Blitz mit AMA C1 und SC Borsigwalde C2
3 x unentschieden
Kaum ist der Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule geschafft, steht auch schon der nächste an: Der Wechsel vom Kleinfeld aufs Großfeld. Ich erinnere mich, ich war etwas jünger, und die Weiten auf dem neuen Feld empfand ich als ungeheuerlich. Ich rannte und rannte und kam dem Tor doch nie näher. Nun gut, wir spielten damals 11er-D-Jugend, ich war zehn Jahre alt.
Das Tor riesig groß, aber gleichzeitig schier unerreichbar. Sechzehn Meter Abstand wirkten zwar nicht wie ein Burgraben, aber was vorher ein Schuss war, war jetzt nur noch ein Schüsschen. Es mutete oft etwas skurril an, wenn ein Tor fiel. Als wäre alles nur Zufall oder eine Wundertüte aus dem Zirkus. Gleichwohl gewöhnten wir uns schnell an die neuen Bedingungen.
Die körperliche Entwicklung bei uns in der U13 ist enorm. Ich kann dies sehr gut am Spiel auf dem Kleinfeld ablesen. Vor eineinhalb Jahren wirkte die Erweiterung der Spielfeldabmessungen im D-Jugendbereich noch wie ein großzügiges Geschenk. Plötzlich gab es wieder reichlich Raum und Platz - obwohl ein Spieler pro Team mehr auf dem Platz stand. Ein kurzes Jahr später wirkt es, als stünde nicht nur dieser eine Spieler pro Team zu viel auf dem Feld.
Nicht, dass ich es im Fußball nicht mag, wenn die Räume eng sind, aber so kurz vor dem finalen Durchschreiten des Torbogens hinaus in die Weite des Großfeldes, merkt man schon den Unterschied zwischen Prärie und dicht besiedelter Zivilisation. Es fehlt im Grunde ein einjähriges Zwischenformat. Ich finde, es wäre gut, zumindest das Abseits ab der älteren D-Jugend einzuführen. Umso besser, wenn wir uns jetzt schon auf eigene Faust an die neuen Bedingungen des Großfelds heranwagen.
Andere Fußball-Verbände lassen bereits ab der U13 mit 9 Feldspielern antreten und mit Abseits spielen. Letztlich adaptieren die Spieler die neuen Regeln sehr schnell. Sie kommen zur rechten Zeit, denn vieles, was wir in den Jahren bereits ausreichend vermittelt haben, benötigt jetzt das i-Tüpfelchen. Die immer wache Antizipation von Räumen und Laufwegen im Kombinationsspiel sowie die gezielte spielerische Eroberung des Raums hinter der Abwehr, diesem eigentlich unbestimmten, leeren Raum, erzeugt man eben erst durch die spielerische Überwindung der Abseitsregel. Das Abseits ist im Grunde der Schlussstein in der Ausbildung zum Fußballer.
Wer immer das Abseits erfunden hat, er muss es getan haben, um das Spiel auf eine höhere Bewusstseinsebene zu hieven. Aber das soll heute nicht das Thema sein, vielleicht ein anderes Mal. Vielmehr geht es darum aufzuzeigen, welche besonderen Veränderungen generell auf dem Plan stehen. Früh übt sich, deshalb gilt der Gedanken dem, wie wir als Team über das Kleinfeld hinaus in die Zukunft gehen wollen. Zwei Modelle stehen uns im Verein zur Verfügung: Altersgerechter Schritt ins Großfeld der C2 oder direkter Sprung in die ein Jahr ältere C1. Bei beiden Modellen können wir zumindest jetzt schon eines sagen, wir blieben in jedem Fall als Team geschlossen zusammen, würden uns jedoch je nach Form enweder hier oder dort verstärken.
Natürlich ist ein Sprung in die ältere Altersklasse von differentiellen Begleiterscheinungen körperlicher Art geprägt. Wir müssten nicht nur gegen ein Jahr älteren Spieler bestehen, sondern gleichzeitig die launige Varianz der biologischen Entwicklung ausgleichen. Ein sich früh entwickelnder 2007er gegen einen sich spät entwickelnden 2008er - das kann auf dem Platz schon ziemlich grotesk wirken wie beim Kampf zwischen David und Goliath. Aber wir wissen ja, wie die Legende ausgeht, und genau darauf kommt es letztlich an. Nicht der Größenunterschied wird entscheidend sein, sondern der innere Zusammenhalt und das Bewusstsein für die Gesamtsituation.
Rein fußballerisch können wir locker mithalten mit vielen 2007er Teams, das haben wir schon oft bewiesen, wie auch bei diesem herbstlichen Blitz mit unserer C1 und dem 2007er-Jahrgang vom SC Borsigwalde. Drei Unentschieden, die mit etwas Glück sogar drei Siege hätten sein können, sprechen da durchaus für sich, auch wenn alles nur ein kleiner Test an einem frühen herbstlichen Samstagmorgen war. Doch wenn wir uns jetzt schon ein Ziel vor Augen führen, das über den Moment hinausreicht, dann gewinnen wir tatsächlich - so oder so!
