SSC Teutonia U15 - AMA U15
0 : 6
Am Ende teuer erkämpft: dieser erste Erfolg im Pokalwettbewerb. Ein Spieler brach sich das Handgelenk, wurde noch am Folgetag operiert und fällt geraume Zeit aus. Für ihn kein optimaler Start in die Herbstferien, steht doch eine Musikfreizeit mit vier Dutzend Musikfreunden auf einem französischen Chateau an. Statt täglicher Streicheleinheit der Geige nun verträumtes Bekritzeln eines hoffentlich nicht allzu juckenden Gipses. Das Mitleid der Mitreisenden inbegriffen.
„Ist ja schon gut, aber kann mir mal jemand das Entrecôte klein schneiden?“
Verletzungen, ein Thema, das ich gerne auslassen würde, es passt so gar nicht zum Ideal der sportlichen Bewegung. Aber was wären die Dinge des Lebens, wenn sie nicht ihr Gegenteil besäßen? Was jedoch ist das natürliche Gegenteil von Sport? Bewegungslosigkeit? Stubenhocken? Am Beispiel der Verletzung kann man zumindest jenes Kriterium gut ausmachen, an dem sich Sport und Sportart voneinander trennen, es sei denn, man versteht unter Sport nicht notwendig selbst erzeugte Körperbewegung oder Kontrolle von erzeugter Bewegung.
Ich will die Fingerfertigkeit und das Reaktionsvermögen von E-Fifa-Profis nicht klein reden, sie machen eine Menge Kies und begeistern Tausende Bildschirm-Fans. Aber ich würde sie dennoch lieber als „Gamer“ bezeichnen, denn als Sportler. Nicht alles, was man unendlich lang trainieren kann, wird automatisch zum Sport, so jedenfalls meine Meinung. So würde auch niemand auf die Idee kommen, das Gärtnern als Sportart zu bezeichnen, obwohl die Körperbeanspruchung bei der Gartenarbeit überaus intensiv und regelmäßig ist. Erst wenn ein Wettkampf draus wird, taugt es zur olympischen Disziplin. Wie auch immer.
Fakt ist, eine Verletzung ist für einen Sportler so ziemlich das Bitterste, was er durchleben muss. Insofern mögen ein E-Sportler mit Ischias und ein Schachspieler mit Gedächtnisstörung tatsächlich ebenso zu bedauern sein wie ein Langstreckenläufer mit Fußermüdungsbruch. Das, was man am liebsten tut, nicht mehr ausüben zu können, aus welchen Gründen auch immer, wird (nicht nur) im Falle des Sportlers zweifelsfrei zur paradigmatische Lehrstunde in Verlust von Freiheit und Identität.
Das einzige Gute an einer Sportverletzung ist eben diese harte und plötzliche Erfahrung: Du hast keine Wahl, du musst dich mit den Umständen abfinden, es sind jetzt zumindest vorübergehend neue Wege zu entdecken! Zum Glück sind die meisten Verletzungen im Sport nicht so gravierend, als dass sogleich ein Karriereende droht und das Leben komplett neu aufgestellt werden müsste. Aber auch das gibt es. Und so würde ich sagen, es ist - wie so oft - viel leichter, die Existenz eines grausamen Gottes zu beweisen als die eines gütigen.
Betrachten wir es als sportliche Vorsehung, dass wir aufgrund komplexer kadertechnischer Umstände unser Pokalspiel vorverlegen mussten und darüber das Heimspielrecht einbüßten, und gleichzeitig als notwendig, um diese großartige fußballerische Vorstellung darbieten zu können, wenngleich sie uns einen wichtigen Spieler für die nächsten Wochen backstage verbannt. Man muss auch dies sportlich nehmen und wie immer das Beste daraus machen - dies ist ja ohnehin ein Zweck des Sports: Zu lernen, emotional absolut bestürzende Dinge des Lebens nicht überzubewerten und eher gelassen hinzunehmen.
Es geht halt doch immer irgendwie weiter. Oder wie Pressuremaster Kahn schon sagte, geradezu einforderte: "Weiter, immer weiter!" Auf der anderen Seite: Hat man je eine Wahl? Ich zumindest bin der festen Meinung: Sport und Existenz bilden ein ganz besonderes Pärchen. Nicht ganz so das Niveau Taylor & Burton, aber schon nahe dran!
Teutonia machte die Räume eng, verteidigte hoch und ließ uns regelmäßig ins Abseits laufen, entwickelte aber selber nur wenig Druck auf unser Tor. So wurde es erneut eine Geduldspartie, gepaart mit großer Konzentration und Wachsamkeit sowie mit nicht nachlassendem und präzise austariertem Tempo bei der Seitenverlagerung. Ein Team muss lernen, sich auf alle Begebenheiten einzustellen. Steht eine Vierer- oder Fünferkette hoch und kompakt, dann muss eben irgendwann der lange Ball gespielt werden. Auch der benötigt letztlich perfektes Timing und Präzision in allen Belangen. So passte es dann endlich nach einer guten Viertelstunde zum ersten Mal: Wir kamen per klugem Chipball überraschend schnell hinter die Abwehr und stürmten vor zum Eins zu Null. Freilich kam uns die enorme Geschwindigkeit unseres linken Flügelstürmers sehr zugute.
Auch der zweite Treffer vor der Pause war klug, geduldig und konzentriert heraus gespielt. Dieses Mal über die andere, die rechte Seite. Auch hier, wenngleich per flachem Druckpass direkt in den Lauf geschickt, nutzte der Flügelstürmer seine Chance und lochte im höchsten Tempo kompromisslos ein. So bogen wir nach 30 Minuten bereits in Richtung potentielle Siegerstraße ein.
Insbesondere der dritte Treffer, dreizehn Minuten nach dem Seitenwechsel, ließ die Kräfte der Teutonianer rasch schwinden. Sie gaben die Räume nun leichter her, wir kamen besser ins Kombinieren, spielten engagiert weiter und verteidigten hinten souverän, sodass sich viele neue Chancen ergaben und wir das Ergebnis kontinuierlich in die Höhe schrauben konnten. Drei Treffer hintereinander weg: Ein schöner Heber über den Keeper aus siebzehn Metern, ein klug zu Ende gespielter Spielzug über mehrere Stationen, und den Schlusspunkt setze gar ein Innenverteidiger, der - in die Box mitgelaufen - den Ball wuchtig ins Tor der Teutonier knallte. Schade um den schönen geschliffenen Direkt- und Distanzschuss von unserem smarten Zehner, den der Keeper gerade noch so aus dem Winkel kratzen konnte.
Als Vorgeschmack auf die kommenden Wochen war dieses Vorferienspiel genau das richtige. Die nächsten Gegner dürften mindestens genauso schwer zu knacken sein. Dass gute Bezirksligateams durchaus Landesligamannschaften souverän wegputzen können, bewiesen zeitgleich die Mitkonkurrenten aus Buchholz.
Aber jetzt erst mal ab in die Ferien und raus aufs Schloss - zu viel Sport ist ja auch nur bedingt gesund!
[1. Runde Pokal / Mi. 6. Oktober 2021]