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AMA / D1
SAISON 2020 / 2021

Aufhören, wenn´s am schönsten ist!

Testspiele gegen BFC Dynamo und Union Berlin

Beide gewonnnen

Diesen Moment habe ich freilich längst verpasst, wie wir auch die liegen gebliebene riesige Taktiktafel von Union als Trophäe besser behalten hätten. Ja, es waren schöne und spannende Jahre im Kleinfeld. Ein Jahrgang, der sich Schritt für Schritt, Spiel für Spiel entwickelte und zu einem der stärksten seiner Altersklasse in Berlin wurde, leider am Ende doch eingeholt von der immer gleichen Routine und vorhersagbaren Volte des Institutionellen und Allgemeinen.

Der traurige Moment des Abschieds, die letzte Lehre, die einem das Spiel erteilt. Nichts ist unendlich, alles geht zu Ende. Morgen findet vielleicht ein neues Spiel statt, aber für heute sind der Spaß und das Abenteuer beendet. Schade, denn der Abend wirkte vielversprechend. So wie damals im Sommer, als wir als Kinder auf dem Bolzer standen und plötzlich einer nach dem anderen nach Hause ging. Die einen mussten, die anderen wollten, weil sie Hunger bekommen hatten oder Durst. Zurück blieben die, die noch lange nicht genug hatten oder vielleicht von ihrem Zuhause eh nicht viel erwarten durften.

Wir müssen hier nicht über Corona klagen und das, was die Shutdowns bewirkten, dieses sehr lange Aushalten veränderter Lebensbedingungen und den Ausfall von eineinhalb Spielzeiten. Eine Gesellschaft ist immer nur so gut, wie sie sich auf schwierige Verhältnisse einzustellen vermag, auch darin ähnelt das Leben dem Fußball. Für die Kinder und Jugendlichen wird Corona eine Erfahrung bleiben, dessen Tiefenwirkung wir Erwachsene selber noch gar nicht verstehen und erklären können.

Gesellschaften haben schon ganz andere Krisen überstanden, da wird sich Corona einreihen und wahrscheinlich gar nicht so hervorstechen. Auch dürfte diese globale Epidemie nur eine Vorstufe oder eine Etappe auf einem ganz anderen Weg sein, dessen Bedingungen man dieser Tage, die unglaublich heiß sind, bereits gut spüren konnte. Im Vergleich zum Klimawandel dürfte Corona nur ein unbedeutendes Vorspiel gesellschaftlicher und sozialer Verwerfungen bleiben, eine Art simple Trainingseinheit. Und gegenüber dieser simplen Trainingseinheit nimmt sich das Auflösen eines spielstarken Fußball-Jahrgangs in Berlin überhaupt völlig unbedeutend aus.

Jeder andere Trainer wäre froh, wenn er so viele Spieler seines Teams bei größeren Vereinen unterbekommen hätte, ich bin es nicht. Für mich ist es eine Niederlage. So viel Zeit und Engagement, um am Ende festzustellen, dass simpelste Interessen und Motive des Individuellen eine noch viel größere Kraft entwickeln können als die gemeinschaftliche Idee, das verträgt sich nicht gut mit dem Gedanken an eine vermeintliche Erfolgsgeschichte. Vielleicht ist dies auch der Grund, weshalb ich dem Fußball als Institution schon immer misstraut habe und ihm sehr lange Zeit den Rücken zukehrte, nicht dem Spiel als solchen wohlbemerkt, selbst wenn ich es selber schon sehr lange nicht mehr spielen kann und nie so zu Ende spielen durfte, wie ich es mir einmal gewünscht hatte. Das Spiel offenbart nun mal in seinen unfairsten oder ungerechtesten Momenten die ganze Wahrheit.

Es ist eine so lebendige und wirkungsvolle Metapher des Leben, dass es schon an seine Stelle treten kann. Und immer wenn dies geschieht, muss man aufpassen, hinterrücks nicht von etwas anderem überholt zu werden.

