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AMA / B1
SAISON 2023 / 2024

Und hopps

Nordberliner SC - AMA

1 : 3

44 Kilometer per Rad, verteilt auf zwei Etappen, sind eigentlich keine große Nummer, zumal wenn Wind und Wetter mitspielen. Allein die Berliner Fahrradwege erschweren einem oft genug die morgendlich erfrischende Fahrt. Meist sind die Asphalte der Straßen selbst an maroden Stellen immer noch besser ausgestaltet als die endlosen Kaninchen-Hoppel-Radwege entlang der Ausfallstraßen.

Weiche ich auf die Straßen aus, um zügiger und fließender voran zu kommen, was mir in den meisten Fällen per Verkehrsordnung erlaubt ist, riskiere ich penetrantes Gehupe und nachtragendes erregtes Kabinengefuchtel. Es gibt so ein paar ewig Gestrige, die tatsächlich meinen, die Straße gehöre nur den Motorisierten. Es ist zwar nicht meine Schuld, dass sie sich für das sperrigere Verkehrsmittel entschieden haben, aber leider liegen sie auch juristisch komplett falsch. Man könnte ihnen die Verkehrsordnung schwarz auf weiß vorlegen, selbst dann würden sie immer noch standhaft behaupten, Radler müssten stets auf den Radweg. Dabei regelt dies ein Schild – ist es nicht da, gilt für Radler freie Verkehrswegewahl.

Für mich sind diese Fahrrad-Anreisen zum Auswärtsspiel mittlerweile viel zu schön, als freiwillig wegen ein paar Analphabeten oder in der Zeit stehen Gebliebenen auf sie zu verzichten. Meist betrachte ich den Radweg als meinen sportlichen Anteil am Auswärtsspiel, als könnte ich das Team durch meine Form der Anreise aktiv unterstützen und meine Muskelkraft zur Muskelkraft der Spieler auf dem Platz hinzugeben. Je länger und weiter die Anfahrt, desto anspruchsvoller im Grunde das Spiel. Ich freue mich jetzt schon auf Hohen Neuendorf - für mich in dieser Saison die absolute Messlatte.

Natürlich hat dieses sportliche Radspiel-Begleiten keinerlei reale Wirkung auf das Spiel, aber ich empfinde es eben so. Fußballer sind abgrundtief abergläubisch. Zudem mag ich die Abenteuer von Ganzheitlichkeit. Deren Leitmarkierungen sind nicht so eng gezogen wie die meisten Fahrspuren im Kopf der vorvorgestrigen Alles-muss-so-bleiben-Ideologen.

An dem Weg raus nach Heiligensee überraschte mich die lange Ausfallstraße der Nordnordwest-Achse, die ich als eine der unwegsamsten Etappen dieser Saison bezeichnen möchte. Dieses Mal wurde ich tatsächlich per Verkehrsordnung auf die allerschlimmsten Radwege gezwungen: Weißes Rad auf blauem Rund ist nun mal nicht verhandelbar. Selbst der Weg raus zur Alten Försterei und weiter bis nach Friedrichshagen war im Vergleich dazu eine Gleit- und Rollkur, und das soll schon was heißen.

Nebenstraßen gehen manchmal besser, aber dann hat man endlose Parkorgien am Straßenrand und andere Fisimatenten. Speed ist dann auch nicht drin. So what? Hier und da einfach mogeln und vor dem Verkehr (in diesem Fall vor dem Vorrang genießenden Busverkehr) segeln bis zur nächsten Ampel! Ich gebe offen zu, dass ich so manche wohl kalkulierte Verkehrsübertretung begehe, obwohl ich sehr selten bei Rot fahre, außerdem will ich weder mich, noch andere gefährden. Meine Vergehen würde ich gerne in Relation zur chronischen Geschwindigkeitsübertretung des Autoverkehrs setzen. Sie fördert im Grunde nur den Verkehrsfluss, zumindest aus Sicht der Radler.