Ich plädiere für den Sprung in die C1. Denn was würden wir gewinnen, wenn wir nächstes Jahr gegen Teams spielen, die uns schon heute nicht das Wasser reichen können? 2008er-Mannschaften der mittleren bis gehobenen Spielkultur in der C-Jugend-Bezirksklasse würden uns sicher nicht den sportlichen Anreiz bieten, den uns gute 2007er-Teams in der Landesliga bieten würden. Freilich müsste unsere jetzige C1 den Aufstieg erst einmal schaffen, um uns die Landesliga zu vererben. Aber selbst wenn sie es nicht täte, könnten und sollten wir ihn uns in der nächsten Spielzeit vornehmen und dann eben mit einjähriger Verspätung selber schenken. Wanderten wir stattdessen altersgerecht in die C2, würden wir im schlimmsten Fall am Ende genau dort landen, wo wir eigentlich nicht so gerne hinwollen: Als C1 bei den eher schwächeren Teams unseren jetzigen Jahrgangs.
Man sollte immer vorsichtig sein mit sportlichen Prognosen. Dennoch denke ich, dass wir ein Team haben, dem der Berliner Amateur-Fußballhimmel durchaus zu Füßen liegt. Kann sein, dass der eine oder andere Spieler von uns noch durchstartet und seine Chance bei einem großen Verein sucht und sogar findet, aber im Ganzen gibt es eigentlich für niemanden wirklich einen Grund, das Team ernsthaft verlassen zu wollen. Weder ist augenblicklich jemand deutlich unter-, noch irgendjemand allzu überfordert. Das Einzige, was uns gefährlich werden könnte, ist der Gedanke, mit dem Übertritt ins Großfeld beginne etwas total Unattraktives oder gar Negatives.
Die Kurve der Zufriedenheit geht immer etwas hoch und wieder runter, aber einen Black Friday müssen wir nicht fürchten. Wir sind ein Jahrgang, dem es nach langer Zeit wieder einmal gelingen kann, nahezu geschlossen ins Großfeld zu wechseln, eben weil wir uns auf uns selbst besinnen können und nicht auf eine etwaige Verlockung, die uns von außen herangereicht wird. Dem letzten Jahrgang, dem dies gelang, haben die Berliner Amateure übrigens die Spielklassenzugehörigkeit in den jeweils höchsten Berliner Spielklassen der B- und A-Jugend zu verdanken. Auch das sollten wir uns einmal vor Augen führen! Denn was nützt aller individueller Erfolg und Karriereweg, wenn man am Ende nichts hat, auf das man sich gemeinsam und nachhaltig besinnen kann? Ein gutes Team ist immer mehr wert als ein einzelner extrem guter Spieler - dies würde selbst der beste Spieler der Welt so empfinden!
Spieler kommen und gehen, aber ich würde mal sagen, im Kern sind wir immer noch die gleichen, die wir auch schon vor zwei oder drei Jahren waren und die durchgehend einen begeisternden Fußball spielten. Daran muss sich nichts ändern, wenn wir nächstes Jahr ins Großfeld wechseln, auch wenn es dann nicht die allerhöchste Spielklasse sein wird. Wechseln wir in die C1, bekommen wir Verstärkung aus dem hauseigenen 2007er Jahrgang. Wechselten wir in die C2, würden wir uns bei der derzeitigen D3 verstärken. Natürlich steht auch guten externen 2008ern oder sogar 2007ern der Weg zu uns offen. So oder so, als Team sind wir ein extrem verlockendes Ziel für jeden, der mit uns zusammen kicken und wachsen will, unabhängig von der nächstjährigen Klassenzugehörigkeit. Wir haben alle Trümpfe in der Hand!
Hier und da ein Testspiel gegen Ältere auf dem Großfeld sowie neue Trainingseinheiten mit deutlichem Schwerpunkten hinsichtlich der veränderten Bedingungen im Großfeld werden uns jetzt schon helfen, den Übergang im nächsten Jahr sportlich zu meistern. Sie reichern den Abschluss im Kleinfeld zudem mit neuer fußballerischer Inspiration an. Deshalb sollte auch das Erreichen der Endrunde des Edeka Cups für uns ein wichtiges Saison-Ziel bleiben, denn dort wird 8+1 und mit Abseits gespielt. Im übrigen finde ich, dass wir uns sehr gut und überzeugend geschlagen haben bei unserer Großfeldtaufe auf dem Zülle, auch wenn wir natürlich noch viel lernen müssen. Aber das Grundgefühl war doch ein erstaunlich gutes. Oder etwa nicht?
Doch, war es!
[Blitz Großfeld / Sa. 24. Oktober 2020]