So, wie die großen Vereine versuchen, ihren Status zu institutionalisieren, indem sie schon im Kinderfußball beginnen, die talentiertesten Kinder für sich zu gewinnen und ihnen einen Weg in die Talentschmieden zu offerieren, so versuchen viele aus dem Spiel ein rentables Geschäft zu machen, dessen Sinn eher die Vergoldung als die Verehrung des Spiels ist. Es ist noch nicht lange her, dass die größten sportlichen Erfolge der Menschheit von Menschen errungen wurden, die durch ihr Können zwar einen hohen Status genossen, aber nicht unbedingt mit einen Lamborghini zur Trainingseinheit vorfuhren. Ich weiß nicht, ob ein Uwe Seeler je darüber nachgedacht hat, dass ein Wechsel nach Italien vielleicht auch einen sportlichen Karriereschritt bedeutet hätte. Wenn mir aber 12jährige heute davon erzählen, es ginge für sie bei einem Wechsel zu einem größeren Verein um den „nächsten Schritt“, weiß ich sofort, dass sie vom Sport und vom Leben selber noch nicht viel verstanden haben. Den nächsten Schritt macht man in jedem Training und vor allem dadurch, dass man immer alles gibt. Wenn man den Verein wechselt, macht man keinen Schritt, sondern wechselt nur den Trainingsplatz und das Team.

Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Aber wann ist es am schönsten?

Die ersten beiden Großfeld-Spiele mit unserem neuen Kader waren bereits extrem schön. Wenn man innerhalb einer Woche und zum Abschluss einer so gut wie komplett ausgefallenen Saison gleich zwei große Clubs mit seinen bescheidenen Mitteln besiegen kann, dann weiß man, wofür der Sport und die Idee des Gemeinschaftlichen im Fußball gut ist. Alles Getue, jedes übermächtige System, alle vermeintliche Professionalität, die tollsten Trikots und Fußball-Schuhe verlieren ihren Status, ihre Übermacht in dem Augenblick, im dem sich die Wahrheit des Spiels auf dem Platz manifestiert. David schlägt Goliath, das ist immer noch eine der schönsten Legenden, die jede Meisterschaft und jeden Topclub überleben wird.

Am Ende erzählt jeder seiner eigene Geschichte. (Deshalb darf Union auch ruhig ein falsches Ergebnis posten. Geschenkt!)

Unsere ist die, immer wieder aufgestanden zu sein nach jeder Niederlage, niemals aufgegeben zu haben, selbst wenn die Voraussetzungen über die Zeit immer schwieriger wurden. Mögen Union und Dynamo in den höheren Spielklassen unterwegs sein, über mindestens zwei Torhüter (mit entsprechend großen und passenden Torwarthandschuhen) verfügen und von bis zu drei Trainern mit exzellenten Trainerscheinen betreut und ausgebildet werden, nicht zu vergessen die aufopferungsvollen Betreuerinnen und das technisches Taktik-Equipment. Geschlagen haben wir diese Teams trotzdem, und in beiden Fällen auf eine Weise, die die Idee des Sports unterstreicht, nicht den Status der Vereine, von denen wir selber zumindest ein kleiner sind.

Genau das ist die Wahrheit des Spiels, für die es sich immer wieder aufzulaufen lohnt und die sich selbst dann nicht ändert, wenn die besten Spieler plötzlich nach Hause gehen, ob sie es nun müssen oder wollen, die Lust am Kicken überdauert alles.

Wer draußen bleibt, dem gehört der Platz!

[2 Testpiele / 13. und 18. Juni 2021]


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BFC Dynamo - AMA
2:3 (2:2)
(Eigentor (sic!),1x Timo, 1x Jonas)
Es spielten: Bela, Kolja, Arda, John, Femi, Jonas, Timo, Levin, Luca, Guillermo, Theo, Arno, Emil, Julius, Levi, Felix



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AMA - FC Union Berlin
7:5 (2:4, 4:4)
(Torschützen sekundär)
Es spielten: Bela, Kolja, Arda, John, Femi, Jonas, Timo, Luca, Guillermo, Theo, Arno, Emil, Julius, Levi, Felix



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