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AMA / F4
SAISON 2015 / 2016

DIE BELAGERUNG VON AMARKAND

AMA fIV - FC HERTHA 03 fV

0 : 12

Das Gute: Wir haben „den Sand nicht in den Kopf gesteckt“ (Lothar Matthäus). Das Schlechte: Der Sand war schon drin! Spiel verloren, Elfmeterschießen verloren, sogar der stolze AMA-Ruf verpuffte so harmlos wie einer unserer schlaffsten Pässe. Aber das alles ist nicht verwunderlich nach einer derart unnachgiebigen Belagerung des eigenen Gehäuses durch militärisch geschulte preußisch blaue Truppen von 1803. Vierzig lange Minuten standen die langen Jungs in enger Formation dicht hinter unserem Strafraum, schossen uns die Bude ein, fingen jeden noch so kühnen Ausreißer ein, der sich selbstlos durch die Reihen boxte, um Hilfe für die Belagerten zu holen. Keine Chance! Ein ungleiches Gefecht, die Verteilung der Kräfte von Anfang an eine haarsträubende Ungerechtigkeit. So fühlt es sich an, wenn man sich auf dem falschen Schenkel der Wohlstandsschere wiederfindet. Jedes Streben, jeder neue Anstoß erscheint aussichtslos! Ist es aber nicht!

Hätte Nelson im Tor nicht so tapfer verteidigt und mit einer geradezu ritterlichen Ruhe jeden Abstoß wunderbar verzögert, wahrscheinlich hätte es uns irgendwann sogar das Tor selbst zerlegt. Schuss für Schuss ein wenig Metall und Synthetikfasermasche weniger. Wobei dies auch eine Strategie ist: Sich so lange bombardieren zu lassen, bis nichts mehr da ist. Muhammed Ali hat das einmal mit Georg Foreman gemacht, aber da war es taktisches Kalkül, und im entscheidenden Augenblick war Ali eben doch da, machte auf und setzte eine saubere Kombination gegen den krausen Mammutbaum. Bumm, bumm, bumm, rechts links, rechts links, noch ein Tanz um den fallenden, in sich zusammensackenden Turm, dann war der Sieg seiner. Aber gut, das hilft uns jetzt auch nicht weiter.

Es ist nämlich so, ich muss mir dieses Spiel ein wenig schön reden, ich tat es von Anfang an. Ich wusste, was auf uns zukommt, mir war von Anfang an klar, dass es kein Zuckerschlecken wird. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, und ganz so nüchtern und realistisch wie Paul J. schätzte ich die Sache nun auch wieder nicht ein: „Wir verlieren doch sowieso!“, sagte er vor dem Spiel, noch während wir uns umzogen. Ich meine, zu dem Zeitpunkt war es doch noch herrlich warm, die Kabine prima geheizt, die Trikots frisch gewaschen, der Morgen jungfräulich zart und das Schicksal offen für jede Form des Wunders – wie kann man da ein derartig scharfes und schweres Schwert des Pessimismus freigiebig über unseren Köpfen kreisen lassen? „Wer sagt denn so was, Paul?“ - „Mein Papa heute morgen!“

Da haben wir sie wieder, die leidliche Diskussion über die sogenannte Vorbildfunktion! Nichts gegen eine solide Einschätzung wahrhaftiger Kräfteverhältnisse, man muss Kindern auch nicht auf Teufel komm raus das Blaue vom Himmel versprechen, wenn gerade Sturm angesagt ist, aber manchmal, insbesondere im Fußball, ist mir die Geschichte von David und Goliat doch lieber! Also noch mal für alle: Ein F-Jugend-Spiel dauert 40 Minuten, der Ball ist rund, er ist das wahre Geheimnis des Fußballs, als Rundes muss er ins Eckige, die Medien sterilisieren eh alles nur hoch, es ist sogar so, dass der Tabellenerste jederzeit den Spitzenreiter schlagen kann, und wenn jemand am Ball vorbei tritt, dann nur deshalb, weil der Ball nicht an der richtigen Stelle war!

Freunde, ohne ein gewisses Maß an solidem Grundoptimismus können wir in diesem Sport direkt einpacken, ich schwöre!

Aber wie befreien wir uns nun aus einer so heftigen Umklammerung und Belagerung wie heute, wenn keiner unserer Spieler eine Haubitze in den Beinen trägt oder wenigstens einen Viertelpfünder unterm Arm dabei hat? Na, ist doch klar, wir nehmen die Steinschleuder zu Hilfe! Wir sind mutig und listig, wir gucken unseren Gegner aus, und im entscheidenden Moment, wenn der Gegner sich allzu sicher fühlt und uns unterschätzt, dann setzen wir ihm eins mit der Picke hart vors Schienbein und fummeln uns rebellisch frei! Kapiert?

Ein bisschen mehr Courage, liebe Freunde! Ihr seid nicht schlechter als all die ollen Deppen im Profi-Fußball, die mit ihren Jahrhunderttricks Geschichte schrieben, von Loddar bis Labbadia. Lernt das Spiel von seiner taktischen Seite kennen, wer richtig steht, muss weniger rennen, der Ball hat die beste Kondition, und vor allem: Kommt alle wieder regelmäßig zum Training, denn da wartet noch eine Menge Arbeit auf uns!

Es spielten:

Nelson (99 Torschüsse abgewehrt), Kimon (60% Zweikämpfe gewonnen) , Francesco (rechte Flanke dicht gemacht), Jakob (1 Torschuss, 2 indirekte Freistöße), Paul J. (Position bezogen und sicher gehalten, untrügliches Orakel), Keyan (1 Torschuss, Höllen-Laufpensum), Dhanji (weltbester Kunstgrasgrätscher), Lenni (mit Fieber und Feuerblase am Zeh bis zum Umfallen), Eduard (Flexibler Gordischer Mittelfeldknoten, bis ihm die Hände einfroren), Lenne (freimütig auf Elfmeterschuss verzichtet, warum nur?)

[SAISON 15/16 - 8. SPIELTAG - 21. NOVEMBER 2015]


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