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AMA / F1
SAISON 2016 / 2017

Fight for your right (to party)

FC Viktoria 89 - AMA

8 : 4

Bis zum 4:3 haben wir sehr gut verloren, dann ging uns etwas die Puste aus. Die Abwehr fiel auseinander, das Mittelfeld hechelte erschöpft hinterher, wir verloren die Ordnung und wurden ein wenig vorgeführt. An der Niederlage gibt es keinen Zweifel, auch wenn wir tapfer gekämpft und bis zur 30. Spielminute exzellent dagegen gehalten haben. Zehn Minuten lang lagen wir sogar mit zwei zu null Toren in Führung. Wer hätte das gedacht?

Es ist nicht der Umstand, dass wir verloren haben, es ist auch nicht die Art, wie wir verloren haben, viel wesentlicher ist die Einsicht, dass der nächste Gegner genauso stark sein wird und überhaupt jeder Gegner, auf den wir möglicherweise in Zukunft treffen. Die Frage muss erneut gestellt werden: Wollen wir nächste Saison Leistungsklasse spielen oder nicht? Denn dort wird es an jedem Wochenende ähnlich zugehen wie am Mittwoch Spätnachmittag gegen Viktoria 89.

Das Schöne ist, wir haben gezeigt, dass wir es können! Schade ist nur, dass wir es nicht über 40 Minuten lang zeigen können. Unser Spiel ist ein Spiegel dessen, wie unsere Mannschaft derzeit aufgestellt ist - in allen Belangen: Trainingskontinuität, Lernbereitschaft, Mannschaftsverhalten, individuelle Stärken, individuelle Schwächen, Ausfallzeiten. Das Ergebnis spricht für sich, die Viktoria hat uns mit acht zu vier Toren vom Platz gefegt, sie ist in etwa doppelt so gut aufgestellt wie wir.

Das Lästige am Fußball ist, man muss ständig neue Krisen meistern! Das Schöne ist allerdings, manchmal hat man Rückenwind. Seit geraumer Zeit bläst uns jedoch ein kaum wahrnehmbarer Gegenwind entgegen, nicht allzu kräftig, aber doch spürbar. Das macht auf Dauer etwas mürbe. Ich schaue mir die Terminliste an, die wir eingerichtet haben und die auch von nahezu allen gepflegt wird. Dann stelle ich fest, bei einigen stehen gleich mehrere Absagen direkt hintereinander.

Wahrscheinlich ist das völlig normal: Kinderfußball-Terminkalender sind Krisenlandschaften, das Leben besteht nun mal aus mehr als nur aus Fußball. Kinder sehen ihre Großeltern, Cousinen feiern Geburtstage, Ferienhäuser im Umland laden zum entspannten Familien-Idyll ein. Was ist dagegen einzuwenden? Nichts, im Gegenteil, das ist schön, das ist wunderbar, das ist ein reichhaltiges, abwechslungsreiches Leben! Trotzdem kann man keine spielstarke Mannschaft aufbauen und fördern, wenn nicht jeder Einzelne mitzieht. Schon gar nicht in der Leistungsklasse!

Wir müssen uns entscheiden: JA oder NEIN?

JA bedeutet 2-3 Mal Training in der Woche, am Wochenende Spiel oder Turnier. Ohne Ausnahme! NEIN bedeutet - wir machen weiter wie bisher: Punktuelles Aufblitzen von Potentialen, hier und da ein Kantersieg, dann wieder engagiertes bis gehobenes Mittelmaß.

Ich habe kein Problem damit, Ansprüche zurück zu schrauben und weniger Einsatz zu verlangen, ich kann mir das sehr gut vorstellen, ich könnte selber wieder etwas bequemer werden. Es mag vielleicht auf Dauer etwas langweilig sein, zu jedem Training nur eine schlecht aufgepumpte Pille für das Spiel auf große Tore raus zu geben: "Macht mal!" Aber ich kann es mir dennoch gut vorstellen! Solange dabei noch ein paar Texte abfallen und ich wieder mehr Zeit fürs Kino, Lesen, alte Freunde oder das Schwimmbad finde, warum nicht?

Am Freitagabend gehe ich dann, solange die Knochen mitmachen, beschwingt und munter zum Eltern-Training. Dort daddele ich dann ein bisschen herum, und ganz egal wie sich unsere Mannschaft entwickelt, werde ich auch noch bei den Kindern mitdaddeln und mir einen Spaß daraus machen, den einen oder anderen zu tunneln und ab und an von dem einen oder anderen selber getunnelt zu werden. Solange er noch bei uns spielt!

