Mini-Turnier in der Football BASE
just for fun
Die Adidas Football-Base im Wedding ist einer der Orte, der sich auch nach mehreren Besuchen trotz der Vielfalt seiner innewohnenden Attraktionen für mich auf ein wesentliches Wahrnehmungsmerkmal reduziert: einer schwer auszuhaltenden, an den Knochen nagenden Kälte. Zumindest im Winter und als passiver Teilnehmer eines Miniturniers.
Ich erinnere mich, dass ich dort, wo sich heute der Hauptplatz befindet, den wir schon einige Male durch unseren guten Kontakte zum Sponsoren nutzen durften, vor noch nicht allzu langer Zeit eine Fotografie-Gruppen-Ausstellung besuchte und in der schieren Masse junger, gut aussehender Menschen erheblich ins Schwitzen geriet. Nun gut, es war Sommer, und was die Halle, die ursprünglich den Berliner Verkehrs Betrieben gehörte, im Winter zu kalt sein mag, ist sie im Sommer wohl zu warm.
Was mich in Berlin nicht sonderlich irritiert, ist der Umstand, dass aus einem Ort schnell ein anderer werden kann. Dort, wo ich einmal Fotografien betrachtete und über sie nachdachte, wird nun Straßenfußball im Design einer global agierenden Ausstatter-Marke zelebriert. Es ist ein im Grunde schrecklich durchgestylter Ort, dessen wesentliches Merkmal, trotz all der kostbar imitierten Street-Football-Credibility, eine schwer erträgliche Kälte ist. Ich fühle mich an einen Zirkus erinnert, der sein Zelt im Winter nicht beheizen kann, weil ihm die Mittel ausgegangen sind. Jede noch so gute Nummer schrumpft auf ein Durchhaltekunststück für den Zuschauer zusammen.
Man mag den Charme von Messehallen mit der urbanen Härte von Käfigfußball zu einem edel-industriellen Soccer-Indoor-Event verschmelzen können, aber dem Fluch eines zugigen Zirkuszeltes kommt man auch nicht mit schwarzen Betonböden, beherzt krachenden Käfigzäunen und coolen blauen Neonlampen bei. Eine nicht beheizte Halle bleibt eine nicht beheizte Halle, egal ob drinnen echte Stars oder solche, die es nur zu einem gestreiften Double geschafft haben, auflaufen. Der Fuhrpark vor der Halle gleicht an guten Tagen nicht selten einem Quartett für PS-Riesen, denn das gehört offensichtlich zum vermeintlichen Profi-Status dazu. Nicht weit entfernt von allem, prangt das neue Weddinger Wahrzeichen in Gestalt dreier Brüder, von denen es zumindest zwei ganz nach oben im Fußball geschafft haben. „Gewachsen auf Beton“ lautet der Slogan. Auch dieses Graffiti ist kein Zufall und schmückt die triste Hauswand noch nicht allzu lange Zeit.
Freilich sieht im Innern alles perfekt aus, das Licht ist hervorragend und besonders gut geeignet für effektvolle Blitzlicht-Farbfotos, die sich umstandslos auf Facebook posten lassen. Der Kunstrasen des großen Feldes ist ein gemütlicher, flauschiger Flokati, der den Ball nicht allzu schnell werden lässt. Das ist wichtig auf einem Geläuf, das kaum 30 Meter Länge misst. Man möchte sich am liebsten in die herrlich weichen Schlaufen dieses Rasenteppichs hineinlegen und dann entspannen. Das Spiel als solches wirkt butterweich. Schlecht getimte Pässe bleiben unentdeckt, alles wird per se abgebremst. Der Ball klebt wie von selbst am Fuß. Er liegt immer gut auf, weshalb er auch schnell aufs Tor geschossen werden kann. Der angenehm klangvoll scheppernde Käfigzaun verhindert das sonst so lästige Ballholen. Auch das ist ein wohl kalkulierter Effekt, der von den Spielern gern angenommen wird. Man fühlt sich, als seien kleine unsichtbare Balljungen am Spielfeldrand unterwegs.
Am besten aber ist der für alle in der Spielbewegung immer wieder aufscheinende Glanz der für ein paar Stunden ausgeliehenen neuen Schuhe des Herstellers: Die neueste Modelle, deren jeweiliges Farbkonzept in dem leicht lumineszierenden Licht der Halle wie angegossen sitzt! Wovor jeder Profi Reißaus nehmen würde, vor dem Wechsel des eigenen getragenen Schuhs gegen einen Blasen bringenden Neuen, das wird hier zum großen Lockmittel für die kleinen und manchmal schon sehr großen Nachwuchskicker. Alles ist darauf ausgerichtet, einmal so kicken zu dürfen wie die Profis: Ein herrlich hergerichteter Platz, ein bestens gepflegter Rasen, allerneueste Marken-Schuhe, und das alles komplett umsonst. Tribüne, Käfigpark und allerlei prominente Zaungäste im heroischen Halbgötterformat vollenden die Fußball-Wochenendidylle an einem historisch ganz anders geerdeten Ort, der ursprünglich mal ein Ort harter, schweißtreibender Arbeit war, Tag und Nacht. Übrig geblieben sind allein die Frostbeulen, die man sich als Zuschauer holt - zumindest im Winter. Auch eine Art Fortschritt, wenn man so will!
[Mini-Turnier / SAMSTAG, 11. FEBRUAR 2017]