AMA e2 - Hertha Bsc E2
1 : 8
Verbuchen wir den 4. Spieltag als bescheidene Rache für den unfairen Saisonauftakt beim 1. FC Wilmersdorf. Denn durch die hohe Niederlage gegen die Hertha ermöglichten wir es ihr, per Torverhältnis an Wilmersdorf vorbei zu ziehen und wieder die Tabellenspitze zu erobern. Das dürfte Almirs Schrubbertruppe gehörig ärgern, mehr als es uns schmerzt, viel zu hoch verloren zu haben.
Erneut hatten wir nur Kraft und Konzentration für eine Halbzeit. Dieses Mal war es die erste, nicht die zweite wie am Mittwoch. Aber auch in dieser ersten Halbzeit deutete sich bereits an, was ich als die momentane Grenze unserer natürlichen Leistungsfähigkeit nennen möchte. Die potentielle liegt etwas höher, wir erreichen sie aber nur dann, wenn ein Spiel gut für uns läuft und die Mannschaft gut steht - mental wie körperlich. So gingen wir zwar heute in Führung, gaben die Führung aber viel zu schnell wieder her, leichtfertig und - wie so oft in Spielsituationen mit dem Ball - durch ein Moment der Unachtsamkeit. Ein absolut vermeidbares Tor, das dem Gegner weit mehr Auftrieb schenkte als es uns wach gerüttelt hätte. Aber gut, bis zur Halbzeit sah es noch so aus, als würden wir dieses Mal zumindest nicht komplett auseinander brechen.
Brachen wir aber, und wieder ging dem Torreigen eine grandiose initiale Unentschlossenheit direkt vor dem eigenen Tor voraus. Deren Konsequenz umso stärker in die Beine der ganzen Mannschaft fuhr. Eine Kopfball-Bogenlampe als zweiter Ball nach einer Ecke, die zum Treffer führt, so etwas schmückt keine Abwehr.
Vielleicht sind besonders idiotische Tore auch besonders demoralisierend. Jedenfalls fanden wir nach diesem Rückstand nicht mehr ins Spiel, im Gegenteil. Wieder wurden wir komplett auseinander genommen, gaben die Ordnung zu früh auf und rannten wie die Stiere blind mit dem Ball nach vorn. Wir kämpften zwar engagiert, ackerten aber kopflos und ohne eine spielerische Lösung für das kompakte Abwehrverhalten des Gegners zu finden, der uns geschickt doppelte und die Räume zustellte. Wieder liefen wir unserer eigenen einförmigen und auf einen Antreiber ausgerichteten Spielweise hinterher, anstatt den Gegner kollektiv zu etwas mehr Kraft- und Nervenaufwand zu zwingen. Der wiederum nutzte unsere Unachtsamkeiten kompromisslos aus und kam zu weiteren Treffern.
Derzeit ist bei uns nicht mehr drin. Individuell wie kollektiv. Bei Gegnern, die motivierter sind als wir, die schneller agieren und handeln, die mehr Schneid am Ball besitzen und ihre Aktionen sauberer zu Ende führen, haben wir keine Chance. Wir verstricken uns in wilde Dribblings nach vorne, ohne eine weiterführende Spielidee zur Verwertung dieser Ballträgerarbeiten zu entwickeln. Wir lösen die Abwehr hinten auf, um mehr Druck nach vorne zu erzeugen, verlieren den Ball aber zu schnell in der Vorwärtsbewegung. Teilweise können wir uns nicht mal aus dem ersten Drittel heraus kombinieren, sondern verlieren den Ball noch am eigenen Strafraum. Das mag eine mentale Geschichte sein, doch der Mangel an Selbstbewusstsein in Drucksituationen hat auch etwas mit spielerischem Vermögen oder eben mit einem gewissen Nichtvermögen zu tun.
Zwar decken wir Gegenspieler konsequent bis zur gegnerischen Grundlinie, erkennen aber den schnöden Trick dahinter nicht und werden drei Mal hintereinander bei der Spieleröffnung überlaufen. Wir begehen den gleichen naiven Fehler sogar erneut, obwohl er in der Halbzeitpause offen angesprochen und eine Lösung für die Spielsituation mitgegeben wurde. Im Halbfeld und im Zentrum lassen wir den Gegenspielern wiederum viel zu viel Platz, so dass sie Bälle in Ruhe annehmen und verwerten können. Anstatt direkt zum Ball zu gehen und den Gegner unter Druck zu setzen oder die direkten Schusslinien zuzustellen, bleiben wir brav an seiner Seite stehen und schauen seelenruhig dabei zu, wie der Ballführende den Ball dicht an uns vorbei treibt und sogar noch Zeit und Platz zum Einlochen findet.
Als Grundschullehrer müsste ich den Eltern langsam mitteilen, dass das Lernziel des Halbjahres stark gefährdet ist, wenn die Klasse so weiter macht. Das reicht nicht! Eine Empfehlung für das Gymnasium kann dann nicht mehr ausgesprochen werden.
Natürlich übertreibe ich! Und ich weiß auch, es ist nur Fußball, in der Schule wie auch zu Hause ist bei unseren Spielern nahezu alles in bester Ordnung. Und so soll es ja auch bleiben!
Fußball ist und bleibt die schönste Nebensache, allerdings sollte man sein Talent und sein Potential, egal welche Fähigkeiten man besitzt, nicht leichtfertig verspielen. Das könnte sich eines Tages rächen, und damit meine ich nicht irgendeinen ausgebliebenen Erfolg auf dem Fußballplatz, sondern die verpasste Chance als solche. Etwas Besonderes zu erleben und zu erreichen, das auch außerhalb der Schule und der Familie liegt, nimmt man mit in sein Leben. Man kann davon sehr profitieren, ganz anders als von Karrieren, hohen Gehältern und mehr oder weniger intakten Familienverhältnissen.
Das mag auch wieder eine Schwäche sein, aber einmal im Leben die Hertha zu schlagen, das wäre schon ein Erlebnis, das nicht jedem zuteil wird. Um so eine Chance noch einmal zu bekommen, muss man schon mindestens Zweiter in der Staffel der nächsten Hinrunde werden.
So eine Gelegenheit fällt nicht einfach so vom Himmel!
[4. Spieltag Rückrunde / 22. April 2018]