VFB EINHEIT ZU PANKOW fIV - AMA fIV
3 : 3
Wahrscheinlich bin ich von Natur aus Schwarzmaler und überhaupt ein ziemlich unbequemer Zeitgenosse: Sonntagfrühspiel in Pankow, Anpfiff neun Uhr? Lass mich in Ruhe, Fußball! Ich will auspennen!
Wie gut, dass ich die Reise gemacht habe. Erstens weil mich unerwarteter Weise ein zarter Rasenplatz im Lichte eines friedlichen Waldes begrüßte, nass, aber gepflegt, frisch, aber nicht von formlosen Exkrementen oder anderen illusionslosen Erdbauwerken verunglimpft. Zweitens weil sogar die Sonne raus kam - exakt zehn Minuten vor Schluss, denn das bewirkte - drittens - einen geradezu märchenhaften, besänftigenden und die Seele ausbalancierenden Moment in diesem heimeligen Waldstadion. Und wenn die eigene Mannschaft dann zudem einmal nicht unter übermächtige Räder gerät, sondern munter aufspielt und sich eine hübsche Vormittags-Partie in der Fremde verschafft, ist sowieso alles geritzt!
So geschehen heute: Eine super aufgelegte F4, verstärkt durch einen der Jüngsten des gesamten 2008er-Kaders, der mit seinen raumgreifenden Dribblings und saftigen Abschlüssen gleich alle 3 Tore erzielte: Timo. Der Gegner begegnete uns durchaus auf Augenhöhe, wenngleich unser dreifacher Torschütze den kleinen Unterschied ausmachte, da beißt die Maus keinen Faden ab. Dennoch wäre dieser nette, irrsinnig frühe Ausflug an den Rand der Stadt, wo bunte Lauben neben freimütigen Eigenheimen und tiefe Pfützen unter großen Kombis stehen, nur halb so charmant gewesen, hätte nicht die gesamte Mannschaft dafür gesorgt, als glasklarer, optisch überlegener Gegner vom Platz zu gehen. Wir waren besser, auch wenn wir unentschieden spielten!
Keeper Nelson blieb im Vergleich zur letzten Woche absolut tadellos, drei Gegentore, an denen er völlig machtlos war. Und im Neunerschießen hielt er gar jeden auf sein Gehäuse geschossenen Ball, kein einziger rutsche durch und fand einen Schleichweg ins Netz. Er parierte und faustete und hechtete tief ins Eck - eine großartige Leistung! Wir trafen immerhin zwei Mal und wurden somit auch moralischer Sieger, oder wenn man so will: B-Seiten-Gewinner.
Schneller am Ball, laufstärker, dominant im Mittelfeld und mit guten Chancen ausgestattet, hätte das Ergebnis eigentlich zu unseren Gunsten ausfallen müssen. Allein Ruben ließ zwei Hundertprozentige liegen und verpasste nach einem seiner haarscharfen Soli über die rechte Seite ein kluges Zuspiel auf den in der Mitte lauernden Keyan. Da wäre mehr drin gewesen!
Aber dennoch: Die Methode "Orhon", die Kinder einfach mal machen zu lassen, in keiner Weise von außen auf sie einzuwirken, sie nur zu loben, aber niemals auf Fehler hinzuweisen, diese Methode griff heute sehr gut. Nach dem einen oder anderen Stellungsfehler in der Abwehr mahnte Nelson seine Vorderleute lautstark an, die Deckung nicht ganz aufzugeben. Und so ruckelte sich das ganze Team nach und nach zurecht und entfaltete ein Übergewicht im Mittelfeld.
Ruben trieb den Ball über rechts, Timo und Keyan über links. In der Mitte blockten Jakob und Arturo die gegnerischen Angreifer ab. Und kam doch jemand durch, stellten sich Francesco, Kimon und Lenne mutig in den Weg. Hier und da wurde der Ball für drei Sekunden einfach liegen gelassen, nahezu sakrosant blieb er vor den eigenen somnambulen Füßen liegen, als sei Freistoß gepfiffen. Das war natürlich etwas gefährlich, so direkt vor dem eigenen Tor! Aber der Gegner nutze diesen Sekundenschlaf nicht aus, und so blieben wir schadlos, erwachten plötzlich wieder und warfen uns erneut ins Getümmel.
Was lernen wir aus so einem Ausflug am frühen Sonntagmorgen? Nicht jeder Ritt in die Ferne endet zwangsläufig in seelischem Schmerz, in akuten Rückenbeschwerden oder gar in perspektivischer Desillusion. Manchmal ist einem das Glück durch unsichtbare, magische Fäden wohlgesinnt. Es gibt dieses Land des Regenbogens, man muss nur den dicksten Wolken am Himmel folgen, schon kommt man ihm ganz nah.
[2. SPIELTAG RR / SONNTAG, 17. APRIL 2016]