BfV Kinderkrebshilfe Cup 2018, 1. Vorrunde
1. Platz
Als die Blamage bereits bedrohliche Ausmaße annahm, geschah etwas Überraschendes, kaum zu Glaubendes: Vier Minuten lang spielten wir mit einem Mal hoch dosierten, energischen Fußball und drehten einen 2-Tore-Rückstand. Wir pressen und rollten gegen den unmittelbaren Konkurrenten an, erspielten uns Torchancen und verwerteten sie eiskalt. Woher kam dieser plötzliche Schub, der uns den Turniersieg offen hielt? Und noch wichtiger: Warum verschwand er dann wieder?
Bei dem kleinen regionalen Vorentscheid zum BfV Kinderkrebshilfe-Cup in der gut herunter gekühlten Blücherhalle taten wir uns lange Zeit sehr schwer. Zwar gewannen wir alle vier Partien, aber drei davon auf nicht unbedingt ansehnliche Weise. Bereits im ersten Spiel gelang uns wenig. Harmlos verpufften unsere Offensivbemühungen, weder stimmten Bewegungsabläufe, noch die Passgenauigkeit, noch die Präzision am Ball. Schüsse aufs Tor blieben Mangelware. Wir rutschten und rannten kopflos über den staubigen Hallenboden, den Ball selten sicher am Fuß. Unser Torhüter sorgte für den einzigen Treffer, als wäre es seine Aufgabe, Partien durch Fernschüsse von der Mittellinie zu entscheiden.
Im zweiten Spiel das gleiche konfuse Bild, die gleiche verzagte Körpersprache, das gleiche uninspirierte Aufbauspiel. Dann zwei grobe Schnitzer, und schon lagen wir Null zu Zwei gegen Hansa 07 zurück. Punkte, die doppelt kosten würden. War es das schon? Wir wechselten, und mit einem Mal kam Schwung auf, der Druck auf den Gegner wuchs, wir trafen zum Anschluss, wir glichen aus, der Ball rollte, der Gegner wurde tief in seine Hälfte gedrückt, wir kombinierten zügig und präzise und - zack - trafen wir zum dritten Mal. Vier Minuten, die uns der Fußballgott für eine famose Hinserie nachträglich schenkte und in denen wir zeigten, was wir können. Aber verdient hatten wir den späteren Turniersieg über weite Strecken nicht.
Drei Partien mit Ach und Krach gewonnen, die dritte nicht viel eleganter als die ersten beiden, auch wenn wir spielbestimmend waren. Die kleinen Unzulänglichkeiten konnten nicht übersehen werden. Da fehlte eine gewisse Form der Konzentration und Körperspannung. Oder eine Form der inneren Ruhe, wenn man so will. Viele Aktionen wurden überhastet abgeschlossen, die Schuss- und Passgenauigkeit ließ zu wünschen übrig. Erst im letzten Spiel gegen den schwächsten Gegner zeigten wir ein gutes Spiel. Der Ball lief und fand sieben Mal geschwind ins Ziel.
Hallenfußball hat seine eigenen Gesetze. Das Spiel ist schneller, verlangt größere Präzision und vor allem ein kluges Köpfchen. Überraschende Handlungen, geschickte Laufwege, energische kurze Dribblings und hohe Passgenauigkeit entscheiden über die Hoheit auf dem Feld. Als Spieler muss ich intuitiv und ungeheuer schnell die richtige Entscheidung treffen, um einen kleinen Vorteil aus dem begrenzten Raumzeitkontinuum zu ziehen. Raum und Zeit sind erheblich verknappt. Die taktische Ökonomie aus Bewegung, Täuschungsmanöver und präziser Ballbehandlung muss perfekt ausbalanciert sein. Eine ungenaue Bewegung, schon entgleitet der Ballbesitz, schlimmer noch: Ein gegnerischer Spieler bricht durch und schließt erfolgreich ab.
Wer zu viel riskiert, fängt sich Konter. Wer zu wenig investiert, kommt nicht gefährlich vor das gegnerische Tor. Dazwischen liegt die Wahrheit, ein sehr schmaler Grad, den es in jedem Spiel auszubalancieren gilt. Wann lohnt sich ein Dribbling, wann spiele ich auf Sicherheit? Wohin laufe ich, wenn ein Mitspieler den Ball führt? Was mache ich, wenn ich den Ball gepasst habe? An jede Aktion schließt sich eine neue, das ist für manchen Spieler noch nicht selbstverständlich. Wer stehen bleibt, sich dem Ball führenden Mitspieler nicht erneut anbietet oder keinen Raum durch eine Laufbewegung öffnet, der bremst das gesamte Mannschaftsspiel. Es bleibt keine Zeit zum Nachdenken, alles geschieht auf nahezu intuitive oder zuvor eingeübte Weise. Viele kleine Aktionen, ob mit und ohne Ball, greifen ineinander, sind miteinander verkettet.
Es sind einfache Aktionen, aber sie wirken unmittelbar aufeinander ein. Beim Hallenfußball zeigt sich schnell, ob die wesentlichen Bausteine des Fußballspiels in einem Team bereits gut installiert sind. Doppelpässe, Bewegung ohne Ball, Orientierung und Vororientierung im Raum, saubere Technik. Wann entscheidet ein Spieler richtig, in welcher Situationen offenbart er noch typische Fehlermuster? Man kann als Trainer den Hallenfußball gut nutzen, mehr über sein Team und dessen Leistungsstand heraus zu finden, um anschließend dezidiert zu trainieren und bestimmte Defizite auszubessern. Leider bleibt nie viel Zeit, um das Spiel in der Halle zu perfektionieren.
Reduziertes Training seit zwei Wochen, ein sichtbarer Spannungsabfall in Teilen der Mannschaft, die eine oder andere Ablenkung - schon bricht unsere hohe Spielkultur der Hinserie ein wenig ein. Das muss man jetzt nicht überbewerten, aber gewisse Anzeichen zu unterschätzen, wäre auch nicht klug. Letzte Woche gewannen wir schon kein Ruhmesblatt, dieses Mal kamen wir mit einen blauen Auge davon. Bis zum nächsten Zwischenentscheid müssen wir uns wieder steigern und zusammenraufen. Weihnachten muss noch eine Woche warten!
[BfV Kinderkrebshilfe Cup 2018, 1. Vorrunde / 15. Dezember 2018]