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AMA / B1
SAISON 2023 / 2024

Es geht auch anders

AMA - SF Charlottenburg-Wilmersdorf

1 : 3

Momentan verlieren alle, und diejenigen, die meinen, etwas zu gewinnen, verlieren am Ende womöglich am meisten. Es ist wie mit den Propheten des Weltuntergangs: Was nützt es ihnen, wenn sie am Ende Recht behalten?

Klar, bis dahin können sie sich auf ihre Weitsicht etwas einbilden, und das Leben als solches ist natürlich immer begrenzt. Wie viele Wege bleiben eigentlich unentdeckt, weil man sich nur auf das Bekannte und allzu Bekannte verlässt?

Auch ein Fußballfest bringt viele Menschen halbwegs friedlich zueinander. Aber in jedem Spiel herrscht dennoch der Krieg als der Vater aller Dinge. Fußball als Wettkampf ist kein perfektes Vorbild für friedliche Koexistenz, im Vergleich zu anderen Sportarten ist er sogar ziemlich aggressiv, seine Fans benehmen sich allzu gern ungehemmt. Schiedsrichter werden ständig zum Sündenbock erklärt, bis auf den Videobeweis regiert eine eigenwillige höhere Gewalt. Vordergründig geht es um Tore, die durch verschiedenste körperliche und psychologische Methoden und Techniken erzielt und verhindert werden. Dass ein Spiel dabei nicht nur 90 Minuten dauert, sondern manchmal Jahrzehnte lang anhält, beweist jedes Lokalderby.

Jede Niederlage ist freilich eine Kränkung, jeder Sieg dagegen ein Glücksrausch, von dem man süchtig werden kann. Dass der Fußball die Massen begeistert und anzieht, liegt vorrangig an seiner Medialisierung, aber auch an den Regeln und Bedingungen für sein sportliches Zustandekommen. Diese sind sehr schlicht und einfach, aber klug gewählt. Mit einer Getränkedose lässt sich jederzeit und überall ein Spiel aufziehen, für Tennis und Hockey bräuchte man schon einen Schläger.

Ironischerweise sind Teams oft verschworene Haufen, sehr divers und alles andere als einförmig. Vereint im Ziel, agieren sie als Gemeinschaft über viele Unterschiede hinweg. Allianzen, könnte man meinen, aber da ist noch mehr.

Es kommen Gefühle auf, Sympathien, die verbinden, aber auch Antipathien, die überwunden werden müssen, um erfolgreich zu sein. Kommt ein Team seinem Ziel näher, wird es eine verhältnismäßig große Zufriedenheit aller Beteiligten geben, über alle Unterschiede und Antipathien hinweg. Folgt eine Niederlage nach der anderen, zerfällt die Einheit des Teams, es dürfte dann nicht mehr lange dauern, bis das gemeinsame Gewebe - und war es vorher noch so gleichmäßig - in Partikularinteressen zerfleddert. Meist wird dann ein neuer Trainer bestellt, um einen sofortigen Reset des Teams zu erzeugen und damit den Phönix aus der Asche zu zaubern. Man kann die Mittel, die dabei zur Verwendung kommen, durchaus als Radikalisierung beschreiben.

Allzu erfolgreiche Teams wiederum werden schnell selbstgefällig und vernachlässigen das, was sie einmal stark gemacht hat. Bei besonders dauerhaft erfolgreichen Teams werkeln im Hintergrund verdeckte Diplomaten am Fortbestehen des Glücks, meist mit Mitteln, die garantiert nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Der Ruf eilt dem Erfolg voraus, weshalb sich viele aus der Ferne angerufen fühlen. Oft reicht schon das Gefühl, es würde an einen gedacht, um sich bereits auf den Weg zu machen. Mailand oder Madrid, Hauptsache gelobtes Land.

Die großen Clubs sind für alle Spieler ein Versprechen auf das Paradies. Manch einer hält sich sehr lange im siebten Himmel, andere stürzen rasend schnell ab. Kann man sich eine Welt ohne Fußball überhaupt vorstellen? Unzählige Menschen tangiert er gar nicht. Auf der anderen Seite würden ohne ihn wahrscheinlich noch mehr Kriege geführt werden. Insofern tut man gut daran, weiterhin viel gegeneinander zu spielen.

Was hat das mit unserem Rauswurf aus dem diesjährigen Pokalwettbewerb zu tun? Im Grunde sehr viel, bezogen auf das Spiel als solches eher wenig. Man muss auch verlieren können und dem Gegner, wenn er besser war, den Erfolg gönnen. Mal verliert man, mal gewinnt man, wenn alles nach Regelwerk und in Fairness geschieht, ist daran nichts auszusetzen. Aber selbst wenn es nicht nach Regelwerk und Fairness geschieht, geschieht es eben und es gibt keinen Grund, das Spiel und den Fußball als solches zu verdammen. Ungerechtigkeiten können in beiderlei Richtungen nachwirken, traumatisch und als Ausgangspunkt für ein klügeres und besonneneres Verhalten im und in Bezug auf das Spiel. Aus Niederlagen kann man lernen.

Die Kompaktheit des Gegners überraschte uns. Zudem zeigte er kaum Schwachstellen. Allenfalls andeutungsweise in der Abwehr und im ersten Aufbauspiel. Unsere frühen Möglichkeiten nutzten wir leider nicht konsequent genug und gaben sogar den hübsch erzielten, wenn auch überraschenden Vorsprung viel zu schnell und leichtfertig wieder her.

Als dürfe ein Team gegen uns nicht gut aussehen, suchten wir in der Pause verzweifelt nach dem Schlüssel für das goldene Tor. Wir stellten verzweifelt um, statt geduldig und besonnen zu bleiben, dadurch öffneten wir dem Gegner die Hintertür. Er nutzte sie eiskalt aus, viel besser als wir in ähnlicher Situation in der ersten Hälfte. Alles Anrennen und Drücken nützte letztlich nichts, im letzten Drittel waren wir nicht zwingend genug. An Eckbällen deutlich überlegen, lagen wir in der Chancenverwertung leider hinten. So gelangte der Gegner auf die Siegerstraße und ließ sich von ihr keinen Meter mehr abdrängen. Angesichts zweier nicht gegebener Elfmeter in der ersten Hälfte ging unsere Niederlage am Ende voll und ganz in Ordnung. Die Charlottenburger waren an diesem Tag einfach das bessere Team.

Bitter für uns, aber gleichzeitig ein gutes Lehrgeld. Denn von der Kompaktheit und Geschlossenheit dieses Teams können wir noch viel lernen und uns für die nächsten Begegnungen in der Liga abschauen. Ich gehe davon aus, dass die nächsten Gegner auf ähnlichem körperlichen und läuferisch-kompaktenen Niveau agieren werden. Ob die anstehenden Ferien uns letztlich weiter ausfransen oder am Ende sauber wieder zusammenführen, darüber möchte ich lieber nicht spekulieren. Ich hoffe einfach mal das Beste.

[Pokal 2. Runde / Sa. 21. Oktober 2023]


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1:3 (1:1)
( 1x Noah )
Kader: Jamal, Julius, Jaden, Eddie, Yasin, Noah, Timo, Timm, Bela, Levi, Felix, Luca, Efe, Arda, Moha, Ege, Luis




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