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AMA / B1
SAISON 2023 / 2024

Unwucht

Friedenauer TSC - AMA

2 : 2

Schon krass, wir werden es höchstwahrscheinlich nicht mehr schaffen, nicht nicht aufzusteigen. Trotz zuletzt konstant mittelprächtiger Leistungen werden wir am Ende wohl zwangsaufsteigen. Der Vorsprung zum Viertplatzierten ist zu groß, als dass wir noch eingeholt werden könnten. BAK könnten wir den Weg noch freimachen. Leider dürfte ihm das Ligensystem den Aufstieg verwehren, es sei denn, die erste Mannschaft ginge hoch in die Regionalliga, wonach es nicht aussieht.

Wäre denn ein Aufstieg als Drittplatzierter kein Erfolg? Aber ja doch, und was für einer! Am Anfang der Saison hätte ich eine solche Platzierung niemals für möglich gehalten. Der Stachel des ersten klar verlorenen Testspiels gegen die Hertha aus Zehlendorf saß schon sehr tief. Wir rumpelten erschreckend über den Platz und gaben uns reichlich fußballerische Blöße, es stand das Schlimmste zu befürchten. Der gelungene Saisonauftakt gegen den BAK überraschte mich wiederum in die andere Richtung – war das noch Glück oder schon wieder Können?

Eigentlich spielten wir eine recht gute Hinserie. Dass etwas Bestimmtes nicht stimmte, wurde jedoch in der zweiten Pokalrunde deutlich, in der wir sang und klanglos ausschieden. Als spezielles Detail tauchte dieses Detail immer wieder auf, im Grunde in jedem Spiel punktuell, nur konnten wir es anfangs durch hohe Siege gut kaschieren. Mittlerweile hat es sich derart zu einer manifesten Größe herausgebildet und verfestigt, dass wir durchaus von einer astreinen Zielgeraden-Krise sprechen können.

Gegen Hohen Neuendorf bietet sich die letzte Gelegenheit, zu beweisen, dass wir durchaus zu Recht eine Liga höher aufsteigen. Freilich lässt sich die Talsohle dort auch noch mal vertiefen oder erweitern. Ich will den Teufel nicht an die Wand malen, aber wenn wir in Hohen Neuendorf kein gutes Spiel hinlegen, mündet der letzte Spieltag zuhause gegen Neukölln ganz sicher in keine Ehrenrunde.

Die Geschichte geht mir dieses Mal ziemlich unter die Haut, sie saugt viel Kraft, Freude und Wahrnehmung für anderes ab. Zumal sich so viele Spieler so schwer verletzt haben in der Rückrunde. Ich weiß sehr wohl, was es bedeutet, verletzt zu sein. Es ist, als wäre man plötzlich nicht mehr man selbst. Es ist nicht leicht, dies gut auszuhalten. Man fühlt sich beinahe nutzlos und muss sich doppelt motivieren als andere. Und es dauert. Aber dann wird es auch wieder besser!

Unsere Spiele brachten zuletzt wenig Zungenschnalzen, stattdessen bemerkte ich, wie ein inneres Rumpelstilzchen in mir regelmäßig zu toben und sich maßlos über die eigenen Idiotien aufzuregen begann. Wieso hast du in diesem Team nicht rechtzeitiger durchgegriffen, wütete es gegen mich? Aber hätte das etwas gebracht? Gab es eine Alternative?

Es begann im Training und setzte sich in den Spielen fort. Die Verbandsliga, die wir nach all den Jahren und dem großen Corona-Pech nun endlich einmal in der kommenden Saison betreten könnten, kommt für diesen Jahrgang möglicherweise drei Spielzeiten zu spät. Jeder sucht sein Plätzchen. Jeder hat die Hoffnung, sich noch mal zu steigern, noch weiter hinaus zu gelangen, den vagen Sprung ins Höhere zu schaffen. Aber was ist dieses Höhere überhaupt? Hatten wir es nicht schon längst?

Absprünge innerhalb der Saison, auch das ist ein Novum bei uns gewesen. Die Altersklasse ist sicherlich schwierig, die Jungs haben noch keinen Plan vom Leben, entwerfen ihn aber rege, die Vorbilder sind dabei recht unterschiedlich, aber meistens sehr nach vorn oder abseitig orientiert. Der Fußball will auf sehr hohem Niveau praktiziert werden. Selbst stete Trainingsbeteiligung garantiert keine Spielzeit mehr, ist wiederum Voraussetzung, um überhaupt weiterhin dabei sein zu dürfen. Wiederum zeigt sich, dass Schlüsselspieler, wenn sie einmal ausfallen, sehr schwer zu ersetzen sind.

Das hehre Ziel, einen möglichst leistungshomogenen Kader zu bilden, ist uns diese Saison nicht gut gelungen. Die individuelle Förderung blieb auf der Strecke. Das lag auch daran, dass nicht alle mit dem gleichen Eifer und Ernst bei der Sache waren. Aber natürlich auch an schwierigen Randbedingungen.

