FC Viktoria 89 e2 - Ama E2
6 : 2
Im Prinzip standen wir richtig, in der Ausführung haperte es wieder. Um die Mitte zu stärken, hatten wir das System variiert: Doppelsechs und zwei Spitzen anstelle von zwei 3er-Ketten. Wir wollten den Gegner kommen lassen und dann kurz hinter der Mittellinie zupacken. In der Kabine erklärte ich ausführlich das gemeinsame Vorgehen auf dem Platz. Keine zu lange Ansprache, bildliche Darstellung mit Hilfe von Positionsleibchen. Anschließend fragte ich, ob jeder alles verstanden hätte? Kollektives Nicken und Bejahen.
Also raus zum Warmmachen, und gebt euer Bestes!
Die Doppelsechs brauchte etwas Zeit, um sich in der Mitte zu sortieren, während die Doppelspitze gleich beim ersten gegnerischen Abstoß konsequent die Außenverteidiger zudeckte: Ganz weit links und ganz weit rechts, beinahe schon an den Eckfahnen. Zum Haare raufen! Nicht nur die Vorgabe nicht verstanden, sondern die Fehler der letzten Wochen wiederholt, obwohl diese noch viel ausführlicher erklärt wurden. Also rief ich ins Spiel hinein, nur zur Erinnerung: Den Raum in der Mitte besetzen, Außenverteidiger sich selbst überlassen, erst nach dem Anspiel gemeinsam anlaufen! Wenn der Gegner verlagert, gemeinsames Verschieben der Spitzen. Siehe da, es klappte schon etwas besser! Dann wurde vorne zwei mal gewechselt, und die neuen Spieler gingen erst mal wieder ganz weit nach links und ganz weit nach außen rechts.
Kinder sind wie Felssteine, man rollt sie täglich zum Gipfel, doch kaum ist man mit ihnen oben angekommen, purzeln sie voller Enthusiasmus wieder runter: "Toll, das hat Spaß gemacht, noch mal!" Man muss sich das kindliche Kurzzeitgedächtnis als einen glücklichen Zustand vorstellen. Es füllt sich unentwegt mit Neuem, aber freut sich umso mehr, wenn es auf Altbekanntes trifft.
Nach dem Pausentee, bei dem ich wieder in arg enttäuschte Gesichter sah, schmerzverzerrt von vier vermeidbaren Gegentreffern, versuchte ich die Kinder aufzurichten und neu zu motivieren. Ich erinnerte sie an das, was wir uns vorgenommen hatten, und erklärte auch, dass wir uns noch etwas mehr anstrengen müssten, wozu wir durchaus in der Lage seien. Wir müssen es nur wollen! Rechtzeitig eng und nah bei den Gegenspielern stehen, um die langen Sprints und kräftezehrende Rückwärtsbewegungen zu sparen, etwas aufmerksamer im gemeinsamen Spiel sein, die Körperspannung halten und um jeden Ball kämpfen.
Es wurde tatsächlich besser, wir drückten und kamen zu guten Gelegenheiten. Nunmehr hatten alle Spitzen verstanden, was der Auftrag war. Sie setzten ihn gut um. Auch stand die Doppelsechs viel besser im Raum, wir bekamen ein Übergewicht im Mittelfeld. Folgerichtig erzielten wir zwei Treffer. Es sah gut aus, wir wechselten und drückten weiter. Heraus gespielte Chancen, Torschüsse, der Gegner kam kaum noch über die Mittellinie. Mit etwas mehr Glück und Entschlossenheit, hätten wir weitere Treffer markieren können.
Doch dann unterlief uns wieder eine kleine Unachtsamkeit in der Vorwärtsbewegung, ausgerechnet bei einem Einwurf, der nicht beim Mitspieler landete, sondern direkt beim Gegner. Die Mitte war offen, und der gegnerische Angreifer nahm Kurs auf unser Tor. Nach diesem fünften Treffer war die Luft raus.
Wieder kein Aufbäumen, wieder kein Ruck, nur resignierendes Hinnehmen, da es erneut auf der falschen Seite geklingelt hatte. Prompt der sechste Gegentreffer. Es ist immer das gleiche Muster: Ein Gegentor, moralisches Zusammenbrechen, mentale Selbstaufgabe, mit hängenden Schultern in den Schmerz sinken. Dabei ist noch genügend Zeit! Man kann zurückkommen! Man kann aufholen! Sich wehren! Nur nicht aufstecken! Doch die Verunsicherung und die Enttäuschung sind meist zu groß, übermächtig. Und meistens fehlt auch die Kraft.
Die Mannschaft lernt gerade das Verlieren kennen.
Anders gesagt, bislang kannte sie nur zwei Zustände, entweder es lief und sie gewann haushoch, oder es lief nicht und sie verlor ohne Gegenwehr. Sie hat zu selten die Erfahrung gemacht, dass eine Niederlage abgewendet, ein Spiel gedreht werden kann. So, wie sie sich in den Rausch spielt, fällt sie sogleich in Schockstarre, wenn es einmal nicht läuft.
Man kann super verlieren, manchmal sind Verlierer die wahren Gewinner. Man muss nur bis zuletzt alles versuchen, vor allem dann, wenn man sich ein Spiel ganz anders vorgestellt hat. Auf diese Weise werden Spiele sogar gedreht!
Das ist die Aufgabe für den Rest der Saison: Den Glauben an uns selbst zurück gewinnen und nicht immer gleich resignieren.
Ein wenig hat sich dieser Sportsgeist heute schon gezeigt!
[6. Spieltag Rückrunde / 5. Mai 2018]