BFC Südring F1 - AMA f1
1 : 4
Das kommt auch nicht alle Tage vor: Erst gewinnen und dann im Anschluss eine kleine Kabinen-Standpauke kassieren! Einige Spieler schauten sichtlich irritiert in die Runde, dabei betraf die Kritik nicht nur bestimmte einzelne Spielsituationen, sondern einen gewissen allgemeinen Hang zur Leichtfertigkeit.
Manchmal ist es nötig, den Spirit eines Spiels direkt im Anschluss zu benennen, bevor er sich verflüchtigt oder gar in Wohlgefallen aufzulösen anschickt. Um es frei heraus zu sagen, wir haben zwar gewonnen, aber nicht überzeugend gespielt. Wären wir auf einen stärkeren Gegner getroffen, hätte er viele unserer Fehler schonungslos ausgenützt und uns heftig vom Platz gefegt.
Fehler, die dezidierte Aufgaben auf ausgewiesenen Positionen betreffen, die zum Teil leichtfertig vernachlässigt wurden, wodurch wir mehrmals in Bredouille gerieten. Aber auch allgemeine Aufgaben, die für einen Torhüter genauso gelten wie für einen Mittelfeldspieler. Zur Erinnerung - erste Aufgabe: Volle Konzentration vor und während des Spiels. Zweite Aufgabe: In jeder Situation sein Allerbestes für die Mannschaft geben. Dritte Aufgabe: Stets klug agieren und besonnen reagieren. Vierte Aufgabe: Niemals aufgeben!
Nun war uns Trainern bereits vor dem Spiel klar, dass wir nicht unbedingt mit der schlagkräftigsten Auswahl antreten würden, sondern mit einer Mannschaft, in der auch Spieler zum Zuge kommen sollen, die nicht immer in der ersten Reihe stehen und im Vergleich zu anderen noch etwas an Technik oder an Kraft oder an Schnelligkeit oder allgemein an Spielverständnis dazuzulernen haben. Sagen wir also ruhig, wir traten mit einer B-Mannschaft an, die wir individuell verstärkten, um zu sehen, wie sich dieses Team in der Praxis schlagen würde. Wir sind nun um einige Erkenntnisse reicher.
Klar, es geht um Kinder, die in den meisten Fällen erst seit zwei Jahren lesen und rechnen können und für die der Fußball am liebsten noch aus schlichtem Bolzen aufs Tor oder einem freien Trainingsspiel auf große Tore besteht. Aber wenn sie schon im vierstelligen Zahlenraum rechnen und alleine über die Straße gehen können, dann können sie auch durchaus langsam begreifen und umzusetzen lernen, was ihnen während des Trainings gezeigt und vor den Spielen gesagt wird. Dies ließ heute ein wenig zu wünschen übrig, und deshalb gab es zurecht im Anschluss an das Spiel einen kleinen Wachrüttler! Denn der Fußball beginnt im Kopf und fällt erst dann auf die Füße. Aber Kopf hoch, Kritik gehört zum Fußball wie zum Leben!
Wir verfügen über einen außergewöhnlich guten Kader, aber es zeichnet sich auch ein enormes Leistungsgefälle innerhalb der Mannschaft ab. Es gibt Spieler, die vielleicht in einer anderen, weniger leistungsstarken Spielklasse besser aufgehoben wären, weil sie dort mehr Ruhe und Zeit hätten, sich selbstbewusst zu entwickeln. Bei uns herrscht bereits jetzt ein gewisser Leistungs- und Konkurrenzdruck, nicht nur durch die hohe Zahl der Spieler bedingt. Wenn man Woche für Woche in einer der höchsten Spielklassen Berlins als Gewinner vom Platz geht, kommt man nicht umhin festzustellen, im leistungsorientierten Fußball angekommen zu sein. Ob man will oder nicht, wir müssen respektieren, dass das Gros der Mannschaft ein großes Potential hat und dem entsprechend gefördert werden will.
Der interne Leistungsdruck entsteht in dem Moment, in dem sich ein Stamm von 7-10 Spielern herausbildet, der relativ homogen und ähnlich spielstark veranlagt ist. Andere Spieler geraten dadurch ins Hintertreffen. Wir integrieren sie nach besten Wissen und Gewissen, können aber auch keine Wunder vollbringen. Sie werden weiterhin ihre Extraportion Entwicklung benötigen und von uns im Training gefördert und beobachtet werden. Das heißt, es liegt auch an ihnen selbst, sich den Anforderungen zu stellen und sich im Training und bei den Übungen immer wieder zu zeigen.
Das Rückgrat der Mannschaft bilden andere, die je nach Gegner und Spielstärke des Gegners erhebliche Aufgaben zu erfüllen haben. Eine besteht darin, der Mannschaft so viel Stablität zu geben, so dass 1-2 spielschwächere Spieler neben ihnen Raum zur Entwicklung bekommen. Wir verteilen Verantwortung nach Schulterstärke, das bedeutet nicht, dass der eine oder andere am Ende der Halbsaison weniger Chancen oder Spielzeit abbekommen hat. Treffen wir auf schwächere Gegner, kommen auch die weniger stärkeren Spieler bevorzugt zum Einsatz.
Wer allerdings nur mit absoluten Zahlen rechnet, wird am Ende ein abweichendes Ergebnis erhalten. Aber nochmal zum allgemeinen Verständnis: Ein Spiel dauert 40 Minuten, es kommen 9 Spieler zum Einsatz. Ein Training dauert 90 Minuten, es kommen alle Spieler zum Einsatz, zwei Mal in der Woche. Das sind die einzigen absoluten Zahlen, die ich über die relativen der individuellen Spielzeit stelle. Das Training ist der Ort, an dem Fußball gelernt wird. Das Spiel ist die Kür, dort wird das Gelernte gezeigt!
Man kann darüber streiten, ob die Philosophie des starken Rückgrats sinnvoll ist, ob es Sinn macht, so zu denken und zu handeln, wir wir denken und handeln. Aber innerhalb des Trainerstabs herrscht darüber Konsens.
[7. SPIELTAG / SONNTAG, 20. NOVEMBER 2016]