AMA - GW Neukölln
9 : 0 (nach 40 Minuten)
"Vor dem Spiel ist nach dem Spiel."
(Hannes)
Für den letzten Spieltag hatten wir uns sicherlich ein anderes Spiel gewünscht, aber manchmal steckt der Teufel eben nicht nur im Detail. Ein Team, das als erster Absteiger schon länger feststeht, geht am Ende der Saison sicherlich nicht mehr die ganz langen Wege. So muss man es Grün Weiß Neukölln hoch anrechnen, überhaupt angetreten zu sein – sogar in Unterzahl mit anfänglich 9 Spielern. Nach etwa 15 Minuten erhöhte sich die Zahl zumindest um eins auf zehn Spieler. Unser offenes Angebot, das Team mit Spielern von uns aufzufüllen, lehnte der tapfere Gegner generös ab.
Eine Halbzeit stellten er sich der Wirklichkeit, nahm neun Buden stoisch hin und wagte hier und da einen schwungvollen Durchbruch. Nach 4 schnellen Treffern stellten wir freiwillig um auf Gleichzahl, so war es auch leichter, in von hinten nach vorn durchzuschiebenden 3er-Blöcken zu wechseln, um Spielzeit gerechter zu verteilen. Ging natürlich nicht ganz auf, denn direkt zur Halbzeit strich Neukölln die Segel, was ihm niemand ernsthaft krumm nahm. Fraglich blieb allein der Umstand, wie es in einer zweithöchsten Berliner Spielklasse zu derartig asymmetrischen Paarungen überhaupt kommen kann.
Als leicht verhext empfand ich diese Saison. Insgesamt spielten wir einen attraktiven, stets offensiv ausgerichteten Fußball und schossen mit deutlichem Abstand die meisten Tore in der Liga. Jedoch bekamen wir auch ein paar Treffer zu viel. So zeigten wir uns nicht konstant genug. Ein einziges Unentschieden auf den vorletzten Metern weniger, und wir hätten unerwartet noch den Staffelsieg errungen. Mehrfach hatten wir es in der Hand, die Tabellenführung zu übernehmen, patzen jedoch. So müssen wir uns nun mit dem zweiten Platz begnügen und bekommen aufgrund der Ligen-Konfigurationen und ihrer Gesetzmäßigkeiten dennoch den direkten Aufstiegsplatz, während der Viertplatzierte Viktoria Mitte sogar in die Aufstiegsrelation gehen darf.
Drei mal in Folge aufzusteigen, davon zweimal in die höchste Berliner Spielklasse, ist eine beachtliche Serie. In dieser höchsten Liga selber einmal zu spielen, war uns in der D-Jugend durch Corona lediglich an drei Spieltagen vergönnt, dies, obwohl wir die ganze Kleinfeldzeit darauf hin gefiebert und sehr intensiv hin gearbeitet hatten. Diese Luft zu schnuppern, bleibt nun jenen Spielern vorbehalten, die dem Team erhalten bleiben. Jedoch wird es ein neues Gesicht bekommen, denn der bevorstehende Umbruch fällt dieses Mal größer aus als in all den Jahren zuvor. Insbesondere die hohen Anforderungen des Leistungsfußballs formulieren nun auch die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Teilnahme am kommenden Spielbetrieb.
Es wird sicher weniger um neue Geschwindigkeitsrekorde gehen als vielmehr um den Aufweis soliden Fußwerks in allen funktionalen Mannschaftsteilen. Man kann ja durchaus auch mit dem Fahrrad zu EM-Spielen anreisen, wie ein Münsteraner Fanclub in den kommenden Turnier-Wochen beweisen will. Doch ohne gute Pflege der Räder und derjenigen, die sie in Bewegung halten, dürfte das Vorhaben nicht gelingen. So ähnlich wird es auch bei uns sein. Entweder wir strampeln hoch motiviert und gut trainiert durch die kommende Saison, oder wir könnten auf der Strecke bleiben. Aber so ist es ja eigentlich immer im Leben wie im Sport.
Der größte Widerstand ist ohnehin stets der innere Schweinehund. Wer ihn nicht regelmäßig zu überwinden lernt, der verlässt im Grunde recht bald den Platz und die Tartanbahn und nähert sich den Tribünen. Sport muss man zwar nicht aktiv betreiben, um an ihm emotional teilzuhaben. Aber wer ihn aktiv betreibt, der kann sich auf eine sehr besondere Weise selber entdecken und dabei neu kennen lernen. Freilich führen alle Wege nach Rom.
Das ist womöglich der wesentliche Unterschied: Die einen beobachten voller Leidenschaft die anderen, die anderen beobachten unter großer Anstrengung sich selbst. Dabei zu sein, ist und bleibt freilich alles. Man kann natürlich einerseits vom Platz gehen, als auch andererseits im nächsten Schritt das Stadion gleich ganz verlassen. Ist man dann noch dabei?
Ich würde mal sagen, spannende Geschichten vom Aufstieg und Fall Roms finden sich überall.
[26. Spieltag / Sa. 1. Juni 2024]