So viele Wochenendabsagen und langwierige und schwere Verletzungen im Team habe ich noch nicht erlebt, dies, obwohl wir dezidierte Unterstützung im Bereich Athletik angesetzt und größtenteils bekommen haben. Dieses spezielle Training fiel nach der Winterpause einige Male aus, weil die Trainingsbeteiligung als solche unter ein praktikables Niveau fiel – dies nicht nur in den Ferienwochen. An anderen Tagen musste es aus terminlichen oder Spielbetriebsgründen abgesagt werden.

Die Entwicklung, die ich mir davon versprochen hatte, blieb aus. Keiner der Spieler scheint wesentlich spritziger oder in Zweikämpfen stabiler geworden zu sein als zu Beginn der Saison. Wie auch? Einmal in der Woche Kraft und Power zu trimmen, reicht letztlich nicht aus, um sich essentiell zu steigern. Schon gar nicht, wenn man von Natur aus kein Sprinter oder Musterathlet ist. Mit dem Fahrrad an jeder Steigung sprinten, sage ich immer. Ich mache es bis heute so, auch wenn ich die 100 Meter sicher nicht mehr in 11,5 Sekunden hinter mir lasse - allenfalls per pedales, aber nicht mehr per pedes.

Die Spielfreude im Team scheint ebenso gelitten zu haben. Einige geben sich mit dem zufrieden, was sie können, andere meinen, sich nicht weiter anstrengen zu müssen, da sie auf dem Niveau bislang gut durchgekommen sind. Dritte verzweifeln daran, diese anderen immer wieder neu anschieben zu müssen, damit mehr Zug in die Sache kommt, vergessen darüber aber gerne, selber das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht zu haben. Wenn Spielzeit ausbleibt, sackt die Motivation schnell in den Keller. Aber so ergattert man sich natürlich auch keine neuen Spielminuten.

So steht nun ein vergleichbar größerer Umbruch an als in der Vorjahren, zumal es eine spürbare Zahl an Abgängen und Wechselwilligen gibt und die Quote der Perspektivspieler nicht ins Unbegrenzte gesteigert werden kann. Jüngere Talente im Verein drängen nach oben. Das derzeitige Niveau wird schwerlich zu halten sein oder wiederhergestellt werden können. Im übertragenen Sinne werden wir mit Hilfe der großen Clubs genüsslich an den Stadtrand des Qualitätsfußballs gentrifiziert. Eine andere Art Auslandssemester für die, die bleiben.

Die, die es in die 14 Verbandsliga-Teams schaffen werden, wissen hoffentlich, wo sie landen und was das für sie bedeutet: Es wird trainiert und trainiert, es wird gerannt und gerannt, es wird gefordert und gefordert, Woche für Woche und natürlich auch in jeden Ferien. Am Wochenende bekommt man hoffentlich etwas Spielzeit ab. Die wird vornehmlich von jenen Spielern magisch aufgesogen, die die Klasse mitbringen und das Spiel am Laufen halten. Wenn es denn läuft, denn es kann auch gut sein, dass es nicht so gut läuft und es direkt in den Keller geht – mit allen demotivierenden und belastenden Begleiterscheinungen, die dazugehören. Verbandsliga ist nun mal keine Freizeitliga, da treffen Schwergewichte aufeinander.

Die Verhältnisse von Sieg und Niederlage, Spaß und Frustration, können sich komplett umkehren. Die Welt wird plötzlich eine andere sein. Ein Unentschieden wird bejubelt, ein Sieg als Ausnahme gefeiert. Davon sind wir im Augenblick noch weit entfernt. Und unser Teamspirit?

Nun ja, er ist noch da, wenn auch etwas angeknackst!

Einen Zwei-zu-Null-Rückstand gegen eine komplett mauernde und recht ruppig verteidigende Mannschaft aufzuholen, ist schon eine außerordentliche Leistung. Leider nur verspielten wir erneut einen Matchball, um sogar die Tabellenführung zu übernehmen, da die Konkurrenz unter der Woche gepatzt hatte. Aber im Fußball geht es eben nicht nur um Tore erzielen, sondern auch um Tore verhindern - und vor allem um dieses sehr sensible Ding namens Selbstbewusstsein. Auch da waren wir zuletzt nicht mehr durchgängig meisterlich, sondern zeigten durchaus Nerven.

Die unnötigen Gegentreffer begleiten uns schon die ganze Saison, aber dass wir nicht mehr in Führung gehen und Ergebnisse nach oben schrauben können, ist neu. Stattdessen rennen wir neuerdings regelmäßig einem Rückstand hinterher und erkämpfen uns mit letzter Kraft ein Unentschieden. Vielleicht eine späte Quintessenz des Saisonanfangs, bei dem das Leistungsgefälle im Team bereits sichtbar wurde und nur zwischenzeitlich ausgeglichen werden konnte.

Ein bisschen B-Movie, diese gesamte Saison. Aber in diesen Format steckt manchmal mehr Wahrheit als in den erstklassigen, hoch gestylten Produktionen. Wie auch immer, mal schauen, was der Schluss noch zu bieten hat. Drama oder Tragödie?

"Egal, Hauptsache Italien!"

[24. Spieltag / So. 19. Mai 2024]


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2:2 (2:0)
( 1x Levi, 1x Julien )
Kader: Luis, Jaden, Luca, Ege, Julius, Kolja, Bela, Timm, Jonas, Eddie, Julien, Felix, John, Ruben, Niklas, Jamal.




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