AMA U15 - SV Askania Coepenick U15
3 : 0
Jede Wahrnehmung als solche ist eine Verspätung, wir erleben die Welt durchgehend im Zustand der Verzögerung. Meist dauern Ereignisse nur extrem kurz an, aber bis sie vollständig begriffen sind, vergehen schon mal ein paar Jahre. Eine einzige falsche Bewegung kann das Leben gewaltig verändern. Sportler begeben sich permanent in Gefahr. Aber deshalb auf den Sport zu verzichten, wäre ähnlich idiotisch, wie prophylaktisch nicht mehr aus dem Haus zu gehen, weil einem ein Dachziegel auf den Kopf fallen oder man vom Auto überfahren werden könnte.
Eine Schreckmoment dennoch für alle an diesem Samstagvormittag auf dem Zülle, als einer unserer Spieler zehn Minuten vor Spielende verletzt am Boden liegen blieb. Nur für die rustikalen Männer von der Feuerwehr nicht, die in unbestechlicher Routine den Verletzten fünfzehn Minuten später erst checkten und dann recht progressiv vom Platz begleiteten, um ihn im Rettungswagen weiter zu versorgen und schließlich ins Krankenhaus zu transportieren.
Eine einzige Stunde später, unser Spiel war bereits offiziell gewertet, sah ich an gleicher Stelle einen weiteren Spieler von uns in der B-Jugend aushelfen und 3 sehenswerte Treffer erzielen. Einen lupenreinen Hattrick, bei dem der erste Treffer und der dritte nahezu identisch waren, alle innerhalb einer einzigen Viertelstunde erzielt. Wem immer er die Tore widmete, zur selben Zeit befand sich sein bester Team-Kumpel noch im Krankenhaus, um sich die in unserem Spiel zuvor ausgekugelte Schulter behandeln zu lassen.
Was dem einen die rasanteste Viertelstunde seines Torjägerlebens auf der rechten Außenbahn, war dem anderen sicher die längste Viertelstunde seiner bisherigen Fußballer-Karriere, rücklings im prallen Frühlingslicht auf dem Rasen liegend, exakt am gleichen Ort, kaum eine Stunde läppischer Zeitunterschied zwischen den Ereignissen, unter starken Schmerzen und sicherlich im Schock. Ein dritter Spieler von uns bekam von all dem rein gar nichts mit, da ihn meine schriftliche Einladung zum Spiel am Abend zuvor nicht erreicht hatte und er davon ausging, dass nichts stattfände. Derart bunt ist manchmal das Kaleidoskop der parallelen Wirklichkeiten an einem simplen Kreuzberger Vormittag.
Die Coepenicker machten uns das Leben von Anfang an schwer, sie ließen uns kommen, stressten uns dann aber extrem hartnäckig und geschwind im Aufbauspiel, stibitzten sich hier und da den Ball und schalteten temporeich auf Konter um. Ihre Spitzen lauerten sehr geschickt im kurzen Schatten des Mittellinienraums und schossen bei Verlagerungspässen blitzschnell wie die Eidechsen hervor, um uns die Bälle abzujagen. Zweimal innerhalb der Partie kamen sie auf diese Weise gefährlich auf unser Tor zu, sechs Mal generell durch unsere Abwehrkette, und es war nur unserem Keeper zu verdanken, dass er mit großartigen Reflexen die Torschüsse parierte.
Nach vorne fehlte uns deutlich die Durchschlagskraft. Zwar dominierten wir das Spiel, standen viel in der gegnerischen Hälfte, aber ohne zwingend in die Box oder zum Abschluss zu kommen. Erst nach einer Viertelstunde ging der erste Ball aufs Tor. Noch einmal fünfzehn Minuten später fand er zu unserem Glück zum ersten Mal ins Tor hinein. Schon in dieser Szene, dem eine gute Kombination über die rechte Seite voraus gegangen war, riskierte der Torschütze viel und brachte sich körperlich schonungslos in den Angriff ein, ohne Rücksicht auf eine mögliche Verletzung. Dass es ihn später bei einem unscheinbaren Dribbling ohne direkte Einwirkung des Gegners traf, bei dem er schlichtweg am Ball hängen blieb und unglücklich auf die Schulter stürzte, war daher ziemlich tragisch.
Wir hatten nach der Pause das Tempo angezogen und versucht, die Bälle aus den Halbpositionen schneller und kompromissloser in den Strafraum zu expedieren, um ihnen dort mit hohem Druck nachzugehen. Das Rezept ging letztlich auf, wenngleich die Coepenicker über die ganze Spieldauer sehr gut mithielten und immer gefährlich in Lauerstellung blieben. Unserem zweiter Treffer hing zudem etwas Unklares an, denn unser zentraler Stürmer hatte zunächst beim Pass im Abseits gestanden, sich dann aber den Ball beim Abwehrspieler zurückgeholt und war rustikal aufs Tor gestürmt.
Gleichwohl brachte sein zweiter Treffer zehn Minuten später eine saubere und gefühlvolle Offensivkombination zum einwandfreien Abschluss. Nach diesem dritten Treffer schien das Spiel entschieden, aber noch nicht an seinem Ende angekommen zu sein. In den letzten zehn Minuten hätte sicher auf beiden Seiten noch ein Tor fallen können, es lag eine gute Spannung im Spiel, doch beendete der Schiedsrichter die Partie wegen der Verletzung sehr umsichtig vorzeitig, ohne an der Wertung zu rühren.
Ein besonderer Dank gilt auch dem Gästetrainer, der spontan und sehr kompetent den Verletzten sogleich betreute und half, dass das Spiel von allen als ein faires Aufeinandertreffen zweier sehr gut eingestellter Teams offiziell beendet werden konnte. Kompliment an alle, die einen kühlen Kopf behielten und mit den ungewöhnlichen Ereignissen und Umständen sehr solvent und ruhig umgingen.
Dem Verletzten freilich allerbeste Genesung und ein baldiges Comeback!
[19. Spieltag / Sa. 20. März 2022]