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AMA / F1
SAISON 2016 / 2017

Entschleunigung

FC STERN MARIENFELDE - AMA

0 : 2

Marienfelde ist eine Reise wert! Ein Dorf mitten in der Stadt. Man biegt von einer der großen Südachsen ab und landet urplötzlich in einem alten Dorfkern. Die Bürgersteige weiten sich zu wilden Streifen, das Kopfsteinpflaster knattert hart unter den Rädern, die grüne Dorfinsel wird eingefasst von schmucken Gutshäusern und kleineren Gesindegebäuden. Ein versteckter Park hinter hohen Büschen, ein Wandelgang mit antiken Repliken, es ist ein eigenwilliger Ort mitten in Berlin, den man in solcher Gestalt nicht erwartet.

Entsprechend lauschig und relaxed erwies sich die Atmosphäre auf dem Rasengelände vom FC Stern Marienfelde. Von urbanem Stress und Leistungsdruck war nichts zu spüren. Ein Ort, an dem man gerne verweilt, weil er einen zu sich selbst kommen lässt. Kleine mobile Bänke für die Eltern, eine mit lustigen Hütchen abgesteckte Fanzone, daneben eine Bambini-Trainingsgruppe, die direkt aus der Kita herüber gekommen zu sein schien. Ohne die in den Boden gerammten großen Aluminiumtore hätte das verwinkelte Rasenstück auch gut und gerne als Badewiese durchgehen können. Ein Ort der Entschleunigung, so wie der Rasen selbst.

Dieser wundersame Rasen ließ kaum ein geschmeidiges Kombinationsspiel aufkommen. Es war schwer, Torchancen auf ihm zu kreieren. Von der sommerlichen Hitze stumpf, standen die Halme dicht an dicht und recht hoch. So schmeichelte der Rasen zwar dem Fußbett, bremste aber viele der fußballerischen Aktionen gnadenlos ab. Schüsse, Dribblings und Pässe der Kinder verpufften wirkungslos in den langen Halmen. Der Spielfluss kam unfreiwillig zum Erliegen.

Die größeren Spieler taten sich noch leichter, die kleineren jedoch drohten im Gras förmlich zu versinken. Hier eine beherzte Laufbewegung, da ein schnelleres Abspiel oder ein geschickter Pass in die Tiefe - so wären wir durchaus erfolgreicher gewesen. Mit etwas mehr Schneid und fußballerischem Geschick hätten wir deutlich höher gewinnen können. So wurde es ein Spiel, bei dem beide Teams beherzt agierten, wir aber schließlich mit dem besseren spielerischen Ansatz verdient gewannen. Wir zeigten eine geschlossene Mannschaftsleistung, das war schön zu sehen. Beide Tore fielen in der zweiten Hälfte.

Zu einer Fußball-Mannschaft zu gehören, bedeutet genau das: Ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Das gilt auch für eine Mannschaft, die aus Kindern besteht. Keinem Spieler wird je ein Strick daraus gedreht, einmal ein Training aufgrund von Erschöpfung oder aus anderen Gründen zu verpassen. Aber er sollte dennoch immer ein Auge auf sich selbst haben und wissen, dass er bei zu häufigem Fehlen nicht nur in einen individuellen Trainingsrückstand gerät, sondern auch das gemeinsame Ziel der Mannschaft gefährdet. Es gibt in einer Mannschaft nicht nur die Summe der partikulären Einzelinteressen, sondern auch ein gemeinsames Ziel. Ich kann nicht Teil einer Mannschaft sein und gleichzeitig Interessen verfolgen, die mich von der Mannschaft fort tragen.

Wir haben noch zwei Ligaspiele und eine überschaubare Anzahl Turniere, die wir spielen wollen. Doch wir sollten die Spannung jetzt nicht abfallen lassen. Die Kinder können bis Ende Juli noch einiges lernen, das ihnen in der kommenden Saison von großem Nutzen sein wird. Insbesondere im Bereich der Individualtaktik stehen weitere Lerninhalte an. Je mehr sie im Training in die Spielform kommen, desto schneller begreifen sie die geheimnisvollen Zusammenhänge von aktiver und passiver Bewegung im Raum. Wie biete ich mich am besten an? Was tue ich nach einem Abspiel? Wie befreit man sich, wenn ein Gegner mächtig aufs Tor drückt?

Wir haben einen weiteren Spieler aufgenommen, der die immer wieder auftretenden personalen Lücken bei den Terminen schließen soll. Wir dürfen nicht vergessen: Das Spiel gegen Marienfelde wurde von einem Sonntag auf einen Dienstag verlegt, da nur wenige leistungsstarke Spieler für den regulären Spieltag bereit standen. Dies mitten in der Saison, ein Umstand, der uns Trainer nicht gerade beglückte. Eine weitere Frage taucht regelmäßig auf und wird zurecht gestellt, wir Trainer stellen sie ohnehin bei jedem Training: Wie viel Fußball ist gut für ein Kind, ab wann kippt das Engagement in die Leistungsfalle?

