SC Charlottenburg U15 - AMA U15
0 : 8
Wir nähern uns der Zielgeraden, sind im vollen Tempo auf unserem Weg aus der Kurve heraus, da kann einem der Wind schon noch mal heftig entgegen schlagen. Gegenwind war auch das Thema vor dem Spiel, am Rande, im Wartemodus auf acht von der BVG in die Irre geführter Spieler, zwischen mir und einem unserer treuesten Fans.
Es ging um das Radeln über einsame Landstraßen und diesen speziellen stumpf-blöden Windwiderstand, den man insbesondere an der Küste immer hat, egal in welche Richtung man fährt. Wie dann diese großartige Wut in einem aufkommt, wenn der elende Gegenwind jeden Tritt in die Pedale zur Qual werden lässt und man ihm das irrwitzigerweise ziemlich persönlich nimmt. Man will ja lediglich vorankommen, die Strecke hinter sich lassen, ins Ziel kommen, aber der bescheuerte Wind schlägt einem immer wieder ins Gesicht, boxt einem vor die Brust, da kann man schon mal richtig sauer werden und den Wind übelst beschimpfen, den verfluchten!
Seltsamerweise stand an diesem späten Vormittag die Sonne perfekt hoch und frei von allem Wolkengerümpel lächelnd am Himmel, stichelte blank und golden herunter auf die Sportplätze der weitläufigen Anlage im Kühler Weg mit ihren knisternden und knackenden Kiefern in der Sichtweite, das Heimspiel der Charlottenburg war eben dorthin verlegt worden. Es fühlte sich angenehm warm und seidig an in der Sonne, aber auch frisch an der Luft, denn irgendwie will die Wärme dieses Jahr noch nicht so recht aufkommen und wird wohl demnächst eher als breite Hitzewelle ins Land donnern.
Die letzten vier Spieler betraten zehn Minuten vor Anpfiff den Platz, der Kader ohnehin hauchdünn mit einem Auswechselspieler, so dass das Warm-Up entsprechend knapp und unvollständig ausfiel. Aber gegen den Tabellenvorletzten ließ sich das ganz gut verkraften, und kaum war das Spiel angepfiffen, da ergatterten wir uns auch schon einen Freistoß an der Strafraumgrenze, bei dem wir den Ball ohne großes Tamtam einfach ins freie Eck schoben. Die Charlottenburger hatten die Torwartseite wie eine Garage freimütig offen stehen gelassen. Eins zu Null nach 90 Sekunden, das Spiel ließ sich gut an.
Es dauerte jedoch zähe zwanzig Minuten, bis der zweite Treffer fiel. Irgendwie wuselten die Charlottenburger ständig um uns herum, kreisten uns ein, wimmelten nervig und unorthodox auf unserem Weg herum - wir wiederum spielten viel zu klein-klein, vergaßen es, die Räume besser aufzuziehen und mit höherem Tempo und größerer Präzision in die Tiefe vorzustoßen. So war es von unserer Seite insgesamt eher eine Suche nach der besten und wirksamsten Formation, als wirklich ein griffiges Spiel auf dem Platz. Die paar Positionswechsel brachten keine wesentliche Verbesserung. Wir sammelten zwar drei Treffer bis zur Pause ein, boten aber nicht unbedingt eine überzeugende Vorstellung. Zum Zungenschnalzen war das Dargebotene jedenfalls nicht, eher glich es einem schiefen Gesang mit Zungenknoten.
Nach der Pause erhöhten wir den Takt, spielten flüssiger und drängten nun deutlicher nach vorn, zudem ermüdete der Gegner allmählich, so dass die Treffer zügiger fielen, selbst wenn allerbeste Möglichkeiten bis zum Schluss ungenutzt blieben. Ich hatte ein Sechs-zu-Null als Minimum vorgegeben, insofern hatte das Team sein Ziel erreicht, auch wenn weit mehr Treffer drin gewesen wären. Zumindest ein Spieler befand am Ende, die zweite Halbzeit habe sehr viel Spaß gemacht – und das ist ja die Hauptsache.
Freilich bin ich sehr gespannt, wie die Windverhältnisse am kommenden Samstag sein werden, denn einer unserer antreibenden Spieler wird nicht dabei sein. Es könnte uns in guter alter Landstraßenmanier durchaus ein solider Gegenwind entgegen schlagen. Aber vielleicht haben wir auch Glück und genießen spontanen Rückenwind. Dann entfaltet das Radeln freilich sein schönstes und angenehmstes Gefühl: Dann ist es, als würde man fliegen.
[22. Spieltag / Sa. 29. April 2023]