picture
loading

AMA / E1
SAISON 2018 / 2019

Glanz ohne Größenwahn

Leistungsvergleich beim 1. FC Union Berlin

5. Platz

Nach zwei Spielen führten wir die Blitztabelle des Feldes mit 6 Punkten und 14:3 Toren an. Erst hatten wir Hansa Rostock an die Wand gespielt, dann Red Bull Leipzig auseinandergenommen. Es sah gut aus, wir spielten einen rasanten Fußball. Auch gegen Union und St. Pauli führten wir schnell mit zwei Treffern.

Aber dann brachen wir ein, verloren die Ordnung, mussten Verletzte ersetzen, was uns aus dem Rhythmus brachte, so dass wir zwei Mal hintereinander knapp verloren und unsere famose Ausgangsposition einbüßten. Im letzten Match gegen Hannover 96 fehlten uns Kraft und Konzentration beim Verteidigen und im Abschluss. Trotz allerbester Chancen mussten wir uns zum ersten Mal mit drei Toren Unterschied geschlagen geben. Dennoch - was für ein erinnerungswürdiges Ereignis!

RB Leipzig und Hansa Rostock werden sicher in einer Mischung aus irritierter und schmerzhafter Erinnerung an uns zurückdenken. Oder auch nicht, denn was ist schon ein U11-Leistungstreffen am Anfang der Saison? Zwanzig minütige Testspiele, in denen es um nichts geht. Logisch, da kann man schon mal gegen einen Berliner Fußballzwerg verlieren.

Wie das ist, wenn man gegen einen großen Verein ein gutes Spiel hinlegt, das kennen sicherlich viele. Auch wenn sich die Großen untereinander gern treffen, füllen auch sie ihre Terminkalender mit Sparringspartnern kleineren Formats auf. So hat fast jeder schon mal in seiner Amateur-Karriere gegen einen großen Club gespielt, und im Kinderfußball ohnehin, denn bis zu einem bestimmten Alter sind die Leistungsunterschiede noch recht überschaubar, wenn auch nicht von der Hand zu weisen.

Spätestens ab der D-Jugend ändert sich vieles dramatisch. Die Talente in den kleinen Vereinen sind unlängst entdeckt und von den Großen abgeworben worden. Mittlerweile werden bereits Zwölf- bis Dreizehnjährige unter Vertrag genommen. Im Grunde ist jedes Talent eine Vorzugsaktie, die zum Spottpreis erworben wird und von der sich die großen Clubs eine Wertsteigerung versprechen, die jeden Börsenmakler erblassen lässt.

Wenn man bedenkt, wie viel Zeit und Aufwand in der Ausbildung eines Fußballers stecken, ist der Verdienst eines durchschnittlichen Profi-Spielers in absoluten Zahlen gar nicht so hoch. Nur leider verdienen ganz wenige an ihm. Vereine, die einen talentierten Spieler bis zur älteren D-Jugend halten können, bekommen zumindest einen kleinen Prozentsatz von jedem späteren Profi-Transfer ab - quasi als Aufwandsentschädigung für die vielen Spiel- und Betreuungsstunden in den frühen Jahren.

Das viele Geld ist das eine Problem, das andere ist das sportliche Herausfallen aus dem System. Denn nicht jedes Talent wird ganz nach oben kommen. Man stelle sich vor, nur ein kleiner Prozentsatz aller lernwilligen Kinder dürfte nach dem Abitur studieren! So in etwa funktioniert das Ausbildungssystem im Profifußball. In den Leistungszentren wird rege daran gearbeitet, allerbeste Spieler für den Markt zu produzieren. Gleichzeitig muss man ihnen und ihren Eltern erklären, warum es wichtig ist, sich einen Plan B (B wie Beruf) zurecht zu legen. Denn für die meisten der Hochtalentierten wird der Fußball irgendwann wieder das sein, was er am Anfang war, eine wunderschöne und mehr oder weniger zeitaufwändige Freizeitbeschäftigung.

Zwar fließt auch in den höheren Amateurklassen viel Geld, doch reicht es nur für die wenigstens zum Leben. Trainer und Ausbilder in den großen Vereinen werden qualitativ immer besser, und je älter ihre Schützlinge sind, desto zahlreicher wuseln sie um die hoffnungsvollen Talente herum. Leider möchte niemand mehr im untersten Segment des Fußballs seine Zeit opfern, um den Kleinsten der Kleinen eine sportliche Perspektive zu bieten. Je kleiner die Vereine, desto schwieriger ist es, überhaupt jemand zu finden, der für den Nachwuchs da sein möchte. Von einer Qualifizierung mal ganz abgesehen. Meistens übernehmen engagierte Väter oder Mütter, deren Sohn im Verein Fußball spielen will, den Job des Kinder-Bewegungsanimateurs. Die großen Clubs haben zumindest ihren guten Namen. Der verlockt und wickelt manchen Fußballveteranen um den kleinen Finger. In der Nachwuchsabteilung eines großen Vereins mitzuwirken, das ist schon was. Letztlich will jeder oben mitspielen, das ist im Sport wie im Leben so.

Langer Rede, kurzer Sinn: Wir werden sicherlich so schnell nicht wieder an einem solchen exklusiven Leistungstreffen teilnehmen dürfen, auch wenn wir sportlich auf Augenhöhe agierten und mehr als passabel mithielten und sogar die eine oder andere Duftnote setzen konnten. Wir haben zwar keinen offiziellen Vereinsbus und auch keinen großen Namen, aber was unsere Gastfreundschaft und Bettenkapazitäten betrifft, sind wir absolut unschlagbar. Der FC St. Pauli kann ein schönes Lied davon singen! Leider haben wir im Augenblick nicht mal einen offiziellen Trikotsatz, aber die weißen Ersatztrikots stehen uns auch ganz gut.

Uns eilt also kein Bundesligaruf voraus, aber wenn es drauf ankommt, sind wir da. Im Grunde führen wir ein ganz beschauliches, ruhiges und von jedem Größenwahn befreites Leben. Und wenn wir unseren Zaubertrank anrühren, nehmen wir es sogar mit Rom auf.

[Leistungsvergleich / Samstag 18. August 2018]


***

5. Platz
Es spielten: Albion, Blerton, Fynn, Kolja, John, Ruben, Samy, Bela, Noah, Luca, Timo


***