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AMA / C1
SAISON 2022 / 2023

Gutes Foul

FC Wilmersdorf U15 - AMA U15

4 : 2

Unsere augenblickliche fußballerische Verfassung ist erschreckend. Auf der andere Seite wäre es kaum weniger erschreckend, den robusten Fußball von Wilmersdorf als einen besseren darstellen zu wollen. Zwar wurden wir an diesem Spieltag nicht unverdient geschlagen, aber ganz sicher auch nicht überzeugend. Uns reichte etwas Wind im Rücken, um aus einem relativ klaren Null-zu-Zwei zur Pause ein zwischenzeitiges Zwei-zu-Zwei herauszuspielen. Die Wilmersdorfer nahmen für ihre ersten beiden Treffer in der ersten Hälfte wiederum ein hohes Maß an Physis, Muskelkraft und versteckter Ellenbogenkunst in Anspruch.

Allein ihr Neuner hoch oben im Zentrum wäre sicherlich in jedem Ringerverein eine Bereicherung. Seine Physis und Willenskraft überzeugten. Er kämpfte, als wollte er uns ganz allein niederzwingen. Für wahr, denn vor noch nicht allzu langer Zeit hatte er sich bei uns vorgestellt. Ich hatte ihm damals nichts versprechen wollen, da die Kaderplanung noch unsicher war. Nun löste er sein damaliges Vorspielen auf seine Weise ein. Um ehrlich zu sein, ich mag Ringen sehr, es ist eine faszinierende Sportart! Die kleinen unnötigen Beleidigungen, die ihm dabei im Eifer des Gefecht aus dem Mund rutschten, schmückten seinen beherzten Einsatz jedoch nicht. Sie bleiben unvorteilhaft kleben - gegen den Wind besser nicht spucken!

Emblematisch für die robuste Gangart der Wilmersdorfer auf dem Platz war für mich ein kurzer Kommentar des Hauptverantwortlichen, der in einer Szene in der zweiten Halbzeit ein absichtlich begangenes Foul im Mittelfeld als ein „gutes Foul“ bezeichnete. Man kann leider nicht viel über die Spielkultur von Wilmersdorf sagen, die in etwa so mitreissend war wie unsere eigenen ideenlosen Bemühungen in der ersten Halbzeit, den Ball laufen zu lassen. Aber noch viel weniger Positives lässt sich über ihre Fairness sagen. Ich bin mir nicht sicher, ob gelbe Karten im Berliner Jugendfußball überhaupt eine Bedeutung über den Spieltag hinaus haben. Aber von den insgesamt 25 gelben Karten des Gastgebers nach diesem Spieltag gehen allein 6 auf die beiden Spiele gegen uns.

Die erste Halbzeit verpennten wir vorbildlich. Weder trauten wir uns ein Kombinationsspiel zu, noch waren wir körperlich und mental in der Lage, uns gegen die physische Überlegenheit der Hausherren zur Wehr zu setzen. Je nervöser wir wurden, desto selbstsicherer attackierten uns die gierigen Wilmersdorfer. Ihre beiden Treffer erzwangen sie förmlich, sei es mit vorausgegangenen grenzwertigen Balleroberungsformen oder durch bulliges Pressschlagen an der Strafraumkante. Wir luden sie durch mutlose Eröffnungen und verzagte Vororientierung im Raum beide Male großzügig ein, sie nahmen die Einladungen gerne an.

Nach vorne ging bei uns gar nichts. Selbst einfachste Pässe verfehlten ihr Ziel. In keiner Situation der ersten Halbzeit ließen wir erkennen, weshalb wir an der Spitze der Tabelle stehen. Man muss es so deutlich sagen, auf diesem Niveau werden wir schnell abgelöst. Kritische Stimmen sagen, unser Mittelfeld sei nicht präsent genug. Ich finde, es ist noch viel schlimmer, im Augenblick ist es unsichtbar. Die Spieler bewegen sich zu wenig, sie behaupten keine Bälle, und die wenigen Bälle, die sie behaupten, verarbeiten sie nicht schnell und geschmeidig genug. Es wirkt, als hätten wir über die Monsterspiele des Winters viel an unserer Spielkultur eingebüßt.

Seit Wochen reiben wir uns am Wetter, an Verletzungen, an Mittwochspielen und ausgefallenen Trainingseinheiten und vor allem an den physisch und athletischen weit besser entwickelten Teams ab. Nach jedem Spieltag müssen wir uns neu zusammenflicken, bevor wir wieder etwas für unser Ego und unsere Spielkultur tun können. Die Zeit reicht nicht aus, um auf die schwierigen Spiele angemessen zu reagieren, wir sind überfordert. Der uns ein Spitzenspiel nach dem anderen servierende Spielplan bringt uns an personelle Grenzen. Und so schön ein Feiertag unter der Woche ist, durch ihn fällt erneut ein Training aus.

Und doch kamen wir in der zweiten Halbzeit noch einmal heran, und gar nicht mal schlecht, mit großer Moral und einem erstes zartes fußballerischen Frühlingspflänzchen, noch ganz weich, aber durchaus schon in Farbe. Wir gingen es höher und offensiver an, verlegten das Spiel durch lange Bälle in die Wilmersdorfer Hälfte, erspielten uns Torchancen, ließen sie nach dem Anschlusstreffer sogar zittern, hatten gar den Ausgleich zwei Minuten später bereits auf dem Fuß, aber da ging der Ball noch über die Latte. Aber dann, ein kurzes Dribbling des rechten Außenverteidigers in der Box, ein zu ungestümes Vorgehen des Gegenspielers, eine geschickte Körpertäuschung, schon wurde unser Spieler von den Beinen geholt. Anschließender Elfer, eiskalt verwandelt, Ausgleich.

Aber dann wollten wir entweder zu viel oder eben doch zu wenig. Selbst der stramme Wind im Rücken und das Verdienst der Fairness nützten nichts. In den entscheidenden letzten Minuten des Spiels waren wir erneut nicht aufmerksam genug, vertändelten viel zu leicht die Bälle, ließen uns erneut zwei Mal nach unnötigen Ballverlusten überrennen und gaben das erspielte Unentschieden viel zu leichtfertig wieder her. Ein Punkt wäre aufgrund der schlechten ersten Halbzeit womöglich schmeichelhaft gewesen, aber mit Blick auf das gesamte Spiel und die vielen „guten Fouls“ des Gegners auch nicht unverdient.

So ist es nun, wie es ist.

[15. Spieltag / So. 19. Februar 2023]


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4:2 (2:0)
(1x Bela, 1x Levi)
Es spielten: Djamal, Bela, Jaden, Julius, Moritz, John, Jonas, Levi, Efe, Hasan, Timo, Arda, Noah


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TABELLE ANSCHAUEN
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