Ich bin sicher nicht besser oder schlechter als die Motorisierten, aber ich stoße zu 100 Prozent kein CO2 aus, atme allerdings ungerechterweise weit mehr Stickoxide und andere Krebs erregende Stoffe ein, als man als einzelner Autofahrer wohl abgibt - die Masse macht´s eben auch hier! Kann sein, dass dies einmal für eine Klage gegen die Automobilindustrie ausreichen wird, aber das wünsche ich mir persönlich wahrlich nicht und auch keinem anderen langjährigen Nichtmotorisierten.

Fahre ich einmal selbst ein geliehenes Auto, dann – obwohl von Natur aus ziemlich geschwindigkeitssüchtig - strikt nach Geschwindigkeitsregel und prononciert defensiv, auch da geht das Gehupe und Kabinenfuchteln sofort wieder los. Auf der Autobahn habe ich neulich - nach etlichen Jahren der Absenz - tatsächlich den rollenden Klimakleber für mich entdeckt und überholte mit gemütlichen, Ressourcen schonenden 95 Kilometer pro Stunde auf der mittleren Fahrspur sämtliche rechts hintereinander aufgefädelten LKWs. Der Vorgang zog sich zum Leidwesen einiger Raser hinter mir ein wenig hin. Wie der Lufthansachef in Interviews erkläre ich mein Verhalten als nicht gegen das Gesetz verstoßend. Selbstkritisch wanderte mein Mittelfinger jedoch bei den zu Unrecht fuchsteufelswilden, links neben mir Vorbeihupenden in sehr deutlich nachdenklicher Geste an die Schläfe und schob eine dicke Falte. Man kann mir getrost nachsagen, dass ich hier und da gerne gegen den Strich bürste, aber nicht, dass ich ein revanchistisches Schlitzohr wäre.

Oder vielleicht doch, aber dann juckt es mich nicht. Sokrates und Diogenes sind meine Vorbilder, ich freue mich jetzt schon darauf, sie und Cyrano de Bergerac eines Tages auf dem Mond begrüßen zu dürfen. Bis dahin kommen wir als Team hoffentlich noch ein paar Runden weiter im Pokal und steigen irgendwann sogar in die A-Jugend-Bundesliga auf. Bin gespannt, wie ich dann zu den Auswärtsspielen komme.

Vermisst du ein erneut ein paar beschreibende Sätze zum Spiel?

Tja, die findest du auf den hoppeligen Fahrradwegen nach und von Heilgensee. Schöne Atmosphäre dort übrigens am Rande der Berliner Stadtgrenze. Nice Waldstadion, das allerdings einen saftigeren Kunstrasen verdient. Diese hübschen lauschigen Häuser im Elchdamm. Hatte mal einen chilenischen Freund, der in der Gegend aufgewachsen war. Die Spur hat sich leider verloren. Oder eben so seltsam verformt wie die 25 Jahre alten Fahrradweg-Streifen auf der Heiligenseestraße durch den Tegeler Forst. Glichen beinahe schon einer Geheimschrift, einer Art Straßen-Braille aus streifigen Fragmenten.

Fazit: Überlegen gewonnen, aber alles kein Zauber, sondern reine Muskel- und Teamkraft. Natürlich auch mit Köpfchen gespielt, wenn auch ganz ohne Mittelfinger, denn mittlerweile sind die Nordberliner wirklich sehr gute Freunde von uns.

Faires Spiel. Für uns ein super Vormittag, für die Nordberliner wahrlich keine Schande. Letztes Jahr flogen wir selber in der ersten Runde raus und konnten uns ganz auf den Aufstieg konzentrieren.

Würde jederzeit wieder dort hinaus radeln, viel lieber als bis nach Hohen Neuendorf. Siehe haarsträubende Willkommenskultur im vorletzten Jahr.

[1. Runde / Sa. 30. September 2023]


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0:2 (1:3)
( 1x Levi, 1x Jonas, 1x Efe )
Kader: Jamal, Levi, Julius, Jaden, Eddie, Julien, Jonas, Timm, Yasin, Ege, Bela, Theo, Arda, Efe, Fred.




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