahr und eine komplette Rückrunde vor uns, aus denen heraus sich das Team entwickeln kann, sodass es auch im Jubiläumsjahr des Vereins hoffentlich für einen erfrischenden und munteren Jugend-Fußball steht. Allerdings wird dies nicht ohne neuen Schweiß und weiteren Aufwand gelingen. Ausruhen ist wahrlich nicht angesagt. Im Gegenteil, da wartet eine Menge Training und aufzubringende Konzentration auf uns, denn die Konkurrenz schläft nicht. Der sehr ernüchternde kleine Test vor zwei Wochen gegen Viktoria, aber auch das überraschende Ergebnis der Wilmersdorfer bei Tebe, sind deutliche Indikatoren dafür, dass sich alle Teams um uns herum enorm entwickeln und jeder jeden schlagen kann. Wollen wir weiter oben mithalten, werden wir eine Schippe drauflegen müssen.
Auch das Spiel gegen den SCC zeigte, dass es nicht mehr so leicht ist, quasi auf Knopfdruck jene Räume aufzuklappen, die nötig sind, um zu sauber heraus gespielten Abschlüssen zu kommen. Zweikampf- und laufstarke Teams stellen die Räume geschickt zu. Es verbleibt kaum genügend Zeit, einen Ball im Mittelfeld in Ruhe anzunehmen, geschweige denn sauber in die Tiefe passen zu können. Mittlerweile sind besondere Augenblicke fußballerischen Könnens nötig, um zum Torerfolg zu kommen. Das können Geistesblitze oder grandiose Einzelaktionen sein, die aber meist erst dann erfolgen, wenn alle im Team hoch konzentriert ihre Aufgaben erfüllen und annähernd fehlerfrei im Spiel agieren. Konnten wir uns am Anfang der Hinserie noch oft genug darüber mokieren, zu viele Torchancen leichtfertig und ungenutzt liegen gelassen zu haben, müssen wir nun schon erheblich mehr ins Spiel investieren, um überhaupt zu klaren Torchancen zu kommen.
So fiel der erste Treffer bezeichnenderweise erst nach 15 Minuten und durch einen Strafstoß. Beim zweiten nutzten wir die kurzweilige Unkonzentriertheit des Gegners nach dem Führungstreffer. Mit diesen zwei Toren im Rücken spielte es sich zwar etwas leichter. Dennoch benötigten wir weitere zwanzig Minuten, um erneut jubeln zu können.
Der Schiedsrichter ließ viele Szenen wiederholen, beide Teams schienen immerfort schnell zurück ins Spiel kehren zu wollen, statt die Regeln zu befolgen. Nachdem unser Keeper wegen eines unnötigen Kommentars die gelbe Karte sah und kurz darauf sogar einen hoch getreten Freistoß von der Mittellinie falsch berechnete, witterte der Gegner seine Chance. Der Anschlusstreffer gab Charlottenburg Aufwind, aber zum Glück blieben wir konzentriert genug und konnten unsererseits kurz darauf nachlegen.
Beide Treffer, sowohl der dritte als auch der vierte, waren dabei besondere Tore. Denn in ihnen blitzte große Spielintelligenz und grandiose Geistesgegenwart auf. Einen Torhüter aus dem Geschehen heraus per Kopfball zu überlupfen, dafür benötigt man schon ein besonderes Auge und einen ungemein scharfsinnigen, schnell reagierenden Verstand, das gelingt nicht einfach so. Auch beim dritten Treffer entschieden Zehntelsekunden der Handlungsschnelligkeit, um die winzigen Lücken, die sich in der engen Deckung der Charlottenburger auftaten, konsequent und präzise nutzen zu können.
Derart eng und hoch dosiert wird es auch in den Spielen der Rückrunde weitergehen. Wollen wir Ball und Gegner weiterhin laufen lassen, müssen wir uns im Detail erheblich steigern. Die Ansätze dafür sind da, aber noch sind wir nicht im Ziel.
[8. Spieltag HR / Sa. 30. November 2019]