AMA U15 - Oranje U15
7 : 0
Zwei plötzliche Abgänge, zwei neue Aspiranten, Winnetou und Karl May am Woke-Pfahl neben allerlei selbstklebenden oder sich verkabelbindenden Aktivisten in Museen und großen Fußballarenen. Zwischendurch ein ausgefallenes Training wegen Gewitterregens, bereits das zweite in dieser jungen Saison, sowie eine gut aufgestellte Abseitsfalle am Samstag Mittag, in die wir wie trunkene Sommer-Fliegen ins Klebeband schwirrten. Trotzdem am Ende klare sieben zu null Buden in einem Freundschaftsspiel, bei dem uns der Gästetrainer zum finalen Handshake offenherzig und großzügig erklärte, wie man eine Abseitsfalle taktisch am besten überwindet.
Der Gästetipp war durchaus nützlich, wenngleich sich die Frage stellte, was eine perfekt funktionierende Abseitsfalle eigentlich bringt, wenn man am Ende doch eine Hand voll Tore gegen sich bekommt? Stellten wir uns bei der Überwindung also noch recht umständlich an, forderte uns Oranje im Gegenzug auch nicht sonderlich heraus oder gar viel ab. Für ein Spiel auf Augenhöhe fehlten den Gästen die spielerisches und charakterlich-individuellen Elemente, wenngleich ich von unserer eigenen fußballerischen Anlage auch nicht sonderlich ergriffen war.
In so einem frühen Stadium der Saisonvorbereitung greifen ohnehin nur wenige Details wirkungsvoll ineinander. Für einige Spieler war es der erste Wettkampf seit zwei Monaten, für andere die zweite Gelegenheit, sich im neuen Team zurecht zu finden. Auch schien die späte Mittagsstunde nicht sonderlich begünstigend auf Konzentration und Körperspannung auszustrahlen, das Meiste sah noch recht verhalten aus. Ein Reiz ist jedoch bereits gesetzt, denn wir werden dauerhaft diese späte Startzeit haben und uns der Unannehmlichkeit eines verkürzten und begrenzten Warm-Up stellen müssen. Eine Art verlängertes 9-Euro-Ticket: Langes Ausschlafen, dann großes Gedränge am Platz, selten ein freier Sitz auf der langen Fahrt durch die Tabelle.
Mit Geduld und Können werden wir aber durchaus weit kommen. Am liebsten wieder ganz nach oben - bis an die Küste, die mir jetzt, wo der Sommer ausklingt, schon wieder fehlt. Ohnehin wird es eng, insbesondere beim Training. Aufgrund Berlin spezifischer Gewohnheiten darf auch in dieser Saison Hockey auf dem Züllichauer Sportplatz trainiert werden, jeden Montag zur besten Jugendsportzeit. Unser Verein hatte darauf spekuliert, die Zeiten vom Nachbarverein übernehmen zu können, der oft nur mit einer recht überschaubaren Gruppe die Weiten des Platzes abgrast. Zu früh gefreut!
Arg wenig Raum, bei hoher Teilnehmerzahl? Optimale Bedingungen für ein verschärftes Training unter extrem hohen Gegnerdruck. Wir kommen dem Ideal des ach so hoch gelobten Bolzplatz-Fußballs auch in den Leistungsklassen immer näher.
Das Ganze erinnert mich an eine Anekdote meiner Jugend: Zu einer Stadtgala war der damalige mehrfache Sandbahnweltmeister Egon Müller geladen, der neben seinen Speedmotorradkünsten eine Sängerkarriere anstrebte. Er bildete quasi den mehrteiligen Hauptakt. In der städtischen Turnhalle, in der die Handballer der TSV Burgdorf damals noch ihre Heimspiele bestritten, sollte er zunächst ein bisschen Enduro fahren. Er zog den Gashahn voll auf, um das prompt abhebende Vorderrad schnellstens wieder halbwegs passgenau vor der heranrasenden Hallenwand zu Boden zu bringen. Das Ganze ging so vier bis fünf Mal hin und her, irre lautes Geknatter und ziemlich knappe Bremsmanöver, aber die Halle bebte. Ich denke, auf etwas Ähnliches wird es in dieser Saison bei unseren zwei Trainingseinheiten auf je einer Hälfte des Körtes hinauslaufen. Der Platz ist, wohl bemerkt, für das Großfeld offiziell nicht zugelassen.
Aber was sollen erst unsere B- und A-Jugendlichen sagen, die exakt die gleichen Bedingungen haben wie wir? Ich bin sehr gespannt! Und wer weiß, vielleicht revolutionieren wir nebenbei den deutschen Fußball durch unvordenkliche Trainingstechniken und aufgelesene Erfahrungswerte, von denen andere nur (schlecht) träumen können.
Ich bin zwar kein Hühnerbauer, aber Hühnerställe haben in Analogie zu meiner Jugendanekdote den unschlagbaren Vorteil, als Motorradarenen für patente Wesen bestens geeignet zu sein, oder wie sagte meine eigene Großmutter oft: "Platz ist in der kleinsten Hütte!"