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AMA / C1
SAISON 2022 / 2023

Zehn Bälle & zwei Rettungswagen

Globus Baumarkt Cup 2022

1. Platz

Zwei Rettungswagen innerhalb eines Tages, beide Male für das selbe Team gerufen, für zwei Spieler, die sich unglücklich und sehr schwer verletzten, so etwas habe ich noch nicht erlebt. Ein Schlüsselbeinbruch und ein Knöchelbruch. Das war nicht das, wofür der Veranstalter zu Beginn des Turniers plädierte: Für ein kleines freundschaftliches Fußballevent mit vielen tollen Preisen, aber bitte ganz ohne Verletzungen, Kicken just for fun!

Denkste!

War der erste Unfall noch auf einen etwas übertriebenen Körpereinsatz im ersten, viel umkämpften Spiel des Turniers zurückzuführen, bei dem beide Teams mit hohem Einsatz agierten, kam die zweite Verletzung nahezu tragisch und zum Ende des Tages hin zustande beim Versuch zweier Spieler des gleichen Teams, einen finalen Torschuss zum Sieg und Erreichen des dritten von vier Plätzen abzugeben. Statt des an der Strafraumgrenze frei liegenden Balls erwischte der eine Spieler beim fulminanten Schuss jedoch nur den Fuß des Mitspielers, der ebenso den Treffer erzielen wollte.

Beide Verletzungen rahmten gewissermaßen das Turnier. Dem sehr spendablen Sponsor fiel es sichtlich schwer, die heftigen Ereignisse zu verarbeiten, er wirkte mitgenommen und sichtlich angeschlagen, woran man erkennen konnte, dass Empathie und Mitgefühl immer noch die besten Werbemittel sind. Die Preise wurden zur Siegerehrung neu disponiert, der Drittplatzierte nahm den Trikotsatz des Erstplatzierten entgegen sowie den Preis für den besten Torhüter, während der Zweitplatzierte den Preis des Drittplatzierten übernahm, einen offiziellen Bundesligaball, während wir als Turniersieger den Korb mit zehn Bällen für den Zweitplatzierten übernahmen.

Was hätten wir auch mit dem grün-weißen Trikotsatz anfangen sollen, der passte viel besser zu den arg gebeutelten Johannisthalern an diesem Tag. Erst verloren sie ihren Innenverteidiger, dann ihr Auftaktspiel durch zwei unglückliche Aktionen ihres später zum besten Keeper gekürten Torhüters, dann mussten sie sich unserem heftigen Torreigen stellen, kassierten ein knappes Dutzend Treffer in 35 Spielminuten, um dann im dritten vielversprechenden Spiel den siegreichen Torschuss schon auf den Füßen zu haben, ihn jedoch in einen vermaledeiten Unfall münden zu sehen wie in einer griechischen Tragödie. Dem ganzen Team, insbesondere den verletzten Spielern, den sowohl körperlich als auch emotional versehrten, gehören mein ganzes Mitgefühl und meine allerbesten Genesungswünsche!

Ich gebe zu, angesichts der Ereignisse kam ich ins Grübeln, ob dieser Sport wirklich gesund ist oder zur langfristigen Gesundheit taugt? In diesen langen Augenblicken des Abtransports des Schwerverletzten kam er mir vor, als würde er immer nur eine schnelle emotionelle Droge bereitstellen, die wir uns in den Körper und in den Kopf jagen und an der wir uns zwar gerne berauschen, die wir aber in ihrer Wirkung unterschätzen.

Wir spielen, weil es uns großen Spaß macht, wir gehen dabei sogar bereitwillig über Grenzen, bis es wieder einen von uns erwischt. Jüngere Studien zur langfristigen Schädigung von Gehirnen durch übermäßiges Kopfballspiel tragen auch nicht unbedingt dazu bei, den Fußball als einen langfristig gesundheitsfördernden Sport zu betrachten. Aber gut, was sollen erst Boxer sagen? Oder Rennradler? Skifahrer? Oder gar Formel-1-Piloten? Das Risiko spielt immer mit, lässt sich in kaum einem Sport komplett ausschließen, es liegt in der Natur der Sache, denn dort, wo Kräfte wirken, können Körper oder Körperteile versehrt werden.

Actio est reactio.

