TSV Rudow U15 - AMA U15
1 : 6
Ein Spiel, dessen Hälften sehr unterschiedliche Gesichter zeigte.
In der ersten wiederholte sich vieles von dem, was ich in dieser Saison ohnehin schon argwöhnisch beobachte und das ich an dieser Stelle als die Unentschiedenheit des Teamspirits umschreiben möchte. In der zweiten Hälfte entschloss sich eben diese Unentschiedenheit deutlich zugunsten einer entschiedenen Leistungssteigerung und eines größeren Siegeswillen, weshalb das erspielte Ergebnis im Endeffekt sogar unerwartet hoch ausfiel, was nach der schwachen Darbietung in der ersten Hälfte kaum zu erwarten gewesen war.
Wegbereitend dafür war wiederum der schnellste Treffer nach Wiederanpfiff aller Zeiten, für den wir keine zehn Sekunden brauchten: Anstoß Gegner, sofortiges Anlaufen, Balleroberung kurz vor dem Strafraum, ein kurzer Pass, ein geschickter Move, schon schob der Torschütze des ersten Treffers zum zweiten Mal ein und bewies eine Kaltschnäuzigkeit, an die wir uns aus Kleinfeldzeiten noch sehr gut erinnern können. Dieser ungemein schnelle Führungstreffer war zugleich der Adrenalinstoß fürs gesamte Team, denn ab da drückten und spielten wir den Gegner im Grunde durchgehend an die Wand. Er kam kaum noch über die Mittellinie und fand nicht mehr zurück ins Spiel. Selbst einen Elfmeter vermochte er nicht für sich zu nutzen.
Aber eben dieser Elfmeter, besser gesagt, sein Zustandekommen, spiegelte zurück in die erste Hälfte, ließ erneut durchblicken, wie es um unser derzeitiges Defensiv-Spiel und unsere zum Teil haarsträubende Verfassung bestellt ist. Aus einer harmlosen, leicht zu bereinigenden Situation heraus entwickelt sich in Sekundenschnelle erneut ein prekäres Moment. Anstatt einen aus der Tiefe steil gespielten und auf den Torhüter zukommenden Ball gemeinsam zu entschärfen, verschulden wir durch schlechtes Teamwork einen völlig unnötigen Strafstoß. Das darf uns nicht passieren, schon gar nicht wiederholt. Dass der Keeper den Elfer parierte, war freilich sehr wichtig für unser Selbstbewusstsein und tat allen gut. Auch führten wir bereits mit drei Treffern Vorsprung, dennoch hätten wir den Gegner erneut unnötig stark gemacht.
Hinten stehen wir leider nicht sicher genug, wir bekommen zu viele Gegentreffer, die uns in jedem Spiel erheblichen Aufwand an anderer Stelle abnötigen. Schnüren wir den Gegner nicht bereits in seiner Hälfte ein und unterminieren seine Offensivbemühungen durch hohe Laufbereitschaft und kluges Stellungsspiel, wird es jedes Mal eng. Mit jedem Meter des Spielgeschehens näher an unser Tor müssen wir im Grunde ein noch höheres Maß an mentaler und körperlicher Stärke auf den Platz bringen. Stattdessen wirken wir jedes Mal unsicher und anfällig, was die oftmals technisch gar nicht so versierten Gegner noch deutlicher befeuert. Sie wittern etwas, das zuvor oft gar nicht in der Luft liegt. Auch in unserem Aufbauspiel schleichen sich dann plötzlich Fahrlässigkeiten ein, die unseren Rhythmus und unser Kombinationsspiel verflachen lassen.
Dass man unter hohem Druck Fehler begeht, ist normal. Aber wenn uns bereits Fehler in moderaten Drucksituationen unterlaufen, entsteht daraus jedes Mal ein gefährlicher Auftrieb für den Gegner, der sonst nie an seine Chance glauben würde. Mit anderen Worten, auf Dauer können wir Spiele nicht ausschließlich im Mittelfeld und in der Spitze gewinnen, sondern wir müssen, symbolisch gesprochen, auch hinten einmal deutlich in Führung gehen.
In all diesen knappen und engen Halbzeiten oder Spielen, die wir in dieser Saison bereits erlebt haben, war es am Ende doch die Offensive, die uns die Punkte rettete, während hinten die Bälle viel zu leicht rein flutschen. Damit können wir uns dauerhaft nicht zufrieden geben. Klar, so lange man vorne ein Tor mehr schießt als hinten eines bekommt, ist im Endeffekt alles gut. Aber auf diese Stärke können wir uns nicht immer verlassen.
Man kann es freilich auch etwas anders sehen. Denn all diese Teams sind gar nicht so harmlos, wie man vielleicht annehmen möchte, sondern haben durchaus ein hohes Potential. Unterschätzt man sie generell und meint, sie mit geringem Aufwand nach Belieben dominieren zu können, fällt man auf seine eigene Spannungslosigkeit herein.
Genau dies war in der ersten Halbzeit der Fall. Aus einer Phase der mentalen und physischen Halbherzigkeit heraus entwickelte sich für die Rudower die Gelegenheit zum Ausgleich. Im Mittelfeld liefen wir nicht mehr beherzt genug, die Abstände zu den Gegenspielern wurden zu groß, wir vermieden Zweikämpfe, eskortierten nur, statt einzugreifen, schließlich vertändelte die Innenverteidigung einen halbhohen Ball, den sie viel entschlossener hätte klären müssen, weshalb einem gegnerischen Angreifer zum Sonntagsschuss aufgelegt wurde. Aus der Drehung und volley an unserem Keeper vorbei vollendet er ins Eck.
Ein Treffer, der unsere Bemühungen nach vorne erneut zunichte machte.
In dieser Liga kann man dauerhaft oben nur mitspielen, wenn man stets ein Maximum an gemeinsamer Disziplin, individueller Einsatzbereitschaft und mentaler Fehlerlosigkeit auf den Platz bringt. Fehlt es an nur an einem dieser drei Momente, wird es jedes Mal eng.
[7. Spieltag / So. 16. Oktober 2022]