AMA U11 - 1. FC Wilmersdorf U11
3 : 1
Nur einmal war es gegen den 1. FC Wilmersdorf noch ruhiger. Aber da spielten nicht wir gegen sie, sondern der 1. FC Union. Und letztlich war es auch nur eine Halbzeit lang still, beinahe totenstill. Vor ein paar Wochen war das, an der alten Försterei, als die sonst so von ihrem Trainer aufgepeitschten Wilmersdorfer von den Eisernen in der zweiten Halbzeit komplett zerlegt wurden. Das berüchtigte "Jagen, jagen!" schallte nur eine Halbzeit lang über den Platz, dann verstummte es, als hätte das Jagdhorn ausgeblasen.
Bei unserem Spiel war es gar nicht erst dabei. Stattdessen begrüßte mich ein netter Rastafari, der die Mannschaft angeblich in der kommenden Saison übernehmen soll. Ich glaube noch nicht so recht daran, aber egal. Den Jungs von Wilmersdorf wäre es zu wünschen, aus den martialischen Katakomben des Kolosseum an einen hellen Strand der Freudschaft geführt zu werden. Größer könnten die Kontraste kaum sein. Letztlich sind auch sie nur Fußballer, die immer gewinnen wollen. Dass sie zu kämpfen verstehen, haben sie oft genug bewiesen. Wenn sie jetzt noch Respekt vor den Regeln und dem Sport als solchen hinzugewinnen, passt es schon.
Ein offiziell angesetzter Schiedsrichter sowie ein BFV-Spielbeobachter sorgten zusätzlich für einen reibungslosen Ablauf. Das Spiel, das auf einen Montagnachmittag verlegt worden war, da die Wilmersdorfer am Tag zuvor noch in Hamburg unterwegs waren, lief von der ersten Minute an gut für uns. Als wollte der Schiedsrichter schnell die Körperkontaktgrenze festlegen, pfiff er den erstbesten, aber schlecht gesetzten Rempler der Wilmersdorfer ab. Freistoß für uns, der Gefoulte ließ sich nicht lange bitten und drechselte den Ball über 20 Meter in schöner Flugkurve ins lange Eck, wo er auf der Linie noch per Kopfballstreichler veredelt wurde. Es waren gerade mal eineinhalb Minuten gespielt.
Wir blieben am Ball, der gute Start half. Wir gewannen die meisten Zweikämpfe und behaupteten den Ball, so stellte sich schnell ein Übergewicht im Mittelfeld ein, das für weitere Torchancen sorgte. Zweimal war unser starker Linksfuß zur Stelle. Einmal schippte er den Ball derart elegant und frech aus spitzem Winkel über den sich breit aufgebauten Torwart, dass die Zuschauer nur so raunten. Auch die Trainer schnalzten mit der Zunge. Drei zu null nach neun Minuten, das war eine komfortable Ausgangssituation. Seltsamerweise ließen wir dann in der Konzentration nach und bauten Wilmersdorf Schritt für Schritt auf. Es wirkte, als hätten sie sich nach den drei Gegentreffern gefangen, wenngleich man nicht behaupten kann, dass sie von da an unser Tor eingerannt hätten.
In vielen Situation wirkten wir zu ideenlos. Der Ball fand entweder keinen Abnehmer oder er landete nicht gut im Ziel. Wir kombinierten und kommunizierten nicht mehr, sondern ließen uns vom Kick and Rush anstecken, mit dem die Wilmersdorfer den Ball über die Mittellinie zwangen. Kurzes Anspiel des Torwarts auf den Außenverteidiger, der den Ball direkt in hohem Bogen nach vorne drosch in der Hoffnung auf einen versierten Abnehmer. Das Spiel war nicht mehr schön mitanzusehen.
Mag sein, dass uns drei Wochen kontinuierliches Training fehlten. Sicherlich ging es auch sehr eng zu, es gab wenig Platz zur Entfaltung. Das Spiel zerbröselte in unzählige Zweikämpfe im Mittelfeld. Eigentlich sollten wir ein wenig mehr Selbstbewusstsein am Ball zeigen und miteinander zu spielen versuchen, wir können es ja.
Zur Pause führten wir mit drei zu eins Toren. Wir sprachen einiges in der Kabine an, vor allem ließen wir dieses Mal keine Erschöpfungsarien zu. "Wer nicht kämpft, hat schon verloren", wie es so schön heißt. Also mit vollem Einsatz und klarem Kopf wieder hinaus aufs Feld, auf dem die Temperaturen schlagartig um 5 Grad nach unten gesaust waren. Ein frischer Wind begrüße uns, doch fußballerisch blieb nahezu alles beim alten.
Wobei man sagen muss, dass selbst solch ein permanentes Rangeln im Mittelfeld um den Ball und die zweiten Bälle eine nicht unterrepräsentierte und gängige Spielart des Fußballs ist. Selbst in der zweiten Liga verköstigt man derlei derbe Schlachteplatten. Nun ja, nicht in jedem Holzfällersteak steckt ein katalanisches Gedicht verborgen.
Nach vorne blieb Wilmersdorf harmlos, dafür machten sie uns das Leben in ihrer eigenen Hälfte schwer. Dennoch erspielten wir uns weitere Torchancen, die leider ungenutzt blieben. Alles wartete auf den erlösenden vierten Treffer, dem wahrscheinlich weitere gefolgt wären. Doch er kam nicht. Entweder wurde der einschussbereite Spieler auf den letzten Drücker am Schuss gehindert oder unsere Kopfbälle und Torschüsse strichen knapp am Tor vorbei. Flach spielen, hoch gewinnen, gab es dieses Mal nicht. Einmal flog der Ball gar in übertriebener Rettungsaktion hoch und weit über den seitlich gelegenen Fangzaun des Platzes und die angrenzende Gartenmauer hinweg. Unser Spieler hätte ihn auch einfach lakonisch ins Aus drücken können.
Was soll`s? Durchatmen, denn auch ein solches Spiel muss man erst mal gewinnen! Viel ließen wir nicht zu, auch wenn wir selber nur wenig Schmackhaftes servierten. Irgendwie ein Kampfspiel, bei dem wir in der Anfangsphase deutlich besser aus den Startlöchern kamen und unseren Vorsprung solide über die Zeit brachten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Handshakes am Ende und ein netter unsichtbarer Nachbar, der den verloren gegangenen Ball gekonnt aus dem grünen Jenseits hinter der Backsteinmauer und dem hohen Zaun aufs Feld zurückschoss - eine geschmeidige Bogenlampe - in diesem Fall durchaus ansehnlich.
[5. Spieltag RR / 6. Mai 2019]