Je mehr ich darüber nachdenke, desto verlockender finde ich den Gedanken! Herrlich! Das reinste Schlaraffenland für grouviges Platzdriften und zirzensische Bolzkunst! Man kann es so köstlich ausnutzen, dass einem ein Kiez-Verein einen so herrlichen Kunstrasenplatz zum Rumdaddeln und aufs Tor Ballern bereit stellt und noch nicht mal von einem erwartet, pünktlich zum Training zu erscheinen.

Wer dann allerdings zweimal hintereinander fehlt oder sich wegen irgendwelcher anderer, daddelfeindlicher Freizeitaktivitäten abmeldet, wird umgehend abgestraft und vorerst nicht mehr nominiert! Ätsch bätsch! Denn als Trainer habe ich die Macht und genügend Daddel-Spieler in der Hinterhand.

Kommt einmal ein Probespieler mit Potential, was mit jeder Woche unwahrscheinlicher wird, nehme ich ihn sofort auf und schicke einen gleichwertigen, der über Pfingsten lieber auf die Malediven fährt, ab in die Wüste. Wozu der ganze Fleiß, wenn`s doch viel einfacher und direkter geht! Vielleicht werde ich mir wieder das Rauchen angewöhnen, um nach dem Training genüsslich eine durchziehen, während ein paar Kinder verzweifelt nach ihren spurlos verschwundenen Bällen suchen, die nach irgend welchen dilettantischen Torschüssen irgendwo im Gebüsch liegen geblieben sind.

Bei etwaigen Konflikten mit komplizierten Spieler- oder Elternpersönlichkeiten werde ich mein riesiges neues Smartphone zücken und auf voller Lautstärke den alten BVG-Song abspielen. Im übrigen nervt mich das ständige Gewimmel mit den vielen Bällen ohnehin. Wir haben früher auch nur einen einzigen Ball gehabt, und seht her, ich habe es trotzdem bis in die 6. Liga geschafft und jeden Monat Kohle dafür kassiert!

Wenn ich es mir recht überlege: Fußball kann so schön sein, wenn man nur sein eigenes Ding fährt. Ich sollte es machen! Ich fange gleich Freitag damit an! Überhaupt wird mir gerade bewusst, wie blöd dieses permanente Nominieren und übertrieben engagierte Trainerwuseln ist. Es geht doch viel, viel einfacher: Ort und Uhrzeit zum Spiel angeben und schauen, wer kommt. Wenn genügend kommen, kein Problem, wenn zu wenige kommen, auch kein Problem. Pille rausgeben, kicken, Spaß haben, Trikots wegwerfen, neue kaufen!

Wir sollten die ganze Sache viel entspannter angehen, das sehe ich immer klarer! Je mehr ich den Druck aus der Sache nehme, desto fröhlicher und gelöster werde ich. Ach, wie herrlich, Kindern beim Daddeln und bei der Selbstorganisation zuzuschauen! Das fördert sogar die Selbstständigkeit, ich schwöre, genial! Und erst die vielen schönen Tore, die in den paar Spielen, die wir dann noch abhalten werden, fallen, egal ob für oder gegen uns!

Man kann sich auch mit weniger bescheiden oder einfach mit anderen freuen und überhaupt Spielzüge als solche genießen, unabhängig davon, wer sie darbietet, darum geht es schließlich: Das schöne Spiel, und nicht darum, wer gewinnt!

Ja, ich glaube, ich bin reif für eine Neuinterpretation unserer übertriebenen deutschen Leitkultur! Ich starte hiermit den Neuanfang: Weg vom vermeintlichen Leistungsgedanken, hin zum befreiten diskontinuierlichen Amadaddeltum. Habe ich noch nie gemocht, dieses Leistungsding! Und seht her, aus mir ist schließlich auch etwas geworden: Ein cooler F-Jugendtrainer ohne Lizenz, aber mit Visionen!

Im Ernst - wir sollten den Ball hübsch flach halten und unsere Ansprüche noch mal hinterfragen!

[12. Spieltag / 3. Mai 2017]


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4:8 (2:3)
3x Timo, 1x Julius T.
Es spielten: Samy, Ion, Fynn, Julius T., Julius F., Levin, Kolja, Luca, Arturo, Timo

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