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AMA / F1
SAISON 2016 / 2017

Frühlingsgrün

BSV GW NEUKölln - AMA

2 : 5

"Ein Martini hat`s in sich, besonders wenn er trocken ist!"

Luis Buñuel


Im halb genervten, halb verzweifelten Gesichtsausdruck des gegnerischen Trainers konnte ich mich zu meinem eigenen Entsetzen allzu gut selbst erkennen. Es ist wirklich bestürzend, wenn man sich derart gespiegelt betrachten kann, aber es hilft auch!

Das Spiel lief nicht gut für sein Team, doch wie sollte er ihm von der Seitenlinie aus zur Seite springen? Bevor es richtig in Fahrt kommen und seine kombinatorischen Trümpfe ausspielen konnte, lag es bereits mit vier Toren zurück. Und das auf heimischem Platz. Es ist nicht leicht, in solch einer Situation die Ruhe zu bewahren und auf seine Spieler motivierend und vorbildlich einzuwirken. Letztlich sind es Kinder, die vieles von dem, was wir Trainer von ihnen verlangen, noch gar nicht auf den Punkt bringen können.

Natürlich ist es total ärgerlich, wenn ein Spieler, dem man seit Jahren im Training beizubringen versucht, dem Ball entgegen zu gehen, dem Ball nicht entgegen geht. Aber so sind Kinder nun mal, sie machen alles nur genau so, wie sie es können und aus dem Augenblick des Spielgeschehens heraus, auch wenn sie es schon viel besser könnten. Da hilft kein lautes Wachrütteln, kein Augenverdrehen, kein Verzweifeln am Spielfeldrand - im Gegenteil, es verängstigt und verunsichert sie nur noch mehr.

So, wie die Kinder lernen müssen, dem Ball entgegen zu gehen, so müssen wir Trainer lernen, den Kindern mehr Zeit zu geben und sie Fehler machen zu lassen. Alles andere führt ins pädagogische Abseits. Wir sind Regisseure in einem Film, dessen Drehbuch jede Sekunde neu geschrieben wird. Es ist unser Job, für jeden Spielstand eine dramaturgische Lösung zu finden.

Zwei Mal kurz hintereinander überrannten wir die Grünweißen und schlossen treffsicher ab. Freilich verteidigten sie sehr hoch auf dem schmalen und recht eng abgesteckten Feld, wodurch uns der kurze, schnelle Weg vor ihr Tor erst eröffnet wurde. Auch übten wir nicht unwesentlich Druck auf sie aus, wenngleich wir nicht ins flüssige Kombinationsspiel fanden. Wir machten allerdings die entscheidenden Tore, die Grünweißen nicht. Das brachte uns letztlich auf die Siegerstraße. Die beiden Gegentreffer kurz vor der Pause signalisierten, dass wir uns weiter konzentrieren mussten.

Insgesamt wurde es kein schönes, kein ansehnliches Spiel, doch es blieb spannend bis zum Schluss. Die zweite Halbzeit war von einem zähen Ringen um die Vorherrschaft im Mittelfeld geprägt. Die Grünweißen drückten und versuchten durch Kombinieren ihren Rhythmus zu finden. Aber sie rannten weiterhin dem Rückstand hinterher, der sie mit jeder Minute verzweifelter werden ließ. Auch die von der Außenlinie immer sehr schnell herbei gereichten Ersatzbälle brachten sie nicht in die Spur. Die Zeit lief ihnen davon.

Letztlich fehlte ihnen die Durchschlagskraft oder ein Knipser. Unser Keeper Samy machte ihre Bemühungen souverän zunichte und bewies einmal mehr, wie wertvoll ein Ruhe ausstrahlender Torhüter für das Gesamtgefüge einer Mannschaft ist. Kurz vor dem Spielende konnten wir uns dann endlich erfolgreich aus dem Würgegriff des drohenden Anschlusstreffers befreien und erneut per Konter abschließen. Das Spiel wurde nach diesem Treffer nicht mehr angepfiffen. Der gegnerische Trainerkollege war bedient, fand aber schnell zur Contenance zurück.

Für uns war mit dem Spiel der Tag noch nicht zu Ende, im Gegenteil, er ging erst richtig los! Was beschreibt den langen Nachmittag besser als der Umstand, dass die Kinder erst sechs Stunden später aus ihren Trikots schlüpften? Nach kurzem Pizzastop im Kiez ging es direkt weiter zum angesetzten Extratraining. Denn wer schon zu den Profis möchte, der muss sich verdammt noch mal ins Zeug legen:

Dribbeln und Passen auf engstem Raum, Ballstaffetten zwischen Bücherregalen und Kuchentellern, Tunneln von wilden Skateboardfahrern, ein geklauter Autoschlüssel und ein rettender Hechtsprung zum schwankenden, von der Ballustrade fallenden, heiligen WM-Pokal. Beim filmischen Homekicking kommt es nicht so sehr auf Kraft und Ballbesitz an, als auf Ausdauer, Begeisterung und Geschicklichkeit.

Eine Szene nach der anderen musste in den Kasten, den Regisseur und Kameramann Patrick in großer Engelsgeduld mit unseren amaroten Nachwuchsschauspielern füllte. Am Ende konnten wir den im Chillout vor sich hindämmernden Kiez lauthals und enthusiastisch wissen lassen, wohin die Reise geht: Nach Berlin natürlich!

Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!

Aber bis dahin sind es noch ein paar lehrreiche Filmschnitt- und Trainingstage. Auch wenn wir jetzt getrost sagen können: Pokalfinale, wir kommen!

Bekanntlich ist der Weg das Ziel.

[11. Spieltag / SamsTAG, 1. April 2017]


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2:5 (2:4)
(2x Timo, 2x Fynn, 1x Ion)
Es spielten: Samy, Levin, Timo, Ion, Kolja, Fynn, Arturo, Ruben, Oskar

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