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AMA / E2
SAISON 2017 / 2018

Zucker Pommes Burger

Cup Siemensstadt

5. Platz

Die Karte mit dem Ergebnisfuchs zog ich schon zu oft. Das spitzfindige Klamüsern von Punkten, Torverhältnissen und Einzelergebnissen lohnt sich nur bedingt, am Ende zählt nur das nackte Ergebnis. Der FC Bayern kann ein Lied davon singen: Zwei dicke Patzer, schon nützt der ganze Aufwand und wunderbare Fußball nichts. Raus sind sie!

Und wir? Am meisten Tore geschossen, am zweitwenigstes Treffer kassiert - trotzdem in der Mitte der Platzierungen gelandet. Wie geht das denn? Man muss nur die dicksten Schnitzer auf seiner Seite haben. Oder man spielt zwischendurch exzellenten Rumpelfußball. Wir bedienten uns beider Mittel, hier und da sogar im Verbund. Mal ratzten wir, mal liefen wir wie die Hühner über den Platz. Vier gute Spiele, vier schlechte, ein durchschnittliches. So landet man im Mittelmaß.

Gute Gründe für einen krassen Leistungsabfall gibt es immer. Erschöpfungen, sowohl körperliche, als auch mentale, spielen eine wesentliche Rolle. Wenn ich nicht fit bin, kann ich auch keine Leistung bringen. Warum bin ich nicht fit? Entweder habe ich zu viel oder zu wenig trainiert oder ich habe mich anderweitig zu heftig oder zu wenig ausgetobt. Bei Kindern gibt es keine eindeutigen Gründe, sie verhalten sich wie Grashalme im Wind.

Ein Kind könnte sicher jeden Tag trainieren, es hätte keine Probleme damit. Nur Eltern haben ein Problem damit. Nun gut, wenn ein Kind im Training überfordert oder mit einförmigen Übungen zu Tode gelangweilt wird, vergeht auch dem Kind die Lust. Wenn Kinder die Wahl haben zwischen Pommes und Brokkoli, wählen sie Pommes. Ich will das nicht beschwören, aber Kinder kennen die herrlichsten und kürzesten Wege ins Land der Seligkeit. Leider ändern sie ihre Marschroute ständig. Mit anderen Worten, Kinder sind herrlich unbeständig.

Charakterlich entwickeln sie dagegen schon sehr früh unglaublich stramme Verhaltensweisen. Ich würde nicht so weit gehen, zu behaupten, sie seien unbelehrbar. Aber sie sind auch nicht unbedingt vorne weg, wenn es darum geht, fragwürdige Gewohnheiten abzustellen oder durch andere, positivere zu ersetzen. Da nehmen sich Kinder und Erwachsene nichts. Erwachsene können die reinsten Dickschädel sein.

Kindern etwas Komplexes beizubringen, ist nicht leicht. Man muss ihnen alles in kleinen Häppchen servieren und in verständliche Bilder packen, dann kichern sie und sind hellauf begeistert, selbst wenn sie zunächst gar nichts kapieren. Erwachsene wiederum interpretieren alles, was sie sehen und hören - schnell und bis weit über die Grenzen des Möglichen und Tatsächlichen hinaus. Erwachsene sind Allesaufspürer, Allesversteher, Alleswisser.

Geduld zu haben, ist eine Trainertugend. Aber irgendwann gehen auch einem Trainer die Tugenden aus. (Kein Wunder bei dem Gehalt!) Zu regenerieren oder sich eine lustige Geschichte zu erzählen, damit die Kraft für den wöchentlichen Lernprozess der Kinder zurückkehrt, hilft.

Das Spiel nach dem Spiel also.

Ich weiß nicht, wie oft ich jedem Kind schon dieses oder jenes gesagt und aufgezeigt habe, um sein Spiel in den Grundlagen und in den Details zu verbessern. In den meisten Fällen hat es so viel genützt wie der elterliche Vorschlag, mal Brokkoli statt Pommes zu essen.

Ich mag Brokkoli auch nicht, aber wenn er aufgetischt wird, esse ich ihn.

