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AMA / F2
SAISON 2015 / 2016

DIE EINFACHSTEN SIND DIE SCHWERSTEN

TESTSPIEL - F2 GEGEN WEISSENSEER FC II

3 : 1

„Do you know how to get to Carnegie Hall?
- Practice, Man! Practice!“

Muppets


Dürfen wir jetzt abheben, weil wir einen Gegner, der eine vergleichbare Staffel unangefochten anführt, in einem Testspiel klar und deutlich besiegt haben? Nein, aber wir können sagen, dass wir einen kleinen Lauf haben. Das F2-Team spielt derzeit hervorragend, es strotzt vor Selbstbewusstsein, es dominiert seine Gegner und lässt kaum Torchancen zu. Sogar den Verteidigern gelingen Treffer, weil sie das Nachrücken gelernt haben. Aber leider lassen wir insgesamt noch zu viele Torchancen liegen.

Durch spielerisches Übergewicht im Mittelfeld fallen zwangsläufig Tore. Das bedeutet nicht, dass jedem Treffer ein gekonnter Spielzug und ein schulmäßiger Torschuss vorausgegangen sind. Der Torschuss muss weiter trainiert werden, er bündelt mehrere Bewegungen zu einer einzigen: Die eigene und die gegnerische Laufbewegung, die Eigenbewegung des Balls, die Schussdynamik und eine mögliche Drehbewegung des Sternenhimmels. Alle diese Bewegungen überlagern sich und müssen zu einem Präzisionsknoten zusammengezogen werden. Der Torschuss wird zum exakten Angelpunkt, man könnte eine mathematische Formel auf ihn abstellen: Die Summe aller Bewegungen, geteilt durch exakten Torschuss, ergibt „1“ - andernfalls fliegt der Ball am Tor vorbei oder wird zur leichten Beute des Torhüters.

Eigentlich ist es egal, wie der Ball ins Tor gelangt, jeder Treffer gibt dem Schützen Recht, ganz gleich wie er den Ball hinter die Linie bringt. Ronaldinho kickte den Ball einmal in einer Champions-League-Partie frech mit der Pike ins Tor. Der Ball flog so pfeilschnell und ansatzlos ins Eck, dass Petr Chech wie angewurzelt stehen blieb. Er hatte den Kick, mit dem Kleinkinder das Fußballspielen intuitiv beginnen, nicht erwartet. Nur einen Zentimeter zu ungenau gegen den Ball getreten, und man ist allerdings der Depp des Spiels.

Ohne kalte Schnauze ist jede Schusstechnik nur ein stumpfes Messer. Für den Bruchteil einer Sekunde muss die Konzentration derart gebündelt werden, als sei ein Nagel mit einem Schlag ins Holz zu rammen. Nicht umsonst verlangsamen Fernsehbilder genüsslich jedes Tor aus unterschiedlichen Perspektiven, um die ganze Feinheit, Eleganz und Komplexität der auf den Punkt gebrachten Bewegung zu zeigen. Andersherum entlarven sie jede Ungenauigkeit: Hier steht der Fuß etwas zu schräg, da rutscht der Ball über den Spann – der Zeitlupe entgeht nichts!

Kalte Schnauze bedeutet, einen antizipierten Torschuss in actu exakt nachzubilden. In den besten Fällen ist der Schuss ein Reflex, der über lange Zeit und unzählige Wiederholungen automatisiert wurde. Es geht dabei nicht um Geniestreiche, sondern um solide Fußwerksarbeit. Der Geniestreich gehört einer anderen Kategorie an, er ist Antizipation des Unerwartbaren: Thomas Müller, der die Abwehrbewegung des portugiesischen Verteidigers erkennt, bevor dieser sie ausführt, und den Befreiungsschlag durch Blocken und kurze Annahme in einen Torschuss verwandelt.

Manchmal sind die einfachsten Bälle die schwersten: Den Ball nach einem Solo am Torhüter vorbei ins Eck drücken, einen Querpass mit der Seite über die Linie schieben, aus 12 Metern Entfernung sauber und trocken in die Ecke schießen. Meistens fehlt die Kraft für den Abschluss, weil ein Sprint oder ein Zweikampf den Akku rasend schnell ausgesaugt haben. Fehlt die Kraft, fehlt die Konzentration, streiken die Nerven. Doch gerade die letzte, finale Bewegung benötigt alle Konzentration und ein Maximum an Kraft und Dynamik, ein exaktes Zusammenkommen von Physis, Koordination und gedanklicher Präzision.

Und natürlich spielt die Aufregung eine wesentliche Rolle. Wer den Torschuss antizipiert, sieht ja den Ball bereits im Netz - genau dies setzt den Schützen unter Druck. Deshalb gibt man den Stürmern mit auf den Weg: „Nicht nachdenken beim Torschuss!“ Aber das ist nur ein psychologischer Trick, um ihnen die Angst vor dem Versagen zu nehmen. Viele Hundertprozentige gehen auch deshalb daneben, weil der Spieler sich nur auf seinen starken Fuß verlässt und den schwächeren meidet, obwohl es, technisch gesehen, in der Situation angemessener gewesen wäre, ihn zu benutzen.

Aber wie lernt man ihn nun, den perfekten Torschuss? Siehe Zitat oben: „Üben, Mann! Üben!“

[TESTSPIEL GEGEN WEISSENSEER FC II - 12. MÄRZ 2016]


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(1 x Kolja, 1 x Jaden, 1 x Levin)
Es spielten: Luis, Levin, Jaden, Fynn, Kolja, Julius F., Julius Th., Ion, Timo

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