AMA U15 - TSV Mariendorf U15
2 : 1
Die Liga nimmt Konturen an, wir gewannen unser zweites Heimspiel mit Ach und Krach, und die Konkurrenz nimmt sicherlich Notiz davon. Am Sonntag schaute ich mir aus Neugierde daher den zum Anpfiff noch Viertplatzierten aus Wilmersdorf an. Er brauchte keine zwanzig Minuten, um uns an der Spitze abzulösen. Wir gewinnen zwar unsere Spiele, aber wir schießen nach dem famosen Torreigen am ersten Spieltag deutlich zu wenig Tore.
Die Chancen sind da, sie werden gut vorbereitet und solide heraus gespielt, aber am Ende fehlt es in der Spitze an Kaltschnäuzigkeit und Durchschlagskraft. Bezeichnenderweise gelang uns der extrem späte Siegtreffer gegen die noch extremer und äußerst beherzt verteidigenden Mariendorfer auf eher unabsichtliche Weise. Der Torschütze überwand den Keeper, in dem er sich den Ball versehentlich selbst gegen das Standbein schoss und damit auf eine unhaltbare Reise ins Tor schickte. Das anschließende und mit Gelb geahndete Trikotausziehen war durch die freigesetzten Emotionen durchaus gerechtfertigt, täuschte aber auch ganz gut über den kleinen technischen Formfehler beim Torschuss hinweg.
Ein Gegenbild an Effizienz, Wucht und Torgefährlichkeit lieferten die Wilmersdorfer ab. Sie haben drei exzellente Offensivleute, über die das gesamte Spiel läuft. Alle anderen Spieler um sie herum erfüllen solide und engagiert ihre Aufgaben und arbeiten dem Trio wohl zu. Dieses Offensivdreieck in der Spitze in den Griff zu bekommen, dürfte kniffelig werden. Zwar überließ der Gegner aus Rixdorf den Wilmersdorfern bereitwillig enorme Margen an freien Räumen im Mittelfeld, dennoch überzeugten mich Athletik, Technik, Motivation und Pfeilschnelligkeit dieser drei Spieler. Nun ja, wir haben auch ein paar gute Sprinter!
Aber eben auch eine Vielzahl für ihr Alter eher kleinere und zarte Spieler, denen es die großen Abwehr- und Mittelfeldkanten der Gegner stets schwer machen. Technischer Kombinationsfußball versus natürliche Kraft, so lautet die Formel, die wir uns für diese Saison zurecht gelegt haben. Bislang funktioniert dies zwar ganz gut, aber noch lange nicht meisterlich. Was mir momentan insbesondere im Team fehlt, ist Lautstärke! Wir sind viel zu schüchtern, reden zu wenig miteinander, weder in Witzen, Sprüchen, noch durch Gesten, im Spiel ebenso nicht, es fehlen frech auffordernde Pässe und entschlossene, mutige Laufwege und vor dem Tor glasklare kompromisslose Statements. In der Kabine ist es vor den Spielen viel zu verhalten und auf klamme Weise still. Da würde ich mir doch die sommerliche Hitze des Juli und August zurückwünschen!
Die neuen Spieler sind noch nicht so weit, größere Verantwortung zu übernehmen. Andere drängen nicht in jene Führungsrollen nach, die durch die Abgänge der älteren und an Union verkauften Spieler frei geworden sind, so verpufft das Engagement mancher, die weiterhin auf hohem Niveau spielen und sich entwickeln wollen und für ihre Karriere alles geben. Man kann freilich keine charakterlich sportlichen Persönlichkeiten heranzüchten wie Sonnenblumen, jedes Team ist wahnsinnig froh, wenn es ein bis drei naturbelassene Motivationstiger besitzt, die kompletten Spielzeiten ihren Charakterstempel aufdrücken. Hinter solchen Führungsspielern können sich die Leiseren meist sehr gut und in Ruhe entwickeln. Sie fallen erst dann wieder auf, wenn sie plötzlich selber in erster Reihe stehen und deutlicher gefordert sind.
Sollten wir gegen große Kanten wegen des Großkantigen verlieren, macht das aber nichts. Unser Ziel ist nach wie vor Gemeinschaft und gemeinschaftliches Spiel. Freilich geht es nicht ohne einen gewissen kontinuierlichen Einsatz und schon gar nicht nur mit mittlerer Motivation. Lernfortschritte zeigen sich auch nicht erst im Spiel oder durch eingeforderte Einsatzzeiten, sondern zunächst einmal in jedem Training, vor allem dann, wenn der Fokus aller in jeder Einheit und Phase des Trainings deutlich zu spüren ist. Wie heißt es bei Union auf der Website in der Beschreibung des Saisonmottos der U15? "Sei jeden Tag die beste Version, die du an diesem Tag sein kannst." Diese Grundhaltung soll in jedem Training und Spiel erkennbar sein.
Nun ja, das ist toll, aber ein aktuelles Mannschafts-Foto auf der Site wäre auch nicht schlecht gewesen, so hätte ich unsere alten Motivationstiger als beste Version ihrer selbst auch im aktualisierten Bild bewundern können.
Blicken wir also nach vorne, denn da geht die Reise ja hin! Als nächstes starten wir im Pokalwettbewerb und müssen höllisch aufpassen, dies nicht mit einem Spaziergang an der Havel zu verwechseln. Der halbstündige Montagstrainingskick gegen unsere C2 war schon ein grandioser Tiefpunkt der Saison. Offenbar hatte nicht nur ich einen perfekten saumiesen Tag erwischt, ständig hereinplatzender Hagelregen und anderer Ärger mit so banalen Dingen wie Rest APIs oder hakenden Tastaturen. Das kommt davon, wenn man zu lange am Altbewährten festhalten will, nicht nur an zehn Jahre alten Laptops.
Auf der anderen Seite gibt es eben diesen Laden in meiner Nähe, dessen Programmatik ich bis in die tiefste Faser meiner Lebensphilosophie, Persönlichkeit und Engstirnigkeit verinnerlicht habe: "Bis es mir vom Leibe fällt" - heißt er und ist ein fantastisch modernes Veränderungsatelier.
[3. Spieltag / Sa. 17. September 2022]