AMA U15 - VFB Berlin U15
7 : 1
The little girl saw her first troop parade and asked,
'What are those?'
'Soldiers.'
'What are soldiers?'
'They are for war. They fight and each tries to kill as many of the other side as he can.'
The girl held still and studied.
'Do you know . . . I know something?'
'Yes, what is it you know?'
'Sometime they'll give a war and nobody will come.'
(The People, Yes / Carl Sandburg, 1936)
Traum und Trauma unterscheidet nur ein Buchstabe. Aber dieser kleine Unterschied ist schwer auszuhalten. Nicht mal Feuerpausen sind vergönnt. Es muss ständig gekämpft und getötet werden auf Geheiß von ein paar durchgeknallten Großmachtphantasten, deren Testosteron gesteuerter Gefühlshaushalt bei der kleinsten Berührung das Gleichgewicht verliert. Nicht mal einen simplen freizügigen Blick halten diese Typen aus, ohne sich angegriffen zu fühlen.
Unser letzter Traum war nicht schlecht, nur hielten wir ihn für etwas, was er gar nicht war, wir hielten ihn für wahr: Wir dachten, unsere Spindel aus Fortschritt, Pazifismus und Wirtschaft würde alles richten, der Welt den Frieden bringen und den Menschen Wohlstand. Hat für uns lange angehalten, dieser Traum, aber jetzt dräut der Morgen und der Radiowecker springt auf 6:00 h.
Adé, du schöne neue Welt! Was kommt als nächstes?
Ich hätte einen Vorschlag zu machen, (der auch mein WM-Katar-Boykott-Dilemma löst): Könnte man nicht die Fußball-Weltmeisterschaft in Gladiatoren-Kämpfe umwandeln? Statt der Fußball-Nationalmannschaften träten die weltbesten Demagogen und Gewaltherrscher zum Kampf auf Leben und Tod an. Die UN-Vollversammlung könnte die 48 Teilnehmer per Zweidrittel-Mehrheitswahlen bestimmen; korrupter als bei den FIFA-Spielortvergaben dürfte es da auch nicht zugehen. In den Arenen würden wir viele populäre Akteure sehen neben ein paar unbekannten Außenseitern, hier und da überraschte uns eine kampfeslustige Amazone. Berlusconi würde ich zur Anerkennung für seine famosen Regierungsleistungen in der Vergangenheit den repräsentativen Part des Ehren-Kaisers mit dem Halsabschneider-Daumen zueignen, allerdings Handmanschetten-ferngesteuert durch den Fifa-Chef persönlich. Dem Gewinner der blutigen Kämpfe blüht die Freiheit!
Dies alle vier Jahre und wir bekämen den lang ersehnten dauerhaften Weltfrieden. Fußball könnte am Rande weitergespielt werden, selbst wenn er nicht mehr die ganz große Aufmerksamkeit genösse.
Leider auch nur ein Traum!
Was kann man in diesen Tagen tun, um die Welt zu retten? Sollte man überhaupt noch kicken, den lieben Gott einen lieben Gott sein lassen? Besser noch mal die Verwandtschaft besuchen? Den Brücken- und Frauentag nutzen, um ins verlängerte Wochenende zu sausen? Spenden? Mitfühlen? Seine eigenen Haltungen überdenken? Etwas Verbindliches oder Verbindendes kreieren?
Wir verteidigten die Tabellenspitze und taten etwas für unser Torverhältnis. Die herrliche Frühsonne am Rande des Platzes beschien unsere grauen Gesichter. Die Heizung abzuschalten, um den Klimawandel auszubremsen, fiel mir für ein paar Stunden leichter. Man kann ja so viel tun und auch wieder gar nichts, es nützt nichts, die ganze Welt schaut entgeistert auf diesen Krieg und in ein neues Wachsgesicht, das wir vordem für Putin hielten. Es will das Töten und Großmachtstreben partout nicht aus der Welt gelangen.
Viele wissen Rat, spenden Geld, Waffen oder Güter, aber niemand weiß eine kluge Lösung, es sieht wahrlich düster aus. Jetzt arbeiten wir wieder intensivst die jüngste Vergangenheit auf, all das, was wir in den letzten Dekaden enthusiastisch und progressiv angepackt, aber wohl doch nur wieder bestmöglich versemmelt haben.
Phil Connors nutzte die Endlosschleife des immer grüßenden Murmeltiertages, in dem er festhing, um ein offenerer, empathischer Mensch zu werden. Er lernte das Klavierspiel und wie man Eisskulpturen schnitzt. Wir sollten den Gewaltherrschern keinen Spielraum mehr geben, sie stattdessen schleunigst in ein zweites Punxsutawney verbannen in der Hoffnung, sie landeten dort in einer paradoxen Zeitschleife.
Ich komme leider nicht mehr auf unser Spiel zu sprechen, es tut mir leid.
Wie soll man über ein Spiel sprechen, wenn gerade Ungeheuerliches geschieht? Wenn Begriffe wie Zeitenwende ausgegeben werden, dessen angekoppelte Börsenwerte in alle Richtungen schießen, wenn ein Land einfach dem Boden platt gemacht wird, weil ein paar Ewiggestrige mal wieder von geschichtlicher Hybris befallen sind?
Wenn die Menschheit doch wenigstens schon beim Klavierspiellernen angekommen wäre, aber noch versucht sie ihrem Dilemma durch Selbstmord beizukommen. Unsere Geschichte ist ein einziges Defilee gewaltbereiter Akteure und Akteurinnen, die lieber vor ein Auto springen, als Eisskulpturen zu schnitzen und die eigene Haltung zu überdenken, wenn möglich weit hinter sich zu lassen.
Wie viel Zeit zum Träumen bleibt noch?
Then put your warm little hand in mine
There ain't no hill or mountain we can't climb
Babe, I got you babe, I got you babe, I got you babe
[17. Spieltag / Sa. 5. März 2022]
