Friedrichshagener SV - AMA
1 : 2
An Friedrichshagen hatte ich eigentlich eine gute Erinnerungen aus der Vorsaison. Ein schöner Platz, ein ruhiges Team, ein torreicher erster Spieltag, ein insgesamt runder und angenehmer Vormittag. Dieses Mal gestaltete sich der Weg raus und der Weg zum Erfolg in Köpenick etwas holpriger. Abgesehen davon, dass wir spielerisch nicht unseren besten Tag erwischten, kam uns eine Verletzung des Vortages sichtlich unpässlich in die Quere. Zumindest der schöne Platz verhieß jedoch einen schönen Vormittag. Der war aber für das Spiel gar nicht vorgesehen.
Zuerst sollte das Match auf dem hinteren Geläuf stattfinden, wie mir zur Ankunft vom Heimtrainer mitgeteilt wurde, auf einem Platz mit perfekt abgewetzten fusseligen Teppich, der unserem alten Zülle-Rasen zwillingshaft glich, weshalb ich schon die Stirn runzelte und an den vielen giftgrünen Rasenstaub in der Waschmaschine dachte, bis ich eine weitere sehr bemerkenswerte Qualität des Platzes entdeckte, nämlich den Umstand, dass sich der Teppich an mehreren Stellen der vorderen Spielhälfte ohne Probleme bequem einen halben Meter hoch anheben ließ.
Keine Ahnung, was sich alles darunter fegen ließ, aber ich fand den Zustand des Platzes ein wenig prekär, was ich dem Schiedsrichter bei der Begrüßung auch nebenbei mitteilte. Ich verwies auf potentielle Verletzungsgefahren, gab aber auch zu verstehen, dass ich sehr wohl wüsste, wie schwer es insgesamt sei in Berlin mit dem allgemeinen und besonderen Zustand von Sportplätzen. Der Schiedsrichter, ein sehr großgewachsener, langbärtiger, kompromissloser Wehrturm, checkte daraufhin den Zustand des Platzes, hob den Rasen entschlossen prüfend sogar noch einen halben Meter höher!
Ohne dass uns daraufhin mitgeteilt wurde, was nun der Fall sei, nahm ich während unseres Warmup Aktivitäten auf der schadhaften Hälfte des Platzes wahr. Das zuvor auf dem vorderen Platz errichtete Kleinfeld schien nun bei uns aufgebaut zu werden. Komischerweise fühlte ich mich mit einem Mal schuldig. Ich hatte zwar für beide Teams indirekt den besseren Platz gesichert. Doch der Gegner blickte noch finsterer drein als schon zur Begrüßung. Ich war heilfroh, dass wir in Ermangelung eines Auswärtstrikots die Heimmannschaft nicht auch noch zusätzlich zum Tragen eines Leibchens zwingen mussten. Aber vor allem schämte ich mich fortan über unseren eigenen sehr mäßig vorgetragenen Kombinationsfußball, den ich sicherlich mit allzu ungehaltenen Gesten der Verzweiflung an der Seitenlinie nicht unbedingt aufwertete, ganz im Gegenteil.
Es war aber auch nicht schön mit anzusehen, was da auf dem schönen Rasen stattfand. Die einen wollten lediglich so, wie sie nur konnten, nämlich immer weit und hoch, die anderen konnten es an diesem Tag nicht besser und passten sich dem kollektiven Rumpeln kongenial an. Von den zehn bis zwölf Abstößen, die wir im Spiel hatten, versuchten wir nicht ein einziges Mal sauber von hinten heraus zu kombinieren, sondern schlugen den Ball stets bis zur Mittellinie, manchmal sogar darüber hinaus. Dreiviertel der ersten Halbzeit spielte sich einen bis eineinhalb Meter über der Rasennarbe ab. Da hätte man auch auf dem ollen Teppich bleiben können, es wäre dann wenigstens stilecht gewesen. Uns fehlten Ruhe am Ball, Handlungsschnelligkeit beim Anbieten und Kombinieren sowie generell erneut die technische Präzision beim Festmachen zweiter und erster Bälle.
Immer, wenn wir ein wenig ins Spielen kamen, konnte man gut sehen, wie leicht der Gegner zu bezwingen gewesen wäre. Auch wenn er sicherlich nicht zimperlich oder passiv in die Zweikämpfe ging und zuweilen gut anlief und Räume zustellte, war doch immer wieder viel Raum zu entdecken und zu bespielen gewesen, allein wir sahen und nutzen diese Räume nicht. Steckte uns wieder das Training des Vorabends in Kopf und Knochen? Durch alle Mannschaftsteile zog sich eine Unsicherheit und hohe Fehlerquote, die erschrecken ließ. Es sah phasenweise so aus, als hätten wir am Morgen das Hemd schief zugeknöpft.
Torlos bis zur Halbzeit mit nur einer einzigen guten Einschussmöglichkeit, der Gegner allerdings auch nicht gerade hochkultiviert in Sachen Aufbauspiel. So fand vor unseren Augen ein einziges monströses Ping-Pong wie beim Motorball statt. Zur Pause dann eine Ansprache, hinten in jedem Fall die Null halten, bitte, und vorne endlich einen Treffer markieren, um den Gegner in Ruhe ausspielen zu können. Das Mittelfeld endlich entschlossen übernehmen!
Stattdessen rammelte uns der Gegner erst mal in der eigenen Hälfte fest. Es dauerte zehn Minuten, bis wir den Ball endlich wieder ein wenig strukturierter spielten. Schon ergaben sich gute erste Chancen und Abschlüsse, einer fand sogar zu unserer Erlösung ins Ziel. Es schien, als ginge nun der Matchplan auf. Aber dann wurden wir von einer Einwurfentscheidung überrumpelt, standen kurz nicht gut sortiert, zwei Mittelfeldspieler nicht klar genug hinter dem Ball, die Verteidiger ebenso nicht eng genug am Gegner, und schon nahm das Verhängnis seinen Lauf: Ausgleich.
Wieder bei Null und erneut den eigenen und gegnerischen Rumpelfußball überwinden. Ächtz!
Wir hatten Glück, nochmals konnten wir nachlegen und kamen sogar weitere Male durch, nutzten eine Chance schließlich eiskalt zum Siegtreffer. Gemessen an den Spielanteilen und dem Chancenverhältnis sicher kein unverdienter Sieg, aber eben auch kein sonderlich souverän heraus gespielter und elegant dargebotener Vortrag. Die Suche nach der neuen und besten Teamschmiere geht weiter, noch hakt und knackt es überall, wir sind noch lange nicht auf einem überzeugenden Niveau angelangt.
Bis dahin müssen wir noch manches unter den Teppich kehren.
[2. Spieltag / Sa. 16. September 2023]