Nordberliner SC U15 - AMA U15
0 : 1
Meist plagen uns in den entscheidenden Matches personelle Sorgen. Für dieses vorentscheidende Spiel um den sonnigsten Platz in der Tabelle drohten neben zwei Dauerverletzten gleich 3 wichtige Spieler auszufallen. Zwei von ihnen gingen angeschlagen ins Spiel – im Grunde in einem gesundheitlichen Zustand, der auch als Begründung für einen zehnstündigen Serienkonsum mitten am Tag ausgereicht hätte. Besser noch: Sie wurden ob ihres unglaublichen Einsatzes und ihrer Leistung für das Team, aber vor allem wegen eines genialen gemeinsamen Moments zum umjubelten Matchwinner-Paar.
In solchen Topspielen, bei dem es um ein Aufeinandertreffen der besten Offensive gegen die beste Defensive der Liga geht, darf sich keines der Teams einen Fehler erlauben. Torchancen sind nicht im Überfluss zu erwarten. Die wenigen, die man sich erarbeitet, muss man eiskalt nutzen. Genau das taten die beiden Angeschlagenen in Koproduktion. Einer von ihnen war erst nach 20 Minuten ins Spiel gekommen, wurde aber perfekt bedient vom anderen, der den Ball geschickt durch die Kette steckte und dem Lauerndem in den Lauf schob. Die Lücke tat sich nur diesen einen winzigen Moment auf, zuvor hatten die Nordberliner die Räume bestens verrammelt.
Ihr Kalkül war es, mit allem zu verteidigen, was sie haben, um sich so lange wir möglich die Chancen auf einen Lucky Punch zu erhalten. Im Hinspiel war es ihnen geglückt. Kurz vor Ende des Spiels glichen sie mit ihrem einzigen Torschuss in der zweiten Hälfte den Rückstand aus. Dieses Mal verteidigten sie von Spielbeginn an noch engagierter, ließen kaum eine Chance zu und wollten auch nach vorne mit dabei sein. Wir kamen nicht wirklich überzeugend in ihre Box, liefen und spielten uns spätestens an der Strafraumgrenze fest. Die Partie war ausgeglichen, auch wenn wir gefühlt mehr Zeit in ihrer Hälfte verbrachten. Drei Mal kamen sie sehr gefährlich vor unser Tor, und wir mussten alles aufbieten, um es zu verteidigen.
Aber dann dieser eine Moment kurz vor der Pause: Dieser kurze geniale Steckpass ohne Ankündigung, superflach und perfekt dosiert, ab durch die Mitte. Unser Stürmer löst sich im richtigen Augenblick, kein Abseits, er nahm den Ball perfekt mit, zwei schnelle Dribbel-Kontakte, dann schob er den Ball am herausstürmenden Keeper vorbei ins Eck, trocken und hart - das alles erlösende erste Tor! Aber noch eineinhalb Minuten bis zum Pausenpfiff zu spielen, wie gern geht in solch einer Situation plötzlich etwas schief?
Dieses Mal nicht, wir nahmen die Führung mit in die Kabine. Im Grunde so wie im Hinspiel, auch da führten wir ja Eins zu Null. Die Ansprache zielte genau auf diesen Punkt. Wir wollten nicht wieder ins offene Messer laufen, ein Tor Vorsprung würde uns reichen, um zu gewinnen. Es ginge vorrangig um die 3 Punkte, die wären entscheidend. Freilich darf man sich nicht nur auf seine Offensivkünste verlassen, das macht es jedem Gegner leicht, einen Konter zu setzen. Man muss hier und da einen mächtigen Riegel im Feld aufstellen. Und zugleich muss man auf den zweiten Treffer schielen und sollte den Druck im Mittelfeld sehr hoch halten. Es geht um Spielkontrolle, um selbst auf den Lucky Punch zu spekulieren.
Fast hätten wir es geschafft, einmal kamen wir noch perfekt durch, auch da durch einen genialen Geistesblitz: Ein schnell ausgeführter Freistoß im Zentrum, der den ungeordneten Gegner überspielte, schon waren wir auf dem Flügel durch, brachten den Ball scharf in die Box, wo ein mitgelaufener Spieler den Ball traf, aber leider in Rückenlage, so dass das Spielgerät über die Latte sauste.
So wurde es zum Ende hin noch einmal richtig spannend, jede Minute der Nachspielzeit erzeugte auf geheimnisvolle Weise eine neue. Der Druck steigerte sich immer höher hinaus. Die Nordberliner pressten wie nie zuvor, zum Eckstoß eilte der Keeper mit in unsere Box. Dann ergatterten sie sogar einen Freistoß - zwanzig Meter von unserem Tor entfernt. Wir stellten die Mauer, der Schuss ging übers Tor, doch der Schiri ließ den Freistoß wiederholen, gab einem unserer Spieler aus der Mauer sogar die gelbe Karte. Ein sehr heikler Moment, der angesichts einer anderen Szene aus der ersten Halbzeit, bei dem einer unser Spieler brutal von hinten umgestoßen wurde und verletzt vom Feld musste, ohne das für dieses rüde Foul eine Verwarnung gegeben worden war, in heftigen Unmut hätte kippen können.
Zweiter Anlauf, zweiter Schuss - aber auch der fand glücklicherweise keinen Weg in unser Gehäuse. So blieb es schließlich bei dem knappen Vorsprung und wir gewannen die Partie. Die beste Offensive setzte sich gegen die beste Defensive der Liga durch, dieses Mal vor allem deshalb, weil sie selbst hinten die Null hielt. In Anspielung auf ein anderes schuhtechnisches Kuriosum am Rande kann man sagen: Wir hatten das bessere Klebeband auf unser Seite, einen absolut grandiosen und zahlreich erschienenen Anhang sowieso!
Als ich den Schiri nach dem Spiel auf den wiederholten Freistoß ansprach und den Grund für die gelbe Karte erfragte, war die knappe Antwort: „Unsportlichkeit! Wegen zu frühen Bewegens aus der Mauer“. Meine Verwunderung darüber, dass im Spielbericht das rüde Foul gegen einen unserer Spieler tatsächlich ungeahndet geblieben war, rückte die Verhältnisse nicht unbedingt gerade. Seltsam, wie manch ein Unparteilicher „Unsportlichkeit“ definiert.
Große Fairness und echte Geste des gegnerischen Kollegen, der selbst in dem schweren Moment der Niederlage eingestand, dass unser Sieg in der Summe aller Begegnungen der letzten neun Monaten nunmehr durchaus berechtigt gewesen wäre.
[17. Spieltag / Sa. 4. März 2023]