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AMA / D2
SAISON 2019 / 2020

Punktsieg für beide

Füchse U12 - AMA U12

7 : 8

Der Herbst ist da, es regnet, die ersten gelben Blätter mischen sich unter das Grün. Aber natürlich kann schon morgen die nächste sonnige Wetterlaune über uns hereinbrechen. Die Blätter werden fallen, so oder so.

Zuhause ist der Klimawandel derzeit ein großes Thema, nicht als etwas Fernes, Abstraktes, sondern im Sinne konkreter Bedrohung und gesellschaftlicher Umwälzungen. Ich komme mir wie ein altes Menetekel vor, das seit drei Jahrzehnten in der Ecke steht und vor sich hin staubt, nun aber von den Medien neu entdeckt, aufpoliert und massenwirksam vertrieben wird. Was immer politisch am Ende rauskommt, wahrscheinlich muss der Mensch den Klimawandel erst durchleben, um zu kapieren, was er durch sein Verhalten anrichten kann. Früher passte ich mich dem Wetter einfach an, mittlerweile habe ich das Gefühl, dass einer den anderen belauert.

Um so schöner, wenn man ein kleines sonntägliches Vormittagstreffen mit einem netten Team aus einem anderen Kiez abhalten kann und dabei dem ersten großen Herbstregen gerade noch so entkommt.

Seit über zwei Jahren messen wir uns regelmäßig mit den Füchsen und können durchaus sagen, dass sich ein sehr freundschaftliches Verhältnis zwischen uns entwickelt hat. Kinder- und Jugendfußball kann so leicht sein, wenn sich die Ausgangsvoraussetzungen, Werte und Ausbildungsziele aller Beteiligten ähneln. Wenn es also vorrangig darum geht, guten Fußball zu lehren und Respekt vor dem Gegner und dem Sport einzuüben. Es ist ja schwierig genug, das Ergebnisdenken während der Ligaspiele auszuschalten. Umso angenehmer und produktiver sind solche Testspieltreffen, auf denen jedes Team in Ruhe ausprobieren und experimentieren kann.

Der Ligabetrieb produziert enorm hohe Drucksituationen, aus denen man zwar auf irgendeine Weise sogar geläutert hervorgeht, sei es als Sieger oder Verlierer. Aber im Grunde transportiert das Testspiel weit mehr vom kreativen und freundschaftlichen Wesen des guten alten Straßenfußballs, als es dem Ligabetrieb wohl jemals gelingen wird.

Der Marathon zwang uns, auf die U-Bahn umzusteigen, die nebenbei bemerkt, ziemlich schnell und zuverlässig kutschierte. Was mir besonders gut gefiel, war das Gefühl, als Gruppe zu fahren. Uns steht bei Auswärtsspielen zwar meist ein privater VW-Bus zur Verfügung, der eine ähnlich schöne Gemeinschaft stiftet. Aber diese U-Bahnfahrt kehrte für mich das Besondere am Mannschaftssport noch einmal deutlich hervor: Da saß fast die ganze Mannschaft verteilt auf den U-Bahn-Wagen, daddelte, plapperte oder träumte einfach vor sich hin auf dem Weg zum Sonntagsmatch.

Als wir am Spielort ankamen, waren die Füchse noch nicht zu sehen, auch sie trudelten erst spät ein. Kabinen zum Umziehen gab es nicht, deswegen zogen wir uns direkt an der frischen Luft um. Auch das hatte etwas vom guten alten Straßenfußball, zumal der Platz wie ein hübscher Kunstrasenkäfig vor uns lag: Kleines Feld, feste Tore, saftiges Grün. Nebenan der Tennis Club, herbstlich verwaist. Verschwenderisch große Clubterrasse. Vier sauberste Umkleiden, aber eben nicht für uns geöffnet.

Warum ist der Straßenfußball eigentlich so viel netter, unbeschwerter und cooler als der Ligabetrieb? Es gibt keine Drucksituation, man spielt frei auf und erforscht neugierig die gegnerischen und eigenen Möglichkeiten. Es kommt auch kein aufgebrachter Trainer direkt nach dem Schlusspfiff auf einen zu und schüttet - noch vor jeder Geste der sportlichen Fairness - einen Liter konfuse, vergorene Galle über einen aus wie am Vortag der Kollege von Tebe. Ich weiß gar nicht, was er hatte? Konnte er sich nicht darüber freuen, das Spitzenspiel mit Ach und Krach gewonnen zu haben?

Drei mal 30 Minuten waren verabredet, beide Teams kamen mit einer Niederlage gegen den unmittelbaren Tabellennachbarn auf den Platz. So wollten beide lieber etwas Balsam auf die Wunden legen und sich erneut der Schönheit des Sports bewusst werden, als den anderen komplett in Grund und Boden zu stampfen. Ich fand, das stand beiden Teams sehr gut und führte zu einem sehr abwechslungsreichen und ausgeglichenen Spiel. Hier und da kochte es nach einem Zweikampf leicht auf, doch die Verantwortlichen riefen die jeweilig überhitzten Gemüter schnell zur Besinnung. Solche Momente des Vorbilds und der Fairness durch die Trainer erlebt man im Punktspielbetrieb eher selten. Auch die Eltern auf beiden Seiten bewiesen einmal mehr: Frieden, Respekt und Entgegenkommen sind die beste Wahl für ein großes Miteinander.

Mir kommt der Großmut meines Trainerkollegen von den Füchsen in der letzten Saison in den Sinn, als er bei unserem letzten Liga-Aufeinandertreffen einen nicht gegebenen Strafstoß nicht zum Gegenstand einer Diskussion während oder nach dem Spiel machte, sondern schlichtweg als missliche Schiedsrichter-Entscheidung hinnahm. Es war eine durchaus spielentscheidende Situation, die den Füchsen sehr zum Nachteil gereichte. Ich empfand das seinerzeit als sehr nobel und empfinde dies immer noch so. Besser noch: Diese Haltung ist zu einem Vorbild für mich geworden. Es gibt etwas Größeres und Höheres als kurzfristigen Erfolg.

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass der Ligabetrieb einmal absolut fair geführt wird, wenn sich nur das richtige Vorbild bei allen Verantwortlichen durchsetzt und die elende Jagd nach läppischen Punkten und das ewige Gewinnen wollen einem anderen und viel weitsichtigerem Ideal weicht. Vielleicht hilft das sogar beim Umgang mit dem Klimawandel. Bis dahin werden allerdings die ersten paradiesischen Inseln und unscheinbaren Residuen eines gemeinschaftlichen Glücks unwiederbringlich untergegangen sein. Doch das soll hier keine Sonntagspredigt werden.

Das Treffen ging übrigens annähernd unentschieden aus, aber ich fand, dass beide Teams den Platz als Sieger verließen.

[Testspiel / 3 x 30 Min / So. 29. September 2019]


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7:8 (3 x 30 Min.)
Es spielten: Samy, Albion, Blerton, Fynn, John, Kolja, Arda, Ayhem, Bela, Levin, Timo, Noah, Feris



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