Das ist schwer zu sagen, die einen kommen gut mit dem Pensum zurecht, andere geraten in Freizeitstress. Wir beobachten sehr genau, wie die Kinder mit den drei zur Verfügung stehenden Trainingsterminen klarkommen. Hier und da sprechen wir eine Empfehlung aus. Das Spiel ist zudem komplexer geworden, es ist nicht mehr zu vergleichen mit den Frühformen der Jahre zuvor. Das bekommen insbesondere Spieler zu spüren, die zunehmend auf ein solventes Spiel auch der nicht so starken Spieler angewiesen sind. Es spielt nun ein Kollektiv, das nur durch sein aufeinander abgestimmtes Zusammenwirken stark ist und gegen einen Gegner bestehen kann. Der sehr gute Einzelspieler macht zwar in bestimmten Situationen noch einen großen Unterschied aus, ist aber zunehmend von seinen Mitspielern abhängig. Er muss seine Rolle auf dem Platz neu definieren und sich der veränderten Situation stellen.

Es ist eine schwierige Phase für alle, wie immer, wenn eine Entwicklung in ein höheres Stadium übergeht. Für den Fußball gilt das gleiche wie für jede andere Fähigkeit, die man erlernen will. Man erringt sie nicht von selbst, sondern man muss sich in Bewegung setzen. Hat man sie erlernt, kommen die Glückshormone schnell zurück und rieseln herrlich durch den Körper. Zuvor aber kann der unmittelbare Spaß am Spiel auch einmal in den Hintergrund tretet. Das bedeutet nicht, dass er ganz verschwindet. Er kommt schon wieder, keine Angst! Wenn die Lerneinheit erst auf den Spieler übergegangen ist, wird die Freude am Spiel umso größer sein.

Geburtstag oder Spiel? Das scheint die Gretchenfrage im Kinderfußball zu sein. Auch darauf gibt es keine eindeutige Antwort. Natürlich gehen Schule und Familie vor, aber auch die Mannschaft hat ihr Recht. In den Leitlinien der Jugendabteilung unseres Vereins kann nachgelesen werden, wie sich der Verein den Spiel- und Trainingsbetrieb vorstellt. Ob seine Leitlinien immer greifen? Ich weiß nur eines: Ein Spieler, der unregelmäßig trainiert oder gleich mehrere Spiel-Termine hintereinander nicht wahrnimmt, bringt nicht nur sich, sondern auch seine Mannschaft in eine problematische Lage.

In der Regel stellt ein Verein für jeden Jahrgang unterschiedliche Leistungsklassen zur Wahl. Es sei denn, er hat ohnehin nur wenige Spieler und Trainer zur Verfügung, dann bleibt es bei einer Mannschaft. Der ersten Mannschaft ist das Leistungsformat vorbehalten, in den zweiten oder dritten Mannschaften dagegen wird Fußball auch jenseits eines wie auch immer aufgestellten Leistungsprinzips erlernt und gespielt.

Je älter die Kinder werden, desto deutlicher unterscheiden sich die Leistungsniveaus und desto mehr oder weniger Spielzeit wird der Einzelne in der jeweiligen Mannschaft abbekommen. Es ist durchaus ratsam, sich zu fragen, in welchem Team man besser aufgehoben ist, da der Druck je nach Team unterschiedlich hoch ist. Das Prinzip der Durchlässigkeit ermöglicht es, je nach Entwicklungsstand in die zweite Mannschaft zu gehen und später in die erste zurück zu kehren. Ab der C-Jugend wird auf Großfeld gespielt, spätestens ab da braucht die erste Mannschaft gut ausgebildete und selbstbewusste Spieler auch aus der zweiten Mannschaft.

Der Fußball kann ein Freund fürs Leben sein, doch es kommt auf den Spieler selbst an. Teilt er mit dem Fußball viel Zeit, werden beide schnell dicke miteinander, auch wenn sie sich manchmal gehörig auf die Nerven gehen. Sehen sie sich weniger, wird sich die Freundschaft wohl in Wohlgefallen auflösen. Das ist nicht schlimm, das ist völlig normal. Man geht eine Zeit lang zusammen, dann trennt man sich.

Der Fußball ist im Grunde sehr genügsam. Er verlangt nicht mehr, aber auch nicht weniger, als dass man regelmäßig Zeit mit ihm verbringt.

[15. Spieltag / 30. Mai 2017]


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0:2 (0:0)
1x Timo, 1x Fynn
Es spielten: Samy, Fynn, Levin, Luca, Kolja, Gabriel, Timo, Julius T., Ion, Yaron

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