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AMA / E1
SAISON 2018 / 2019

Bei Angriff Foul

BAK E1 - AMA e1

4 : 1

Zwei Dinge mag ich überhaupt nicht: Dummheit und Ungerechtigkeit. An ersterer ist man meist selbst schuld, anders gesagt, man kann, wenn man sie reflektiert, auch aus ihr schlau werden und sie zum Besseren wenden. Es liegt an einem selbst. Gegen Ungerechtigkeit dagegen ist man meist machtlos, sie kommt über einen, meist unverschuldet, man kann nur gegen sie kämpfen, vielleicht muss man das sogar, sonst wird es nie besser.

Im Fußball gibt es Dummheit und Ungerechtigkeit zuhauf. Menschen spielen gegen Menschen und werden dabei von Menschen geleitet und begleitet - da ist eine hohe Fehlerquote vorprogrammiert. Die Fehler im Spiel führen zu besonderen Momenten und diese entscheiden über Sieg und Niederlage. Sie sind meist spielerischer Natur, aber sie treten auch als Fehlentscheidungen oder Unfairness auf, in allen Fällen beeinflussen sie den Verlauf des Spiels. Die menschliche Unzulänglichkeit ist dem Spiel sowohl in der höchsten leitenden Instanz als auch im kleinsten ausgetragenen Zweikampf eingeschrieben. Damit muss man leben, auch nach bitteren Niederlagen, egal wie sie zustande kommen. Das gehört zum Sport. Ein Schiedsrichter allein ist nie Schuld an einer Niederlage.

Alles andere betrifft eher die Moral als solche. Fairness während eines Spiels einzufordern, aber nach dem Spiel missen zulassen, ist kindisch. Wiederum Fairness während eines Spiels missen zulassen, sie nach dem Spiel aber zu suchen, ist scheinheilig. Mit zweierlei Maß wird schlecht gemessen. Hier das Spiel mit seinen Regeln, dort die Geste des Friedensschlusses nach dem Match. Beides sollte schon passen.

Der Schiedsrichter und die Spielregeln sind dazu da, die Ungerechtigkeiten nach Möglichkeit klein zu halten. Spielt eine Mannschaft öfter Foul, wird sie dafür durch Freistöße und gegebenenfalls durch weitere Sanktionen bestraft. Was ein Foul ist und wie es geahndet wird, schreiben die Regeln vor, allerdings entscheiden auf dem Platz nicht die Regeln, sondern immer noch die Schiedsrichter. Sie besitzen einen gewissen Entscheidungsspielraum. Man sieht es jedes Wochenende, es gehört viel Fingerspitzengefühl dazu, ein Spiel souverän durch die Zeit zu geleiten. Wir können froh sein, wenn wir überhaupt einen Schiedsrichter bekommen. Denn das Fairplay existiert bei uns in der Liga schon nicht mehr. Dazu sind einige Mannschaften viel zu ehrgeizig oder vom Ehrgeiz zerfressen.

Was kann man also verlangen von einem jugendlichen Schiedsrichter, der ein U11-Spiel in der höchsten Berliner Fußballklasse leitet? Dass er ein Spiel so leitet, dass am Ende alle einverstanden sind mit dem Spiel und dem Ergebnis. Im Grunde bin ich das auch, selbst wenn ich denke, dass es einige Situationen gab, in denen die Fairness einer anderen Instanz zum Opfer fiel. Nennen wir diese Instanz mal freundlicherweise praktische Vernunft, denn im Grunde beruht sie auf einer geschickten Auslegung des geltenden Rechts, sie ist eine bestimmte Spieltaktik, die das Fußballspiel durchaus anbietet. Es ist wie vor Gericht: Nicht die Gerechtigkeit als solche wird in einem Verfahren verhandelt, sondern geltendes Recht wird angewendet. Oft wird daraus eine Frage der Mittel. Grenzlinien können dabei verschoben werden. Anders gesagt: Reine Vernunft oder logische Gerechtigkeit im Sinne von wahr oder falsch existiert nur bei der Anwendung von analytischen Urteilen a priori.