Die wirksamste Prophylaxe gegen Verletzungen im Sport ist ein gutes und ausgewogenes Training. Körper und Geist sollten eng zueinander geführt werden. Was kann ich? Wie weit kann ich über die Grenzen gehen, ohne meinen Körper oder Geist dabei allzu sehr zu überfordern oder gar zu schädigen? Was optimiert ihn, was deformiert und quält ihn?

Im Grunde ist es ein ständiges Auf und Ab mit dem Körper, mal macht er alles mit, mal verzeiht er die kleinsten Ansprüche nicht. Generell ist er sehr empfänglich für allerlei Aufmerksamkeiten, seien sie regenerativer Natur oder sanft fordernder, motivierender Art. Gehe ich in einen intensiven Dialog mit ihm, teilt er mir erstaunlich viel mit, sehr dezidiert sogar und ziemlich klar in der Aussprache und im Anspruch. Er kann ein sehr zuverlässiger, aber auch arg launischer Geschäftspartner sein. So lernt man ihn über die Zeit besser kennen und verstehen, selbst wenn er gelegentlich mit den überraschendsten und nervigsten Launen aufwartet. Nur eines sollte einem klar sein: Der Körper ist niemals schuld an seinem Versagen, es ist überhaupt niemand daran schuld.

Letztlich ist der Körper der bessere von uns, denn er reagiert ungeheuer sensibel, wirft sich aber zeitlebens mächtig ins Zeug für uns, um zu regenerieren oder gar zu heilen, wenn ihm etwas durch unser Missgeschick oder unser Fehlverhalten geschieht. Wir sollten ihm also regelmäßig etwas Gutes tun, ihn pflegen und täglich mit ihm kommunizieren, um zu erlernen, was er in welcher Form von uns benötigt. Um das herauszufinden, haben wir unseren Kopf!

Zu dieser gedanklichen Abschweifung sagt mein Körper zweifelsfrei großzügig Danke, denn über die ausgebliebene Bewegungseinheit und die schöne Tafel Ruhepause, die ich ihm damit verschafft habe, grinst er verschmitzt über beide Ohren. He, he, das wirst du wieder ausbügeln müssen, mein Lieber, sagt er mir. Denk und schreib nicht so viel am Wesentlichen vorbei, sondern beweg dich einfach geschmeidig zum Platz, komm auf den Punkt!

Wir schossen also wahnsinnig viele Tore gegen zwei Gegner aus der Bezirksliga, wenngleich wir ganz zu Beginn der Spielrunde durch großartige Leichtfertigkeit in schockierenden Rückstand gerieten. Am Ende heimsten wir viele Preise ein, zu denen auch der Pokal für den besten Torschützen des Turniers gehörte, der in ironischer Verkehrung der Mittel bei uns als angestammter Innenverteidiger unterwegs ist.

Wenn ich jemals ein reales Gefühl von Klassenunterschied so deutlich und klar verspürt habe, dann während diese Turniers. Im Alltagsleben begegnet man ja vielen abstrakten und dennoch völlig lächerlichen Unterschieden, aber hier warf der unschöne und eigentlich unproduktive Klassenunterschied tatsächlich auch eine gewisse Schönheit ab, denn die Spielzüge und Tore kamen allesamt durch körperliches, mentales und spielerisches Vermögen zustande und nicht durch soziale und gesellschaftliche Ungerechtigkeit. Um so zu gewinnen, muss man schon eine Menge geleistet und auf vieles andere verzichtet haben.

Gleichwohl bedeutete dieser Sieg insgesamt sehr wenig, denn es ist nun mal keine große Kunst, gegen offensichtlich deutlich Schwächere und spielerisch Unterlegene seine durchtrainierten Muskeln spielen zu lassen. Mit etwas schmücken könnten wir uns in den kommenden Wochen, wenn es gilt, eine erfolgreiche Saison in Liga und Pokal auf den Weg zu bringen, und zumindest dafür nützen uns die zehn neuen Bälle des Sponsoren durchaus sehr viel, sind doch die vor Wochen bestellten Bälle des Vereins immer noch nicht angekommen.

[Turnier Grünauer SC / So. 11. September 2022]


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1. Platz
Es spielten: Djamal, Bela, John, Hasan, Jaden, Cem, Efe, Timo, Julius, Jonas, Levin, Noah, Jakob.


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