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AMA / D2
SAISON 2019 / 2020

Unscheinbarer Dienstag

AMA D1 - AMA D2

3 : 6

Wir wollen das Spiel nicht zu hoch hängen. Eine Mannschaft hat eine andere geschlagen. Ein Testspiel unter zwei Vereinsmannschaften, zwei erste Mannschaften. Beide spielen in der höchsten Berliner Liga ihrer jeweiligen Altersstufe. Es ging um nichts, lediglich um ein spontanes Aufeinandertreffen und ein paar Erfahrungen. Die Art, wie wir auftraten und spielten, erstaunte mich dennoch. Nicht jeder Spieltag, nicht jeder Wettkampf bietet derartig Erstaunliches. Umso erstaunlicher, dass es dieser unscheinbare Dienstagabend tat.

Ich mag die Vorstellung, dass eine Mannschaft etwas Lebendiges ist, nicht nur eine Idee. Eine Mannschaft spielt jedes Wochenende Fußball und zeigt, was sie kann. Sie schießt Tore und kassiert welche. Manchmal spielt sie sogar an zwei Tagen hintereinander. Sie spielt und spielt und immer wieder stellen sich die gleichen Fragen. Wie war die Mannschaft heute? Was geht in ihr vor? Wie ist sie drauf? Wo steht sie? Wie viel Luft hat sie nach oben? Und natürlich: Was wird aus ihr werden? Denn egal, was eine Mannschaft je erreicht oder schon erreicht hat und noch erreichen wird, sie existiert nur solange, wie sie an sich glaubt und sich spürt.

Wie im Leben gibt es auch im Fußball kein beständiges Glück, keine dauerhafte Glückseligkeit. Jeden Tag muss man sich die Zufriedenheit neu erarbeiten. Oft hat man Glück, es gibt aber auch Momente größten Unglücks. Unsere Mannschaft ist im Grunde immer noch dieselbe, die sie am Anfang war, selbst wenn Spieler gegangen und neue Spieler hinzugekommen sind. Natürlich nehme ich als Trainer kontinuierlich Einfluss auf sie, vielleicht sogar stärker, als ich denke. Aber im Grunde begleite und moderiere ich nur einen ganz normalen Entwicklungsprozess mithilfe einiger Spielformen, etwas Motivation und Erfahrung und einer Hand voll Provokationsregeln.

Als Trainer spüre ich manchmal, dass ich die Spieler zu sehr von der Idee der Mannschaft überzeugen möchte. Aber eine Mannschaft kann man eben nicht abstrahieren, sondern man muss sie spüren und fühlen. Deswegen halte ich mich manchmal zurück und beobachte die Spieler, wie sie von sich aus die Mannschaft sein wollen. Ich vertraue ihnen, aber manchmal vergessen sie, wer sie sind und warum wir uns in aller Regelmäßigkeit treffen. Wie bei einem Vexierbild gibt es in einer Mannschaft immer zwei Perspektiven, zwei Bilder der gleichen Sache. Entscheidend ist, zu erkennen, dass jeder Einzelne ohne die Mannschaft nichts ist, eine Mannschaft aber ohne jeden Einzelnen noch viel weniger.

Der Moment, in dem eine Mannschaft sich selbst spürt und erkennt, dass sie eine Mannschaft ist, ist wahrscheinlich der größte und schönste, den sie erleben kann. Dafür ackert sie Training für Training, Woche für Woche, Spiel für Spiel und merkt darüber gar nicht, wie sie genau dadurch zu dieser Mannschaft wird. Ein Spiel zu gewinnen, ist ein Moment des Glücks, das freilich so flüchtig ist wie jedes andere intensive Erlebnis. Die meiste Zeit über geht es um dieses Erreichen dieses besonderen Glücks, gleichwohl das Streben danach wahrscheinlich das eigentliche Glück ist. Zufrieden im Sinne von grenzenlosen Glück kann man ohnehin nicht dauerhaft sein. Solch eine Zufriedenheit stellt sich nur im Rückblick ein. Leider nützt sie einem dann auch nichts mehr, denn nach dem Spiel ist bekanntlich vor dem Spiel.

Lange Rede, kurzer Sinn. An diesem unscheinbaren Dienstag spielten wir einem extrem guten Fußball. Wir dominierten die ein Jahr Älteren der 1.D-Jugend. Jede Mannschaft hat mal einen schlechten Tag, so wie unsere D1 an diesem Dienstagabend. Ihr Saisonstart war mäßig. Zur Sommerpause mussten sie den Abgang eines ihrer wichtigsten Spielers hinnehmen neben einem weiteren Abgang. Eine schwierige Situation, denn nun stehen andere Spieler in der Verantwortung, die sich zuvor vielleicht zu sehr auf ihre Mitspieler verlassen haben.

Den Wechsel eines Talents zu einem größeren Verein kann man nicht verhindern, muss man auch nicht. Man kann nur rechtzeitig beginnen, seine Mannschaft auf solch eine einschneidende Veränderung vorzubereiten. Aber selbst dann braucht es Zeit, bis sich alles neu gefügt hat.

Es gibt selbstverständlich Spieler, die den Unterschied ausmachen. Aus keinem anderen Grund werden sie von den großen Clubs umworben. Aber es gibt auch diesen denkwürdigen Satz eines berühmten Spielers und späteren Trainers, der selber oft genug den Unterschied ausmachte, auch wenn er niemals Weltmeister wurde: "Jeder Nachteil hat seinen Vorteil!"

Das ist es, was eine Mannschaft Spiel für Spiel auf den Punkt muss.

[Testspiel / 20. August 2019]


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3:6 (2:2)
(2x John, 2x Fynn, 1x Levin, 1x ?)
Es spielten: Samy, Albion, Blerton, Feris, Ahyem, Fynn, John, Kolja, Arda, Bela, Noah, Levin, Timo



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