AMA e2 - BSV Hürtürkel E2
6 : 1
Von wem kam denn nun der Schiedsrichter? Angeblich, so unser Platzwart, war ein Schiedsrichter offiziell für die Partie angesetzt, aber der tauchte gar nicht auf. Allerdings übernahm ein anderer mit einer schwarzen "BFC"-Jacke wie selbstverständlich das Amt des Unparteiischen. Direkt vor dem Anpfiff stellte er sich kurz bei mir vor. In dem Augenblick dachte ich allerdings, es sei ein Hürtürkel-Trainer. Hatte Hürtürkel ihn mitgebracht? Egal, bis auf einen klaren Elfmeter, den er uns seltsamerweise nicht geben wollte, machte der große Unbekannte seine Sache gut.
Aber letztlich musste er auch nicht viel regeln, denn das taten wir schon selber. Unser Pressing funktionierte tadellos, und bis auf acht unsichere Minuten zur Mitte der ersten Halbzeit, in der unsere Ordnung ein wenig kippte, ließen wir den Ball gut laufen und fanden darüber leicht ins Spiel. Der Matchplan war es, aus einer stabilen Defensive heraus ein klares und solides Aufbauspiel nach vorne zu organisieren, um dort schnell Totchancen zu kreieren und sie zu nutzen.
In den ersten zehn Minuten ging die Taktik perfekt auf. Wir führten rasch mit zwei Treffer, ein dritter lag in der Luft. Doch dann verloren wir kurzweilig den Faden und verpassten es, den Deckel fest in die Hand zu nehmen und vorzujustieren. Stattdessen kassierten wir einen unnötigen Gegentreffer, der den berüchtigten akustischen Hürtürkel-Hall am Spielfeldrand auslöste: Dieses beeindruckende Hineinwerfen von aufbrandender Anfeuerungswucht für die Spieler durch den mitgereisten Anhang.
Aber wir hielten ihm gekonnt stand und brachten die Führung sicher in die Pause, wo wir Matchplan-Karte Nummer 2 zogen: Jetzt die Offensive verstärken und noch konzentrierter hoch verteidigen! Und siehe da, auch dieses Mal funktionierte es. Wieder trafen wir zwei mal kurz hintereinander, was unserem Spiel noch mehr Stabilität gab und uns endgültig auf die Siegerstraße brachte. Dem Gegner schwanden zunehmend die Kräfte, wir drückten in einer Mischung aus energischen Dribblings und klugen schnellen Zuspielen auf das Hürtürkel-Tor und erarbeiteten uns weitere gute Torchancen. Zumindest zwei davon nutzten wir eiskalt, dies reichte für einen klaren und niemals gefährdeten Sieg. Albions grandioser Heber über den Torhüter hinweg bildete den schönen Schlusspunkt.
Den zweiten Tabellenplatz in dieser Staffel kann uns niemand mehr nehmen, aber darauf kommt es nicht an. Wir wollen jede Woche guten Fußball spielen und uns kontinuierlich weiter entwickeln. Deshalb investieren wir so viel Zeit und Engagement ins Training und versuchen, jedem Spieler zumindest zwei Einheiten in der Woche zu ermöglichen, so dass er seine Techniken und seine Spielintelligenz verbessern kann. Zugleich achten wir sehr genau darauf, dass der Kader in seiner Spielstärke homogen bleibt und sich die Mannschaft als ein funktionierendes System versteht, in dem jeder seine Chance zur Entwicklung besitzt.
In der Rückrunde werden wir auf spielstärkere Gegner treffen, da die Staffeln neu gemixt werden. Das ist ein schöner Anreiz, sich auch einmal in Genügsamkeit zu üben, ohne an Selbstbewusstsein zu verlieren. Denn es wird nicht darum gehen, permanent zu gewinnen, sondern sich als Mannschaft insgesamt zu entwickeln. Wenn ich zurückschaue auf die halbjährlichen Begegnungen gegen Hürtürkel, kann ich diese Entwicklung deutlich erkennen. Vor zwei Jahren begegnete man sich auf Augenhöhe, mittlerweile dominieren wir das Spiel durch unsere Vielfalt an fußballerischen Mitteln und unsere erarbeitete Spielkultur.
Die einen lernen schneller, die anderen etwas langsamer, nicht nur im Fußball. Die Kunst ist es, den Schwarm zusammen zu halten. Am schönsten wäre es freilich, wenn jeder mal an der Spitze fliegen könnte, um den anderen Windschatten zu geben. Aber davon sind wir noch ein Stückchen entfernt. Aber eigentlich ist das auch ganz gut so, denn so finden sich immer neue Ziele und Anreize, auf die sich der Einzelne und die Mannschaft konzentrieren können, um die Spannung hochzuhalten. Die größte Gefahr, die über einen Spieler oder eine Mannschaft kommen kann, ist die der leichtfertigen Selbstzufriedenheit.
Übertriebener Druck schadet der Freude am Spiel und dem Sport! Weniger ist mehr, ist durchaus ein probates Mittel in der Kunst und gilt in vielen Lebenszusammenhängen. Im Sport allerdings muss man zunächst immer eine Scheibe drauflegen, erst dann kommt die goldene Regel zur Geltung: Moderat steigern, nicht überbelasten. Eine leichte Scheibe muss sein, sonst bleibt die Entwicklung aus. Spaß allein läuft noch nicht schneller, auch wenn es verdammt viel Spaß macht, schnell zu laufen.
[8. SPIELTAG / 3. DEZEMBER 2017]