SF Charlottenburg-Wilmersdorf 03 U15 - AMA U15
3 : 4
Für die Rückkehrer aus den alpinen Skigebieten musste der Spielort zwischen südwestlichem Autobahnrauschen und allgegenwärtiger Wintertrostlosigkeit eher eine unwirtliche Sache gewesen sein, wenngleich der Kunstrasen, wie ich fand, ein sehr feines Geläuf war: weich, federnd, saftig grün, mit gut lesbaren Linien und reichlich losem Kleinholz des letzten Orkans, der über die Stadt hinweg gefegt war. Ob die berüchtigte Wilmersdorfer Rheingauperle in der Kurve des benachbarten Stadions dabei Schaden genommen hat, kann ich nicht sagen. Dass es sie überhaupt gibt, war mir ohnehin bis dato nicht bewusst.
Nur eines hätte diesen Ort tatsächlich in eine wahrhaftige Trostlosigkeit verzaubern können, eine Niederlage. Da sie ausblieb und wir vielmehr bewiesen, uns sehr gut auf jederlei Verhältnisse einstellen oder von ihnen frei machen zu können (wie man`s nimmt), konnte ich sogar dem anschließend einsetzenden Dauerregen einiges abgewinnen. Mit beflügelndem Wind und Erfolg im Rücken schnurrte ich auf dem Rad im Nu nach Hause und kochte mir daraufhin Wärmflasche für Wärmflasche, später gönnte ich mir Carlitos Way, völlig perplex darüber, wie schnell die letzten 28 Jahre dahin gesaust waren.
Ich denke, die Sportfreunde aus Charlottenburg waren nicht ganz so zufrieden mit dem Spiel und vor allem nicht mit der Leistung des Schiedsrichters, die ich wiederum in keinster Weise als schlecht empfand. Im Gegenteil, die Form der Spielleitung war von Anfang an gut lesbar, und man hätte sie einfach nur für sich adaptieren müssen. Dies gelang uns besser als den Sportfreunden, die immer wieder mit den Entscheidungen haderten, von denen ich wiederum behaupten möchte, sie wären absolut vertretbar gewesen und nahmen dem Spiel rechtzeitig jegliches Potential zur überharten Gangart - eine Sache, die dem Jugendfußball im Grunde immer gut tut. Wenn ein Spieler einen anderen Spieler mit der Schulter anrempelt oder mit den Händen schubst, ohne dabei nur den Versuch zu unternehmen, an den Ball zu kommen, so ist dies nun mal eher ein Foul als ein legitimer Körpereinsatz. Es gibt ja andere Wege, an den Ball zu kommen!
Aber um das klarzustellen, wir selber profitierten nicht durchgehend von der klaren Linie, handelten uns sogar vielmehr selbst einen Gegentreffer ein, als einer unser Spieler in gewohnt robuster Manier an der Strafraumgrenze mit der Schulter agierte und einen völlig überflüssigen Freistoß provozierte, der dann zum Gegentreffer führte. Insgesamt aber, würde ich sagen, passten wir uns dem Stil des Schiedsrichters besser an, beziehungsweise hatten weit mehr körperlich unterlegene, aber spielerisch durchaus versierte Spieler auf dem Feld, und ließen uns durch keine Entscheidung aus der Ruhe bringen. Reibst du dich am Schiri auf, verlierst du die Konzentration aufs eigene Spiel und damit meist das Match als solches. Ist wie im Leben, da läuft auch nicht immer alles glatt. Kann man heulen oder schreien, wie man will, nützt alles nix!
Die Sportfreunde liefen uns dynamisch an und provozierten dadurch Fehler im Spielaufbau, zwei Treffer konnten sie auf diese Weise einheimsen. Wir waren nicht klug oder abgekocht genug, diese forsche Gangart durch schnelles Kombinieren (oder lange Eröffnungsbälle) ins Leere laufen zu lassen. Dennoch gelang es uns immer wieder, uns in ihrer Hälfte festzusetzen und das Spiel zu bestimmen. Die zwei Treffer kurz hintereinander in der Mitte der ersten Hälfte waren eine logische Folge dieses spielerischen Übergewichts, sie verschafften uns zudem eine sehr gute Ausgangslage, die wir eigentlich nur solide hätten verwalten und ausbauen müssen. Stattdessen brachte uns ein mentaler Aussetzer in der Abwehr leichtfertig den Anschlusstreffer ein, der den Gegner wiederum stärker machte, als er vielleicht war.
Nach der Pause agierten wir zunächst wieder konzentrierter, doch dann fiel wie aus dem Nichts der ärgerliche Ausgleichstreffer durch den Freistoß von der Strafraumgrenze aus spitzem Winkel. Auch dieser Treffer, eine Kopie des Tebe-Tores im Pokal, wäre leicht vermeidbar gewesen, wieder mal ein großzügiges Geschenk. Gleichwohl war ich mir sicher, dass das Spiel nicht kippen würde, auch wenn die Sportfreunde nun vehement auf unser Tor drückten.
Wir hielten dem Druck stand und einige Minuten später legten wir erneut auf und konnten sogar kurz darauf zum Vier zu Zwei erhöhen. Die Sportfreunde ärgerten sich insbesondere über den dritten Treffer, dem ein nicht gegebener Einwurf voraus gegangen war. Nur hatten sie selber munter weitergespielt, dann aber in der Vorwärtsbewegung den Ball verloren, wodurch ein schneller Spielzug unsererseits zum Treffer führte. Alles nachträgliche Intervenieren beim Schiedsrichter half freilich nichts, sondern ließ uns nur unnötig lange im leicht einsetzenden Regen stehen. Man kann nicht erst einen Vorteil nehmen, dann aber, wenn`s schief läuft, wieder zur Ausgangslage zurückkehren wollen.
Insbesondere im Mittelfeld standen und verteidigten wir sehr gut und eroberten viele Bälle. Beherzt und kollektiv störten wir den Gegner beim Aufbauspiel, so dass ihm selten ein Kombinationsspiel bis tief in unsere Hälfte gelang. Da beide Teams die Räume eng hielten und um jeden Ball kämpften, kam es immer wieder zu chaotisch anmutendem Szenen um den Mittelkreis herum mit wenig Spielfluss oder klaren Pässen, wenngleich wir den Ball insgesamt doch etwas geschmeidiger laufen ließen und bemüht waren, uns bis zum Tor durch zu kombinieren. Eine erneut nicht gut gelöste Eröffnung nach einem Torabstoß brachte die Sportfreunde noch einmal heran, irgendwie spielten wir Katz und Maus mit uns selbst. Am Ende konnten wir den knappen Vorsprung gut über die Zeit bringen.
Zerknirscht wirkten die Sportfreunde beim Handshake nicht, sie nahmen die Niederlage, wie ich fand, sportlich. Der Schiedsrichter brachte die Partie mit einem finalen Satz auf den Punkt: Für ein Test- und Freundschaftsspiel sei dies eine sehr leidenschaftlich geführte Partie gewesen.
[Freundschaftsspiel / So. 6. Februar 2022]