BFC DYNAMO E1 - AMA E1
2 : 8
Ich werde sicher keine übertriebene Lobeshymne anstimmen, nur weil wir einen großen Gegner souverän geschlagen haben. Dynamo gehörte im letzten Jahr zu den stärksten 2008er-Teams in Berlin, wir verloren unser Heimspiel klar und deutlich gegen sie, wenngleich wir personelle Probleme hatten. Auch in dieser Saison starteten sie furios und torgefährlich, bis ihnen die Füchse vor einer Woche eine deftige Niederlage beibrachten. Der Schock schien Dynamo noch in den Knochen zu sitzen.
Wir erwischten einen Traumstart an diesem perfekten und sonnigen Septembermorgen und gingen nach einer kleinen Abtastphase in Führung, konnten diese Führung sogar im Laufe der ersten Halbzeit kontinuierlich ausbauen. Bis zur Halbzeit führten wir mit vier Toren Vorsprung, ein dickes Polster. Dabei zeigten wir anfangs noch Unsicherheiten im Stellungsspiel. Wie Mahlsdorf bevorzugt Dynamo eine schnell nach vorne und in die Tiefe ausgerichtete Spielweise. Allerdings lassen sie dabei den flachen Pass vermissen und spielen stattdessen lieber hoch oder halbhoch ins Feld, um Bälle kurz vor der Mittellinie zu verlängern und die schnellen Spitzen zu bedienen. Es dauerte einige Zeit, bis wir diese Bälle kontrollierten und unserseits das Spiel nach vorne schnell machten.
Unser 6er ließ sich, weil er eine Sonderbewachung genoss, instinktiv etwas fallen, so dass der zentrale Verteidiger immer wieder energisch vorschieben konnte. Bei Ballgewinn kurz hinter der Mittellinie ging es dann ganz schnell. Entweder wurde scharf und flach in den Lauf des linken Angreifers gepasst oder der 6er fasste sich selbst ein Herz und überbrückte das Mittelfeld mit einem energischen Dribbling. Dass unser zentraler Abwehrspieler in der ersten Halbzeit gleich drei Treffer markieren konnte, war auch diesem intuitiven Positionstausch zu verdanken. Er konnte sich unbehelligt nach vorne stehlen und in der Box und aus dem Rückraum abschließen.
Beinahe hätte er seinen vierten Treffer markiert: Das Tor stand bereits sperrangelweit offen, der Torhüter war geschlagen, der Ball musste nur noch aus kurzer Distanz eingeschoben werden. Doch statt die sichere Fußinnenseite zu nehmen, schnippelte er mit dem langen Fuß nach dem Ball und setzte ihn halb Spann, halb Pike knapp neben das Tor. Sogar der von uns mitgebrachte Unparteiische soll bei dieser unglaublichen Szene vor Entsetzen auf die Knie gegangen sein, so wurde es mir jedenfalls zugetragen. In jeden Fall ein wunderbares Erinnerungsstück!
Schwer zu sagen, was Dynamo mehr demotivierte, der deutliche Rückstand oder unsere kompromisslose Spielweise? Um jeden Ball wurde gekämpft, bei Ballgewinn spielten wir mutig und präzise nach vorn. Weil wir den Ball sauber laufen ließen, gewannen wir Sicherheit in all unseren Aktionen. Irgendwann trauten wir uns dann auch, ins Dribbling zu gehen. Aber vor allem erzielten wir zur richtigen Zeit unsere Tore, wir nutzten die Chancen, sie sich boten. Sicher ließen wir auch einige Möglichkeiten aus, aber insgesamt stimmte die Quote. Im Grunde spielten wir alle Treffer sauber heraus, kein einziger Treffer fiel nach einer Standardsituation.
In der zweiten Halbzeit brannte uns nichts mehr an. Wir kontrollierten das Spiel und drückten den Gegner tief in seine Hälfte. Er verlor zunehmend die Lust, sich gegen eine erneute Niederlage zu stemmen. Die offene Rechnung der Vorsaison war mehr als beglichen, schon im Sommer hatten wir an gleicher Stelle ein Turnier gewonnen. Möglich, dass uns der erneute Einsatz eines mitgebrachten Schiedsrichters zusätzliche Sicherheit gab, während es für den Gegner eher befremdlich war, sich der Spielleitung eines "Gast-Schiedsrichters" zu stellen. Im Grunde agierten beide Teams absolut fair, es gab keinerlei unschöne Szenen. Allein dies dürfte auch ein Beleg für die gute Jugendarbeit beider Vereine sein - Schiedsrichter hin oder her.
Am meisten beeindruckte mich, wie die Kinder Lösungen für die zweikampfstarke Spielweise des Gegners fand. Ich sah kleine interessante Szenen auf dem Feld, die wir in der Ausprägung weder angesprochen, noch explizit trainiert hätten, auf die die Kinder aber nunmehr durch Spielintelligenz von selber kommen. Das ist freilich das schönste Ergebnis an solch einem perfekten Spieltag, denn genau darum geht es: Fußballer zu formen, die nicht nur das technische und körperliche Rüstzeug für diesen Sport mitbringen, sondern intuitiv die richtigen Entscheidungen auf dem Platz treffen. Die Entschlossenheit und Präzision, mit der sie dieses wichtige Spiel für sich entschieden, war jedenfalls mehr als erstaunlich, blickte ich doch vor dem Spiel noch in lauter gähnende und nach Sauerstoff lechzende Gesichter.
[5. Punktspiel HR / 29. September 2018]