AMA u13 - TAsmania U13
1 : 2
Bis zum Mittag lief alles gut, ich erledigte ein paar Dinge, die ich sonst gerne aufschiebe. Ich fühlte mich wohl, im Kopf war ich klar. Doch dann schlich sich etwas von der Seite an und rannte wie ein Schatten hinter mir her. Eine eigenwillige Form der Gedankenlosigkeit, nicht mal spürbar, sondern nur latent vorhanden. Über das Ausdrucken der Corona-Datenliste zur Erfassung der Teilnehmenden am Spiel vergaß ich am späten Nachmittag, den Button für die Spielfreigabe zu drücken. Kurz vor Beginn des Spiels wies mich der Schiedsrichter auf den Umstand der Nichtfreigabe hin. Ich schaute ihn entgeistert an. Nicht freigegeben? Ich? Niemals, so etwas ist mir noch nie passiert!
Mich nervt der zunehmend absurder werdende Bürokratismus bei der formalen Abwicklung einer Zusammenkunft des Teams. Ich verstehe und befolge alle Sicherheitsmaßnahmen und Regeln zur Vermeidung kurzer Ansteckungs- und langer Nachverfolgungswege. Ich will weder mich noch sonst jemanden gefährden. Ich bin auch froh, dass der Kelch bislang an mir und den Menschen, mit denen ich die meiste Zeit verbringe, vorbei gegangen ist. Doch nimmt das Erfüllen sämtlicher Vorgaben für ein Training oder Spiel mittlerweile so viel Zeit in Anspruch, dass ich darüber vergesse, den Freigeben-Button zu drücken. Das kann nicht sein!
Mein inneres Medium will am liebsten in den Raum rufen, da läuft etwas nicht rund. Und so ist es, tatsächlich. Denn eine dreiviertel Stunde vor Anpfiff nahm ich zwar einen Kabinenschlüssel vom Platzwart in Empfang, schloss auch die Kabine auf, selbst wenn niemand sie nutzte, weshalb ich wohl darüber schlichtweg vergaß, den Schlüssel nach Spielschluss wieder abzugeben. So landete er wohl behütet in meiner Jackentasche und kam erst zu Hause wieder zum Vorschein. Aber dort gehört er natürlich nicht hin, sondern in den Schlüsselkasten des Platzwartes, weshalb ich nun einen schönen Extraweg zum Platz hinaus ergattert habe, als hätte ich nichts Besseres zu tun.
Ich fasse zusammen: Spiel nicht rechtzeitig freigeben, Schlüssel vergessen abzugeben, alles an einem Tag. Kein Wunder also, dass wir dann auch noch fußballerisch den Schofel an der Hacke hatten. Es passte alles zusammen. So fiel der erste Gegentreffer just in dem Augenblick, in dem ich mich um das Nachholen der digitalen Spielfreigabe bemühte und auf der Tribüne mit Hilfe eines elterlichen Smartphones die Untiefen des digitalen Mediendesigns durchknibbelte. Irgendwie gelang es mir zwar, das Spiel tatsächlich freizugeben, nur fiel darüber der erste Gegentreffer, weshalb ich ihn nicht mitbekam und somit auch nicht analysieren konnte. Nun gut, ich fand ihn als solchen nicht weiter schlimm und war mir sicher, dass wir das Spiel noch drehen würden.
Tasmania, die die alten Grünweißen von Neukölln sind, machte es sehr gut. Sie beschäftigten uns druckvoll bei der Spieleröffnung und stellten geschickt die Räume zu. Unser Mittelfeld war nicht unbedingt in allerbester Spiellaune und blieb ziemlich passiv, bewegte sich wenig und holte nicht konsequent genug die Bälle in den Zwischenräumen ab. Es mochte auch nicht so recht hinten mit auszuhelfen, wenn es einmal eng wurde, was mich doch ziemlich ärgerte.
Es kam mir allzu bequem vor, nur das Allernötigste tun zu wollen. Nun gut, hier und da kamen wir anständig durch, doch dann fehlte wieder der letzte Schliff im tiefen Zuspiel oder beim Abschluss.
Nach einem vollzogenen Wechsel sah es jedoch nicht besser aus, nun wirkte es, als spielten wir absurderweise plötzlich mit einer Vierer-Abwehrkette, die zudem keine Lust hatte, mal anständig vorzurücken bei Ballbesitz. Kurzum, wir kamen nicht so recht in Gang, das Spiel plätscherte im wechselseitigen Gerangel um den Ball dahin, ohne dass beide Teams zwingend wirkten.
Zur Pause versuchte ich, die Geister wachzurütteln. Aber so richtig gut gelaunt und hochmotiviert kam mir niemand vor. Mag sein, die Schule war anstrengend und so weiter, aber irgendwie ist es auch immer wieder das gleiche Feriendrama: Zwei Wochen unstetes Training und sportliche Unterbrechung, schon ist der gute Rhythmus des Teams dahin. Dennoch kamen wir verbessert in die zweite Halbzeit und spielten etwas druckvoller. Das Mittelfeld lief mehr, bemühte sich um die Bälle und trug sie schneller nach vorne. Die Abwehr stand höher und ließ kaum mehr etwas zu. Der Ausgleich lag in der Luft, dann fiel er auch, und wir waren wieder im Spiel. Allerdings verpassten wir es, Treffer nachzulegen.
Zwar erspielten wir uns sehr gute Möglichkeiten und schienen das Spiel im Griff zu haben, doch irgendwie fehlte erneut die allerletzte Konsequenz im Abschluss. Ich fand mich innerlich bereits mit einem Unentschieden ab, da gelang es der Tasmania doch noch einmal, über die rechte Seite durchzukommen und eine Flanke Richtung Torraum zu schlagen, die zu meiner Verwunderung sogar einen Abnehmer fand, der den Ball per Kopf geschickt in unserem Tor unterbrachte. So ein richtig schönes Paolo Rossi-Ding!
Dumm gelaufen, aber auch nicht gut verteidigt. Wir verloren das Spiel allerdings nicht hinten in der Abwehr, sondern vorne im Angriff - denn zu viele gute Gelegenheiten hatten wir in der zweiten Halbzeit ungenutzt liegen gelassen. Gleichwohl müssen wir feststellen, dass es uns auch an Schneid fehlte, insbesondere in der ersten Halbzeit. Da war eine gewisse Lethargie, die sich immer rächt, wenn man nicht jedes Spiel und jeden Gegner wirklich ernst nimmt. Es reicht eben nicht aus, eine gute Serie hinzulegen und sich dann auf sein hehres Glück verlassen zu wollen. Wer oben dran bleiben will, muss jedes Mal alles geben. Sonst kommen andere und tragen den Pokal davon.
Mal sehen, wie es sich anfühlt, wenn ich den Schlüssel später zum Platz zurückbringe. Ich denke, mir kommen darüber bestimmt ein paar gute Ideen.
[Testspiel / Di. 27. Oktober 2020]