Wie kann man das individuelle Spielverhalten von Kindern verbessern? Es gibt zum Beispiel Provokationsregeln für das Trainingsspiel. Hier eine Beschränkung, dort eine Erweiterung des freien Spiels, schon entwickelt sich ein individuelles Spielverhalten in die gewünschte Richtung. Zunächst ist es nur ein Spross, dann wird daraus ein Pflänzchen, und wenn man es immer brav gießt, hat man bald ein gesundes Bio-Gemüse auf dem Platz. Leider muss man bei dem einen oder anderen Gewächs eine Menge Kunstdünger mit dazu geben, weil es sich an manchen Pflegeterminen nicht blicken lässt. Aber egal, dann wird daraus eben kein Bio-Gemüse, sondern eine landwirtschaftlich konventionelle Frucht.

Eine andere Methode des Verbesserns ist die Schule der Motivation. Nimm ein Kind und injiziere ihm eine ausgewogene Ladung Mut und Selbstbewusstsein. Nicht bedingungslos über den grünen Klee loben, nur so weit, dass es noch gut atmen kann. Sage ihm regelmäßig, dass es Fortschritte macht. Denke dir deinen progressiven Teil dazu. Wenn das Kind einen guten Tag erwischt, wächst es über sich hinaus. Erwischt es einen nicht so guten, gib ihm trotzdem neuen Zucker.

Motivation ist wichtig und hilft, um kurz- und mittelfristige Effekte zu erzielen. Aber sind diese Effekte auch nachhaltig? Es kommt auf die Einsicht an! Wenn ein Kind tatsächlich eine Sache begriffen hat, kann man es über die Motivation immer wieder auf ein höheres Niveau bringen, selbst wenn es das Gelernte zwischenzeitig vergessen hat. Ich lobe immer, wenn ich Gutes sehe! Aber ich korrigiere und kritisiere auch, wenn ich Fehlerhaftes sehe.

Verbesserungsvorschläge anzunehmen, fällt den Kindern nicht leicht. Erwachsenen übrigens auch nicht, denn natürlich will jeder gelobt werden. Einige Kinder nehmen Ratschläge an, sie nicken, bejahen, setzen sie aber in keiner Weise um. Andere wehren sich mit Händen und Füßen gegen alles, was man sagt. Schuld sind immer die anderen. Dritte zeigen gar keine Regung. Vierte mixen sich aus allem etwas zusammen. Es ist hoch interessant zu beobachten, wer wie reagiert. Manchmal erkennt man die Eltern in den Kindern wieder. Wesentlicher ist natürlich die Frage, ob auch Kritik ein Verhalten positiv verändern kann. Oder wirkt sie kontraproduktiv?

Es kommt auf den Spielertypen, es kommt auf den Menschen an.

Kritik macht sicherlich nicht dick oder süchtig, sie schmeckt auf Dauer nur etwas fad. Man muss ihr zugute halten, dass sie ehrlich ist. Anders als eine überbordende, unkritische Motivation, die die reinste Heuchlerin ist, ist die Kritik reich an Ballaststoffen, die die Verdauung anregen. Trotzdem sind die süßen und bösen Speisen natürlich die interessanteren, weil sie so unergründlich sinnlich sind und immer gut schmecken. Es muss an der hinterhältigen Mischung aus Zucker und Fett liegen, dass wir alle auf sie hereinfallen. Wohin das Zünglein an der Waage letztlich ausschlägt, liegt am Kind selbst. Die einen lernen prima durch Lob, die anderen sehen darin nur leckere Pommes.

Versucht ein Kind, einen Verbesserungsvorschlag umzusetzen, bekommt es von mir sehr viel Lob. Macht es die gleichen Fehler trotz Motivation und Verbesserungsvorschläge über einen großen Zeitraum immer wieder, tische ich ihm Brokkoli auf. Der schmeckt zwar nicht, ist aber auch nicht ungesund. Als Trainer muss ich mich vielen Spielern zuwenden, daher setze ich jeden mal auf Wasser und Brot. An einfachen Speisen mangelt es wohl nicht. Am Ende dürften weder Pommes, noch Brokkoli den Speiseplan dominieren.

Auf jeden Fall gibt es bei uns immer was zu essen.

[Cup Siemensstadt / 1. Mai 2018]


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5. Platz
Es spielten: Samy, Albion, Blerton, Fynn, Kolja, Timo, John, Ion, Ruben, Can, Noah

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