BFC DYNAMO-Pfingstcup
1. Platz
Dieses Mal traten wir bewusst mit einem Matchplan an, dessen oberste Maxime lautete: Keine Experimente! Man muss dazu sagen, dass dies letztlich auch ein Experiment war. Es galt, das Team über das ganze Turnier so stark wie möglich aufzustellen und dabei drei Probespieler zu integrieren, um zu beobachten, wie sie sich ins gemeinsame Spiel einfinden würden.
Wir stellten sehr konservativ auf, eigentlich gegen jegliche Regel des egalitären Kinderfußballs. Vier feste defensive und zentrale Hauptlastspieler wurden gesetzt, die über das gesamte Turnier nur dann gewechselt oder entlastet wurden, wenn es der Spielstand zuließ. Sie sollten dem Team die nötige Stabilität geben, um auf den Angriffspositionen rege ausprobieren zu können. Hinten sicher stehen und schnell in die Spitze spielen in einem 3-1-2-System, das war unsere Vorgabe. Ein System, das den individuellen Stärken unserer Spieler sehr zugute kam, auch wenn es fußballerisch durchaus interessantere Formen gibt.
Man kann in all dem ein gutes Beispiel für den leidlichen Ergebnisfußball sehen, der unter den Apologeten des kindgerechten Ausbildungsfußballs zurecht verpönt ist. Aber wie so oft einigt sich die Wirklichkeit mit der Theorie und Praxis auf einen Kompromiss. Vierzehn Turnierspiele hindurch auf vier Positionen, darunter die des Torwarts, kaum oder gar nicht zu wechseln, das ist alles andere als vorbildlich im Sinne eines vielseitigen Lernprozesses im Kinderfußball. Nicht jeder Spieler durfte einmal vorne spielen, obwohl der Wunsch laut wurden. "Nein, heute Mal nicht, wir wollen hier das Turnier gewinnen!" So sprechen in der Regel nur Trainer, die ergebnisorientiert denken und handeln. Oder etwas Bestimmtes im Sinn haben.
Auf der anderen Seite konnte dadurch jeder Spieler seine individuellen Stärken voll ausfahren. Das Ergebnis gab uns zumindest aus der Perspektive des Experiments recht: Wir landeten auf dem ersten Platz, gewannen das Turnier und hatten die Taschen voller neuer Erkenntnisse, die wichtig sind für den Prozess der Mannschaft als solchen, denn um sie, die Mannschaft, geht es.
Ich will die Leistung aller nicht klein reden, im Gegenteil jeder hat ein großes Lob verdient. Die Mannschaft war - wie schon vor zehn Tagen beim Hertha-Cup - mit großer Leidenschaft und voller Konzentration über einen ganz langen Tag unterwegs. In den entscheidenden Spielen waren wir deutlich stärker als die Konkurrenz, wir waren aktiver, wacher und schneller am und mit dem Ball, so dass die Siege nicht zufällig eingefahren wurden. Der Turniersieg war absolut gerechtfertigt. Wir setzten damit ein Zeichen - vor allem vor uns selbst! Denn an Selbstbewusstsein und Charakterstärke hatte es uns zuletzt gefehlt in der Liga.
Das nächste Punktspiel wird freilich eine ungleich höhere und schwierigere Aufgabe sein als solch ein breit besetztes Turnier, bei dem es einen schönen dicken Pokal zu gewinnen gab. Gegen die Hertha 03 nützen uns die Siegermedaillen wenig. Wenn es bei uns läuft, dann läuft es zwar, das kennen wir schon. Die Frage aber ist, bekommen wir ein Spiel auch zum Laufen, wenn es einmal nicht für uns läuft? Haben wir genügend Selbstbewusstsein und Vertrauen in uns und unsere Spielweise, so dass wir auch mal einen ungemütlichen Rückstand wett machen können? Union hat das gegen uns gezeigt, auch andere Teams geben sich nach einem Rückstand noch lange nicht geschlagen. Genau da wollen wir auch hin!
Die Kinder sollen lernen, die Flinte nicht immer gleich ins Korn zu werfen, wenn es mal nicht auf Anhieb klappt. Sie sollen ein Spiel annehmen lernen, es auch in schwierigen Situationen an sich reißen und Lösungen kreieren können. Turniere sind dafür eine gute Übung, und so übten wir dieses Mal weniger den regen Wechsel auf vielen Positionen, sondern wie man über einen langen Tag sein Ziel nicht aus den Augen verliert und sich immer neu motiviert, Spiel für Spiel, Schritt für Schritt. Einmal mussten wir einen Rückstand aufholen. In den entscheidenden Spielen der Goldrunde ließen wir erst gar keinen zu. Die Abwehr stand so sicher, dass unserem Torhüter das Beobachten des fernen Spiels sogar einmal etwas zu schwer wurde in den Beinen und er sich im Strafraum gemütlich niederließ. Zu anderen, gottlob längst überwundenen Zeiten wäre er für eine solche freimütige Geste am selben Ort wahrscheinlich direkt verhaftet worden.
Weil es so gut lief, hatten wir genügend Zeit und Raum, individuell auf Einzelspieler einzugehen, um ihnen dezidiert etwas zur Verbesserung ihrer Spielweise an die Hand zu geben. Man konnte sehen, wie diese Tipps gut umgesetzt wurden - auch dies ein deutlicher Fortschritt. Freilich waren die Gegner, auf die wir trafen, nicht durch die Bank derart spiel- und zweikampfstark wie die Teams in unserer Liga, so dass nicht jedes Spiel zu einem Duell auf Augenhöhe avancierte. Gleichwohl waren insgesamt gewaltige 154 Minuten Spielzeit zu bewältigen bei Temperaturen um die 20 Grad Celsius und wenig Schatten.
Offenbar übertrug sich der alte Kaderschmieden-Sportsgeist des Ostberliner-Leistungssport-Geländes mit seinen altehrwürdigen Gebäuden und Stadion-Baracken ganz formidable auf unsere leicht anarchistische Kreuzberger Kicher- und Kokoloresmentalität. Ein Umstand, der mir auf prekäre Weise schon wieder zu denken aufgibt, zumal an einem Tag, an dem die Christen die Einsegnung des heiligen Geistes feiern, gemeinhin auch als das Pfingstwunder bekannt. Wir belassen das Ganze mal besser bei einem ganz normalen, wenn auch sehr souverän und schön heraus gespielten, hoch verdienten Turniersieg.
"Habt ihr wirklich gut gemacht, Jungs!"
[BFC Dynamo-Pfingstcup / Sonntag 20. Mai 2018]