Im Klartext bedeutet das: Eine Mannschaft kann eine harte Gangart an den Tag legen und versuchen, den Gegner durch permanentes Foulspiel an der Entfaltung seinen Spiels zu hindern. Sie riskiert dafür Freistöße, Verwarnungen und eventuell sogar Platzverweise. Sie macht die Rechnung mit dem Schiedsrichter. Merkt sie, dass er nicht allzu drastisch bestraft, behält sie die Form der Härte bei. Gerät sie dadurch ins Hintertreffen, wird sie die Gangart modifizieren. De facto gab es heute etwa 25 - 30 Fouls gegen uns, über weite Strecken der zweiten Halbzeit wurde im Grunde jede Offensivaktion durch ein Foul unterbunden. Der Schiedsrichter gab Freistöße, aber verteilte nur in der ersten Halbzeit eine einzige gelbe Karte. Das hatte zur Folge, dass die harte Gangart vom Gegner bis zum Schluss beibehalten wurde. Zu unserem Nachteil.

Auf der anderen Seite versäumten wir, aus den vielen Freistößen etwas zu kreieren. Immerfort liefen wir dem extrem tief stehenden Gegner ins offene Messer, statt einfach an den Seiten an ihm vorbei zu gehen und ihm dann den Ball in den Rücken zu spielen. Die Tore machten - wie letzte Woche - die anderen. Der erste Gegentreffer resultierte aus einem direkt verwandelten Freistoß. Man kann sich zwar schon über den gegebenen Freistoß aufregen, ein harmloser Rempler, kein chronischen Schubsen mit den Händen, wie der Gegner es pflegte, auch kein absichtlicher Tritt gegen den Ball führenden Fuß, lediglich ein etwas ungeschickter Rempler. Aber wie kann es sein, dass der Schuss aus 18 Metern Entfernung dann wie an der Schnur gezogen durch unsere gesamte Deckung ins lange Eck fliegen kann? Da fehlte uns wieder mal die Erfahrung. Statt eine Mauer zu stellen, hofften wir, dass nichts schief geht. Das war naiv, und dafür wurden wir bestraft.

Der zweite Gegentreffer resultierte aus einem groben technischen Fehler beim Eröffnen im Mittelfeld. In dieser Situation darf man den Ball nicht verlieren, sonst handelt man sich einen Konter ein, das weiß jeder. Wieder kassierten wir zwei Gegentreffer innerhalb von zwei Minuten. So gewinnt man keine Spiele in dieser anspruchsvollen und sehr körperbetonten Leistungsklasse. Ein Mangel an Wettkampferfahrung schlägt vielleicht zu Buche, aber auch eine gewisse Form der Ideenlosigkeit und eingeschränkte spielerische Flexibilität. Wenn man bei jeder Vorwärtsbewegung von den Beinen geholt wird und keinen Weg durch die Mitte findet, muss man irgendwann sein Muster variieren. Das taten wir nicht, stattdessen rannten wir eine ganze Halbzeit lang entnervt und permanent durch Fouls abgebremst auf das gegnerische Tor an, ohne es wirklich zu erreichen. Selbst mit den Freistößen erreichten wir es nicht, sie flogen meist über das Tor hinweg ins sichere Toraus. Im Ergebnis dann nur einen Treffer zu erzielen, aber vier zu bekommen, ist zwar irgendwie ungerecht, aber auch ein wenig selbstverschuldet.

Der vierte Treffer - auch ein doppeltes Ärgernis: Erst geht der Schiedsrichter auf die ausgebufften Finten eines gelb verwarnten Spielers ein, der sich in bester Neymar-Manier einen Freistoß an der Strafraumgrenze erschleicht. Dann wird die Mauer nicht richtig gestellt, so dass der angeblich Gefoulte einfach rechts an ihr vorbei ins kurze Eck schieben kann. Wir bezahlten wieder viel Lehrgeld, ohne Aussicht auf einen baldigen Meisterbrief. Was wäre wohl geworden, hätten wir in der ersten Halbzeit unsere beste Chance genutzt und den Ball im Kasten untergebracht? Aber auch da zeigten sich unsere kleinen technischen Unzulänglichkeiten im spielentscheidenden Detail.

So ist das nun mal im Fußball und nicht nur dort: Nicht immer gewinnt der Faire oder Bemühtere. Man muss sich immer selbst helfen und befreien können und nicht darauf hoffen, dass die Gerechtigkeit einfach so vom Himmel fällt. Man muss ständig für sie kämpfen und sich dabei ziemlich schlau, flexibel und mutig anstellen. Andernfalls hat man vielleicht die Moral auf seiner Seite, aber nicht die Punkte. Nun gut, eine echte Moral zu besitzen, ist auch nicht unbedingt wertlos. Und die ehrlich verdienten Punkte, die holen wir uns schon noch!

[2. Spieltag RR / 23. März 2019]


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4:1 (0:0)
(1 x Albion)
Es spielten: Albion, Blerton, Kolja, Noah, Fynn, Bela, Luca, Timo, Samy



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