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AMA / E2
SAISON 2017 / 2018

Fressen und gefressen werden

SV Empor E2 - AMA e2

0 : 9

Wir erinnern uns: Testspiel gegen den SV Empor vor etwa einem dreiviertel Jahr, Vorbereitung zur Hinserie. Ehe wir richtig wach waren, lagen wir mit vier Treffern zurück, kämpften uns im Verlauf zwar tapfer heran, verloren am Ende aber knapp mit einem Treffer Unterschied. Ich attestierte uns nach dem Spiel ein Lotophagisches Syndrom, an dem wir litten, einem chronischen Verschlafen der ersten zehn kostbaren Minuten, wenn nicht sogar der ganzen ersten Halbzeit. Zugegeben, zuweilen befällt uns das Syndrom noch immer, es kommt über uns wie ein violetter Regenschauer. Heute aber meinte es der Himmel gut mit uns.

Nicht, dass die Sonne so geschienen hätte wie in den letzten zwei Wochen, nein, ganz und gar nicht! Der April machte seiner Launenhaftigkeit alle Ehre und servierte uns bis kurz vor dem Anpfiff ein sehr feuchtes und subtil windiges Wetter, das sogar die Regenwürmer des Jahn-Sportparks aus dem Boden trieb und auf den Kunstrasen lockte. Einem unserer Spieler schoss die Urangst vor der Schlange förmlich in die Glieder. Er erblickte das zarte zwanzig Zentimeter lang ausgestreckte Wesen und war fortan besessen von dem Gedanken, es könnte auf unergründliche Weise in den Ärmel seiner Trainingsjacke gelangen. Dabei hatte ich den Wurm, der sich bei der ersten Berührung zusammenzog wie ein gerissenes Gummiband, vorsorglich und behutsam vom Platz getragen und mehr oder weniger empfindsam ins saftige Gras neben dem Platz gelegt. Just in dem Moment kam die Sonne kurz hervor, lächelte ein leises Lächeln, als wollte sie diese schmeichelhafte kleine Heldentat kommentieren.

Es lief perfekt für uns, von Anfang an. Von mentaler Schläfrigkeit und körperlicher Trägheit war an diesem frühen Vormittag nichts zu spüren. Von der ersten Sekunde an waren wir bis in den entlegensten Winkel des Feldes präsent und aktiv. Wir kamen gut in die Zweikämpfe, standen dicht bei den Gegenspielern und eroberten uns selbstbewusst die Bälle, die wir zügig und spritzig nach vorn spielten, um sie eiskalt zu verwerten. Die ersten zehn Minuten gehörten klar uns, und so gingen wir nach fünf Minuten verdient in Führung. Noch bevor Empor sich gefangen hatte und seinerseits Druck aufbaute, stand es bereits Zwei zu Null. Noch war das Spiel offen, aber nach unserem sehenswerten dritten Treffer, einer direkten Kombination über drei Stationen, deutete sich bereits eine Richtung an.

Drei zu Null zur Pause, dennoch hoch konzentriert, als stünde es wieder Null zu Null, gingen wir in die zweite Halbzeit und eroberten auch diese. Der schnelle vierte Treffer war schmerzhaft für Empor und im Grunde die Vorentscheidung. Mit jedem weiteren Treffer, die allesamt zügig heraus gespielt und mit Wucht vollendet wurden, brach die Gegenwehr des Gegners mehr zusammen. Am Ende hatten wir so viel Raum wie schon lange nicht mehr und konnten beliebig agieren, ohne dass uns jemand anderes im Weg stand als wir uns selbst. Der eine oder andere Treffer mehr wäre durchaus möglich gewesen, aber darauf kommt es nicht an, sondern auf die Art und Weise, wie die Mannschaft auftrat und jene Vorgaben gekonnt umsetzte, die vor dem Spiel ausgegeben worden waren.

Hat man kein Glück, dann kommt bekanntlich auch noch Pech hinzu. Hier kratzte einer unserer Spieler den Ball noch von der Linie, da hämmerte ihn ein anderer aus sechzehn Metern hart und kompromisslos ins lange Eck. Empor ist ein Team, das - anders als der FC Wilmersdorf - bei einer drohenden Niederlage nicht zu unfairen Mitteln greift. Auch wenn ein Sieg als solcher entspannend auf jeden Trainer wirkt, insbesondere auf solche, die überhaupt nicht verlieren können, so ist ein faires Spiel, bei dem nicht ruppig und Vorteil nehmend oder revanchistisch zu Werke gegangen wird, ein gutes und beruhigendes Ereignis. Es tut dem Kinder- und Jugendfußball und überhaupt allen Beteiligten gut, wenn das Fair-Play gelingt, selbst wenn ein Team am Ende viel zu hoch gewinnt.

Empor spielt niemals ergebnisorientiert, die Ausbildung der Kinder zu technisch versierten und umfangreich ausgebildeten Fußballern steht an oberster Stelle. Zwei Torhüter pro Spiel, über zehn Spieler mit nahezu gleich verteilter Spielzeit, das ist im Kinderfußball vorbildlich, aber alles andere als der Regelfall. Es gibt gestandene DFB-Stützpunkttrainer in Berlin, die die Jugendarbeit und das Ausbildungskonzept vom SV Empor in den höchsten Tönen loben.

Irgendwann wird sich diese progressive Haltung bezahlt machen, vielleicht nicht für alle Beteiligten gleich lukrativ, aber doch so, dass jeder Einzelne den sozialen und sportlichen Aspekt dieser Haltung gut bemessen kann, denn eine auf Fairness und kreatives Fußballspielen ausgerichtete Jugendarbeit leistet enorm viel für die Gesellschaft. Man lernt im wahrsten Sinne des Wortes, den Ball flach zu halten. Die Anforderungen betreffen dabei zuvorderst die Trainer, gar nicht so sehr die Spieler. Denn von diesen Trainern wird verlangt, dass sie nach bestem Wissen und Gewissen handeln und ausbilden, sie dürfen sich keinen kurzfristigen Zielen unterwerfen nur um des Gewinnens willen. Darin unterscheiden sie sich im übrigen sehr von vielen Politikern, denen etwas mehr Lehre aus dem Kinder- und Jugendfußball gut zu Gesicht stünde. Es geht um eine ganzheitliche und langfristige Perspektive bei der Ausbildung zum Fußballer.

Am kommenden Mittwoch gegen den BFC Dynamo könnte es schon wieder etwas ruppiger zugehen, es sei denn, wir lassen Ball und Gegner noch eleganter laufen. Es wird in diesem Spiel nicht nur um den Ball gekämpft, sondern es könnte auch um andere kleine Vorteile gerungen, gezerrt, gezupft, aber hoffentlich nicht getreten werden. Leider ist das so, wir leben in keiner Idealgesellschaft. Und der Fußball ist und bleibt ein Spiegel des Gesellschaftlichen. Was uns nicht davon abhalten sollte, hier und da mal einem Regenwurm vom Kunstrasen zu helfen, auch wenn die Amseln im Gebüsch schon ihre Schnäbel spitzen.

[3. Spieltag Rückrunde / 14. April 2018]


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0:9 (0:3)
(2 x Fynn, 2 x Timo, 2 x Blerton, 2 x Albion, 1 x Levin)
Es spielten: Albion, Blerton, Fynn, Samy, Levin, Kolja, Timo, Luca, Ion, Gabriel


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